Kindesunterhalt bei umfangreicher Mitbetreuung durch den barunterhaltspflichtigen Elternteil
OLG Braunschweig v. 4.4.2025 - 1 UF 136/24
Der Sachverhalt:
Die Beteiligten streiten um die Höhe der Verpflichtung des Antragsgegners zur Zahlung von Unterhalt für ihre drei gemeinsamen minderjährigen Kinder, die seit der Trennung der Beteiligten im Dezember 2019 überwiegend im Haushalt der Antragstellerin leben. Der Antragsgegner betreut die Kinder in jeder ungeraden Kalenderwoche von Mittwoch nach Schulschluss bis Montagmorgen zum Schulbeginn sowie während der Hälfte der Schulferien. Er zahlt an die Antragstellerin fortlaufend Kindesunterhalt i.H.v. 100 % des Mindestunterhalts der jeweiligen Altersstufe abzüglich des hälftigen Kindergeldes.
Das AG verpflichtete den Antragsgegner zur Zahlung von rückständigem und laufendem Kindesunterhalt i.H.v. 115 % des Mindestunterhalts der jeweiligen Altersstufe. Hiergegen wendet sich der Antragsgegner mit seiner Beschwerde, soweit er verpflichtet wurde, mehr als 100 % des Mindestunterhalts zu zahlen.
Die Beschwerde hatte vor dem OLG Erfolg.
Die Gründe:
Der Antragsgegner ist für den gesamten hier relevanten Zeitraum lediglich zur Zahlung von Kindesunterhalt in Höhe von 100 % des Mindestunterhalts der jeweiligen Altersstufe der Kinder nach der Düsseldorfer Tabelle abzüglich des hälftigen Kindergeldes verpflichtet.
In Ansehung der Anzahl der Unterhaltsberechtigten wie auch der unterhaltsrechtlich beachtlichen Mitbetreuung der Kinder durch den Antragsgegner ist nach Würdigung des Senats für den gesamten hier relevanten Unterhaltszeitraum eine Herabstufung in die erste Einkommensgruppe vorzunehmen.
Das von den Beteiligten derzeit praktizierte Betreuungsmodell rechtfertigt daneben eine Herabgruppierung um weitere drei Einkommensgruppen. Aufgrund der seit dem gerichtlichen Vergleich geltenden Regelung betreut der Vater die drei Kinder vierzehntägig jeweils von Mittwoch nach der Schule bis zum Schulbeginn am darauffolgenden Montagmorgen, mithin an fünf von 14 Tagen. Ungeachtet der hinzukommenden Betreuung während der Hälfte der Schulferien entspricht dies einem Anteil von gut 35 %, mithin etwas mehr als einem Drittel der Betreuungszeit.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann den im Rahmen eines deutlich erweiterten Umgangs getätigten Aufwendungen durch eine Herabgruppierung um eine oder mehrere Einkommensgruppen der Düsseldorfer Tabelle Rechnung getragen werden (BGH, FamRZ 2014, 917, Rn. 37 ff.). Bei der Bemessung des Umfangs der Herabgruppierung ist zu berücksichtigen, inwieweit der mitbetreuende Elternteil während seiner Betreuungszeit über die Gewährung von Naturalunterhalt den Bedarf des Kindes anteilig deckt und den hauptbetreuenden Elternteil dadurch entlastet (vgl. Borth, FamRZ 2023, 1833, 1835). Der Senat erachtet es als sachgerecht, diesen Anteil der Bedarfsdeckung im Wege einer pauschalierenden Schätzung zu ermitteln und hierzu auf die dem Eckpunktepapier des Bundesjustizministeriums zur Modernisierung des Unterhaltsrechts vom 25.08.2023 (vgl. hierzu Seiler, FamRZ 2023, 1761; Obermann, FamRZ 2023, 1769; Borth, a.a.O.) zu Grunde liegende Annahme zurückzugreifen, nach der die Mitbetreuung des Kindes im Rahmen eines erweiterten Umgangs etwa 45 % der regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben für ein Kind nach § 6 RBEG betrifft (vgl. ebenso Rake, FamRZ 2025, 149, 153).
Auf dieser Basis ist es nach der Würdigung des Senats angemessen, eine Herabgruppierung in der Düsseldorfer Tabelle in einer entsprechenden Größenordnung vorzunehmen (ebenso Rake, a.a.O.). Dabei ist zu beachten, dass der in der Tabelle ausgewiesene Kindesunterhaltsbedarf sich mit jeder Einkommensgruppe um 5 % erhöht, womit eine Bedarfsdeckung von 15 % drei Einkommensgruppen entspricht.
Mehr zum Thema:
Volltext der Entscheidung des OLG
Aktionsmodul Familienrecht
Alles zum Familienrecht in einem Modul! In Kooperation mit Otto Schmidt, Gieseking, Wolters Kluwer und Reguvis stehen ausgewählte Kommentare, Handbücher und Zeitschriften in einer Datenbank zur Verfügung. Selbststudium nach § 15 FAO: Regelmäßig mit Beiträgen zum Selbststudium mit Lernerfolgskontrolle und Fortbildungszertifikat. Beratermodul Familienrechtliche Berechnungen: Unterhalt. Zugewinnausgleich. Versorgungsausgleich. 4 Wochen gratis nutzen!
