01.07.2025

Können Geldschulden durch Buchgeldzahlung erfüllt werden?

Ein allgemeiner Grundsatz, wonach Geldschulden gleich welcher Höhe bei Fehlen einer anderslautenden Vereinbarung durch Barzahlung zu erfüllen sind, existiert nicht. Jedenfalls Geldschulden, die eine Höhe von 10.000 € oder mehr erreichen, sind grundsätzlich auch durch Buchgeldzahlung erfüllbar. Ein einklagbarer Anspruch auf Mitteilung einer Bankverbindung des Gläubigers steht dem Schuldner einer durch Buchgeldzahlung erfüllbaren Geldschuld dennoch nicht zu.

LG Baden-Baden v. 27.6.2025, 2 S 24/24
Der Sachverhalt:
Die verstorbene Erblasserin hatte den Beklagten mit notariellem Testament vom 30.3.2020 mit einem Anteil von 1/3 als Erben eingesetzt. Die Klägerin wurde - wie von der Erblasserin gewünscht - zur Testamentsvollstreckerin ernannt und teilte dem Beklagten mit Schreiben vom 17.5.2022 die vorläufige Abrechnung betreffend den Nachlass mit. Dieses Schreiben hat auszugsweise den folgenden Inhalt:

"Ich werde Ihnen einen vorläufigen Betrag von 30.000 € abzüglich der Erbschaftssteuer i.H.v. 3.495 € verbleiben 26.505 € überweisen. Bitte teilen Sie mir Ihr Konto schriftlich mit, damit ich den Betrag anweisen kann."

Der Beklagte reagierte weder auf dieses Schreiben noch auf zwei weitere. Die Klägerin beauftragte daraufhin ihren Prozessbevollmächtigten, der den Beklagten mit Schreiben vom 17.10.2023 nochmals - vergeblich - zur Mitteilung der Bankverbindung aufforderte.

Das AG hat die Klage auf Mitteilung einer Bankverbindung zwecks Überweisung des Erbteils sowie auf Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten i.H.v. 1.501 € - nachdem der Beklagte nicht zum Verhandlungstermin erschienen ist - abgewiesen. Die von der Klägerin zu bewirkende Geldschuld sei nach der gesetzlichen Regelung des § 362 BGB durch Barzahlung zu erfüllen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin blieb vor dem LG erfolglos.

Die Gründe:
Das AG hat der Klägerin im Ergebnis zu Recht einen einklagbaren Anspruch auf Mitteilung einer Bankverbindung des Beklagten versagt.

Allerdings folgte dies noch nicht daraus, dass die Klägerin dem Beklagten den ihm nach der vorläufigen Abrechnung der Klägerin zustehenden Anspruch auf Zahlung von 26.505 € als Barzahlung zu erbringen hat. Denn d AG hatte insoweit unter Rekurs auf die BGH-Rechtsprechung den rechtlichen Standpunkt der h.M. vertreten, wonach Geldschulden gem. § 270 BGB an den Wohnsitz des Gläubigers zu übermitteln und grundsätzlich durch Barzahlung zu erfüllen seien, während eine Erfüllung durch Überweisung nur bei - wenigstens konkludenter - Vereinbarung möglich sei. Diese Auffassung ist jedoch in Zweifel zu ziehen.

Ein Grundsatz, wonach Geldschulden originär durch Aushändigung von Bargeld erfüllt werden müssen, ist in den Vorschriften des BGB nicht ausdrücklich normiert, so dass bereits vor diesem Hintergrund viel dafürspricht, Bar- und Buchgeld gleichermaßen als erfüllungsgeeignet anzusehen. Jedenfalls ist die Klägerin nach Auffassung der Kammer zumindest in dem konkret zu beurteilenden Einzelfall nicht gehalten, die Geldschuld i.H.v. 26.505 € durch Barzahlung zu erfüllen. Jedenfalls Geldschulden, die eine Höhe von 10.000 € oder mehr erreichen, sind grundsätzlich auch durch Buchgeldzahlung erfüllbar.

Ein einklagbarer Anspruch auf Mitteilung einer Bankverbindung des Gläubigers steht dem Schuldner einer durch Buchgeldzahlung erfüllbaren Geldschuld dennoch nicht zu. Zwar trifft den Beklagten aus den vorgenannten Erwägungen in Verbindung mit dem zwischen ihm und der Klägerin bestehenden gesetzlichen Schuldverhältnis sowie § 241 Abs. 2 BGB i.V.m. § 242 BGB eine Obliegenheit zur Mitteilung einer Bankverbindung. Um eine einklagbare Pflicht handelt es sich dabei jedoch nicht. Die Klägerin hat durch die fehlende Einklagbarkeit wiederum keinerlei Nachteile, weil sie auf anderweitigem, einfacherem und in Anbetracht der fehlenden Mitwirkungsbereitschaft des Beklagten auch schnellerem Wege ihrer Pflicht als Testamentsvollstreckerin gegenüber dem Beklagten nachkommen kann. Denn unterlässt der Gläubiger die Mitteilung einer Bankverbindung, kann sich der Schuldner durch Hinterlegung von der Schuld befreien.

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