06.11.2025

Keine Pflicht des scheidenden WEG-Verwalters zur Erstellung der Jahresabrechnung für das Vorjahr

Zur Erstellung von Jahresabrechnungen ist die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer verpflichtet; als ausführendes Organ muss der bestellte Verwalter auch ausstehende Abrechnungen für Vorjahre erstellen. Daneben kann auch der frühere Verwalter aus dem Verwaltervertrag weiterhin verpflichtet sein, die Jahresabrechnung zu erstellen, sofern die Pflicht der Gemeinschaft bereits während seiner Amtszeit entstanden ist. Die Pflicht der Gemeinschaft zur Erstellung der Jahresabrechnung entsteht am 1. Januar des folgenden Kalenderjahres; der frühere Verwalter, dessen Amtszeit zum 31. Dezember des Vorjahres geendet hat, ist nicht zur Erstellung der Jahresabrechnung für das Vorjahr verpflichtet.

BGH v. 26.9.2025 - V ZR 206/24
Der Sachverhalt:
Die Beklagte war bis Ende Dezember 2022 die Verwalterin der klagenden Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE). In der Eigentümerversammlung vom 8.12.2022 wurde mit Wirkung ab dem 1.1.2023 eine neue Verwalterin gewählt. Mit der Klage nimmt die Klägerin die Beklagte - soweit von Interesse - auf Erstellung der Jahresabrechnung 2022 in Anspruch. 

AG und LG wiesen die Klage ab. Die Revision der Klägerin hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Das LG hat rechtsfehlerfrei einen Anspruch der GdWE gegen die Beklagte auf Erstellung der Jahresabrechnung 2022 verneint.

Mit dem am 1.12.2020 in Kraft getretenen Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz (WEMoG) hat der Gesetzgeber die Aufgaben und Befugnisse des Verwalters und das Verhältnis zu der GdWE grundlegend neu ausgestaltet; dies betrifft auch die neu gefasste Vorschrift des § 28 WEG. Nach dessen Abs. 2 Satz 1 beschließen die Wohnungseigentümer nach Ablauf des Kalenderjahres über die Einforderung von Nachschüssen oder die Anpassung der beschlossenen Vorschüsse. Zu diesem Zweck hat nach § 28 Abs. 2 Satz 2 WEG der Verwalter eine Abrechnung über den Wirtschaftsplan (Jahresabrechnung) aufzustellen, die darüber hinaus die Einnahmen und Ausgaben enthält. Dem Wortlaut nach richtet sich die Pflicht zur Erstellung der Jahresabrechnung zwar an den Verwalter. Zur Erstellung von Jahresabrechnungen ist aber die GdWE verpflichtet. 

§ 28 Abs. 2 Satz 2 WEG normiert keinen Anspruch gegen den Verwalter, sondern eine von dem Verwalter auszuführende Pflicht der GdWE, die nunmehr nach dem Regelungsgefüge des WEMoG für die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums ausschließlich zuständig ist (§ 18 Abs. 1 WEG). Mit der Nennung des Verwalters wird lediglich das für die Erfüllung dieser Aufgabe zuständige Organ bestimmt. Infolgedessen richtet sich, wie der Senat bereits entschieden hat, auch der Anspruch eines einzelnen Wohnungseigentümers auf Erstellung der Jahresabrechnung nicht mehr gegen den Verwalter, sondern gegen die GdWE

Als ausführendes Organ muss der bestellte Verwalter auch ausstehende Abrechnungen für Vorjahre erstellen; denn die Pflicht der GdWE erstreckt sich zweifelsfrei auch darauf, dass zurückliegende Jahre abgerechnet werden. Bei einem Verwalterwechsel während oder - wie hier - zum Ende eines Kalenderjahres ist der ausgeschiedene Verwalter nicht mehr das für die Aufstellung der Jahresabrechnung nach § 28 Abs. 2 Satz 2 WEG zuständige Organ. Eine nach Ende der Amtszeit fortwirkende Organpflicht gibt es nicht. Dass der ausgeschiedene Verwalter die Verwaltung geführt hat und die Erstellung der Abrechnung für den neuen Verwalter mit praktischen Schwierigkeiten oder Haftungsrisiken verbunden sein kann, ist nach der gesetzgeberischen Konzeption des § 28 Abs. 2 WEG ohne Bedeutung.

Daneben kann aber auch der frühere Verwalter aus dem Verwaltervertrag weiterhin verpflichtet sein, die Jahresabrechnung zu erstellen, sofern die Pflicht der Gemeinschaft bereits während seiner Amtszeit entstanden ist. Die Gegenansicht kann nicht überzeugen. Der Verwaltervertrag ist ein auf Geschäftsbesorgung gerichteter Dienstvertrag. Aus ihm schuldet der Verwalter gegenüber der GdWE als erfolgsbezogene Tätigkeit die Aufstellung der Jahresabrechnung gem. § 28 Abs. 2 Satz 2 WEG. Wann die Pflicht der GdWE zur Erstellung der Jahresabrechnung entsteht, wird unterschiedlich beurteilt. Teilweise wird vertreten, die Pflicht entstehe mit Ablauf des 31. Dezember des Kalenderjahres. Nach überwiegender Ansicht entsteht sie am 1. Januar des Folgejahres. Die zuletzt genannte Ansicht trifft zu. Die Pflicht der GdWE zur Erstellung der Jahresabrechnung entsteht am 1. Januar des folgenden Kalenderjahres; der frühere Verwalter, dessen Amtszeit zum 31. Dezember des Vorjahres geendet hat, ist nicht zur Erstellung der Jahresabrechnung für das Vorjahr verpflichtet.

Mehr zum Thema:

Kommentierung | WEG
§ 28 Wirtschaftsplan, Jahresabrechnung, Vermögensbericht
Jennißen in Jennißen, WEG, Kommentar, 8. Auflage
8. Aufl./Lfg. 10.2023

Beratermodul Mietrecht und WEG-Recht
Otto Schmidt Answers ist in diesem Modul mit 5 Prompts am Tag enthalten! Nutzen Sie die Inhalte in diesem Modul direkt mit der KI von Otto Schmidt. Inklusive Selbststudium nach § 15 FAO: Wann immer es zeitlich passt: Für Fachanwälte bietet das Beratermodul Beiträge zum Selbststudium mit Lernerfolgskontrolle und Fortbildungszertifikat. 4 Wochen gratis nutzen!
BGH online