19.04.2021

Kostenfreier Reiserücktritt wegen Maskenpflicht am Urlaubsort

Lässt sich im Zeitpunkt der Kündigung des Reisevertrags prognostizieren, dass am Urlaubsort eine sog. "Maskenpflicht" besteht, so stellt dies einen unvermeidbaren außergewöhnlichen die Durchführung der Reise erheblich beeinträchtigenden Umstand gem. § 6541 h Abs. 3 BGB dar, wenn die Maskenpflicht in einer Art und Weise ausgestaltet ist, dass in weiten Teilen der üblichen Urlaubsgestaltung eine "Maske" zu tragen ist. Es verwirklicht sich in der "Maskenpflicht" jedenfalls dann kein allgemeines Lebensrisiko des Urlaubers, wenn eine vergleichbare umfassende Verpflichtung nicht allgemein üblich war, insbesondere am Heimatort des Urlaubers nicht bestanden hat.

AG Düsseldorf v. 12.2.2021 - 37 C 420/20
Der Sachverhalt:
Der Kläger bei der Beklagten für sich und seine Familie eine Pauschalreise nach Mallorca für den Zeitraum vom 17.7.2020 bis 31.7.2020 zu einem Gesamtpreis von 5.644 € gebucht. Er leistete eine fällige Anzahlung i.H.v. 1.116 €. Mit E-Mail vom 10.6.2020 trat der Kläger dann vom Reisevertrag zurück und verwies auf seine kostenfreie Stornierungsmöglichkeit. Eigentlich ist nach den Vertragsbedingungen der Beklagten bei einer Stornierung innerhalb des hier gegebenen Zeitraums vor Reisebeginn eine Entschädigung i.H.v. 25 % des Reisepreises zu leisten. Der Kläger war allerdings der Ansicht, dass ihm wegen der Besonderheiten der Corona-Pandemie ein kostenloses Rücktrittsrecht aus § 651 Buchst. h Abs. 3 BGB zustehe, insbesondere sei nicht zu erwarten gewesen, dass das gebuchte Hotel rechtzeitig öffne. Letztlich habe aber eine allgemeine Verpflichtung zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes bestanden.

Die Beklagte machte mit Rechnung vom 10.06.2020 Stornokosten i.H.v. 1 451 € gegenüber dem Kläger geltend. Dieser forderte gerichtlich die Rückerstattung der Anzahlung von 1116 € nebst Zinsen sowie die Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten i.H.v. 201 €. Das AG gab der Klage in vollem Umfang statt.

Die Gründe:
Gem. § 651 Buchst. h Abs. 1 S. 1 BGB ist der Kläger jederzeit zum Rücktritt vom Reisevertrag berechtigt mit der Folge der Rückzahlung des angezahlten Reisepreises.

Die Voraussetzung einer Entschädigungslosigkeit des Rücktritts vom Vertrag gem. § 651h Abs. 3 liegen vor. Ein außergewöhnlicher die Durchführung der Pauschalreise erheblich beeinträchtigender Umstand ergibt sich daraus, dass der Kläger im Zeitpunkt des Rücktritts davon ausgehen konnte, dass im Reisezeitraum auf Mallorca eine allgemeine Verpflichtung zum Tragen eines Mund-Nasenschutzes ("Maskenpflicht") bestehen wird. Dass zum Rücktrittszeitpunkt eine solche durch die örtlichen Behörden erklärt worden war, war bereits aus Presseveröffentlichungen allgemein bekannt. Da es sich um eine Maßnahme handelte, die in zeitlichem Zusammenhang mit der Reaktivierung des Tourismus eingeführt worden war, konnte zu diesem Zeitpunkt schon davon ausgegangen werden, dass die Regelung zur Maskenpflicht auch im Urlaubszeitpunkt noch fortbestehen würde.

Die Maskenpflicht stellte auch einen außergewöhnlichen Umstand dar, der die Durchführung der Reise erheblich beeinträchtigen würde. Zwar führt nicht jede Verpflichtung zum Tragen eines Mund- und Nasenschutzes zu einer erheblichen Beeinträchtigung, vielmehr kommt es auf die Gesamtumstände der Regelung an. Führt diese etwa dazu, dass eine Maske täglich nur in kurzen Zeiträumen zu tragen ist, etwa im Supermarkt oder beim Durchlaufen eines Restaurants, liegt darin keine erhebliche Beeinträchtigung der Reise. Anders verhält es sich allerdings, wenn die Verpflichtung so ausgestaltet ist, dass sie den typischen Tagesablauf eines Urlaubs wesentlich berührt.

Bei der spanischen Regelung war dies der Fall, da das Flanieren in innerstädtischen Bereichen sowie auf in der Hauptsaison stark besuchten Strandpromenaden typischerweise zu einem Mallorca-Urlaub gehört. Wegen des ebenfalls typischerweise hohen Andrangs zur Hauptsaison war auch damit zu rechnen, dass in weiten Teilen der Mindestabstand von zwei Metern zu anderen Personen nicht einzuhalten sein würde, sodass der Kläger zu erwarten hatte, dass er und seine Familie über einen erheblichen Teil eines üblichen Urlaubs-Tagesablaufs bei Außentemperaturen von 30 °C einen innerhalb kürzester Zeit durch Schweiß durchnässenden Mund- und Nasenschutz zu tragen haben würden.

Hierin war eine erhebliche Beeinträchtigung des urlaubstypischen Tagesablaufs zu sehen. Die Annahme eines außergewöhnlichen Umstands konnte auch nicht dadurch verneint werden, dass sich in der Maskenpflicht das typische Lebensrisiko realisiere. Zum Zeitpunkt der Kündigung war nämlich eine Maskenpflicht des Umfangs, wie in Spanien festgelegt, keineswegs weltweit typisch, insbesondere auch nicht Bestandteil des Tagesablaufs am Heimatort des Klägers. Vielmehr bestand dort nach der in NRW geltenden Corona-Schutzverordnung die Maskenpflicht nur in bestimmten geschlossenen Räumen und beeinträchtigte damit den generellen Tagesablauf weit weniger als dies im Urlaub der Fall gewesen wäre.
Justiz NRW
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