Verlag Otto Schmidt
Die Beteiligten streiten um die Höhe der Verpflichtung des Antragsgegners zur Zahlung von Unterhalt für ihre drei gemeinsamen minderjährigen Kinder, die seit der Trennung der Beteiligten im Dezember 2019 überwiegend im Haushalt der Antragstellerin leben. Der Antragsgegner betreut die Kinder in jeder ungeraden Kalenderwoche von Mittwoch nach Schulschluss bis Montagmorgen zum Schulbeginn sowie während der Hälfte der Schulferien. Er zahlt an die Antragstellerin fortlaufend Kindesunterhalt i.H.v. 100 % des Mindestunterhalts der jeweiligen Altersstufe abzüglich des hälftigen Kindergeldes.
Das AG verpflichtete den Antragsgegner zur Zahlung von rückständigem und laufendem Kindesunterhalt i.H.v. 115 % des Mindestunterhalts der jeweiligen Altersstufe. Hiergegen wendet sich der Antragsgegner mit seiner Beschwerde, soweit er verpflichtet wurde, mehr als 100 % des Mindestunterhalts zu zahlen.
Die Beschwerde hatte vor dem OLG Erfolg.
Die Gründe:
Der Antragsgegner ist für den gesamten hier relevanten Zeitraum lediglich zur Zahlung von Kindesunterhalt in Höhe von 100 % des Mindestunterhalts der jeweiligen Altersstufe der Kinder nach der Düsseldorfer Tabelle abzüglich des hälftigen Kindergeldes verpflichtet.
In Ansehung der Anzahl der Unterhaltsberechtigten wie auch der unterhaltsrechtlich beachtlichen Mitbetreuung der Kinder durch den Antragsgegner ist nach Würdigung des Senats für den gesamten hier relevanten Unterhaltszeitraum eine Herabstufung in die erste Einkommensgruppe vorzunehmen.
Das von den Beteiligten derzeit praktizierte Betreuungsmodell rechtfertigt daneben eine Herabgruppierung um weitere drei Einkommensgruppen. Aufgrund der seit dem gerichtlichen Vergleich geltenden Regelung betreut der Vater die drei Kinder vierzehntägig jeweils von Mittwoch nach der Schule bis zum Schulbeginn am darauffolgenden Montagmorgen, mithin an fünf von 14 Tagen. Ungeachtet der hinzukommenden Betreuung während der Hälfte der Schulferien entspricht dies einem Anteil von gut 35 %, mithin etwas mehr als einem Drittel der Betreuungszeit.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann den im Rahmen eines deutlich erweiterten Umgangs getätigten Aufwendungen durch eine Herabgruppierung um eine oder mehrere Einkommensgruppen der Düsseldorfer Tabelle Rechnung getragen werden (BGH, FamRZ 2014, 917, Rn. 37 ff.). Bei der Bemessung des Umfangs der Herabgruppierung ist zu berücksichtigen, inwieweit der mitbetreuende Elternteil während seiner Betreuungszeit über die Gewährung von Naturalunterhalt den Bedarf des Kindes anteilig deckt und den hauptbetreuenden Elternteil dadurch entlastet (vgl. Borth, FamRZ 2023, 1833, 1835). Der Senat erachtet es als sachgerecht, diesen Anteil der Bedarfsdeckung im Wege einer pauschalierenden Schätzung zu ermitteln und hierzu auf die dem Eckpunktepapier des Bundesjustizministeriums zur Modernisierung des Unterhaltsrechts vom 25.08.2023 (vgl. hierzu Seiler, FamRZ 2023, 1761; Obermann, FamRZ 2023, 1769; Borth, a.a.O.) zu Grunde liegende Annahme zurückzugreifen, nach der die Mitbetreuung des Kindes im Rahmen eines erweiterten Umgangs etwa 45 % der regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben für ein Kind nach § 6 RBEG betrifft (vgl. ebenso Rake, FamRZ 2025, 149, 153).
Auf dieser Basis ist es nach der Würdigung des Senats angemessen, eine Herabgruppierung in der Düsseldorfer Tabelle in einer entsprechenden Größenordnung vorzunehmen (ebenso Rake, a.a.O.). Dabei ist zu beachten, dass der in der Tabelle ausgewiesene Kindesunterhaltsbedarf sich mit jeder Einkommensgruppe um 5 % erhöht, womit eine Bedarfsdeckung von 15 % drei Einkommensgruppen entspricht.
Volltext der Entscheidung des OLG
Aktionsmodul Familienrecht
Alles zum Familienrecht in einem Modul! In Kooperation mit Otto Schmidt, Gieseking, Wolters Kluwer und Reguvis stehen ausgewählte Kommentare, Handbücher und Zeitschriften in einer Datenbank zur Verfügung. Selbststudium nach § 15 FAO: Regelmäßig mit Beiträgen zum Selbststudium mit Lernerfolgskontrolle und Fortbildungszertifikat. Beratermodul Familienrechtliche Berechnungen: Unterhalt. Zugewinnausgleich. Versorgungsausgleich. 4 Wochen gratis nutzen!