11.01.2022

Kündigung der Mietwohnung wegen Zahlungsverzug: Was ist ein "nicht unerheblicher Teil der Miete" an zwei aufeinander folgenden Terminen?

Die Erheblichkeit des zur fristlosen Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses wegen Zahlungsverzugs berechtigenden Mietrückstands ist allein nach der Gesamthöhe der beiden rückständigen Teilbeträge zu bestimmen.

BGH v. 8.12.2021 - VIII ZR 32/20
Der Sachverhalt:
Die Beklagte ist seit 2005 Mieterin einer Wohnung der Klägerin in Berlin zu einer Bruttomiete i.H.v. monatlich 704 €. Im Januar 2018 blieb sie davon 135,41 € schuldig; für Februar 2018 entrichtete sie keine Miete.

Wegen dieser Rückstände erklärte die Klägerin mit Schreiben vom 9.2.2018 die fristlose, hilfsweise die fristgerechte Kündigung des Mietvertrags.

Das AG gab der von der Klägerin erhobenen Räumungs- und Herausgabeklage statt. In der Berufungsinstanz wies das LG die Klage ab, da der Kündigungsgrund des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a Alt. 2 BGB nicht gegeben sei. Zwar übersteige der Gesamtbetrag des Mietrückstands von 839,41 € eine Monatsmiete. Jedoch sei für den ersten der beiden Monate (Januar 2018) kein "nicht unerheblicher Teil der Miete" offengeblieben. Der Rückstand für diesen Monat (135,41 €) betrage nur 19% der Monatsmiete von 704 €. Als nicht unerheblicher Rückstand i.S.d. § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a Alt. 2 BGB könne hingegen nur ein Mietanteil "etwa" in Höhe einer hälftigen Monatsmiete angesehen werden.

Die Revision der Vermieterin hatte Erfolg.

Die Gründe:
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist das Mietverhältnis der Parteien durch die außerordentliche fristlose Kündigung der Klägerin vom 9.2.2018 beendet worden, weil zu diesem Zeitpunkt ein wichtiger Grund i.S.v. § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a Alt. 2 BGB vorgelegen hat. Nach dieser Vorschrift ist ein wichtiger Grund für eine außerordentliche fristlose Kündigung des Mietverhältnisses gegeben, wenn der Mieter für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist.

Für Mietverhältnisse über Wohnraum, der - wie hier - nicht nur zum vorübergehenden Gebrauch vermietet ist (§ 569 Abs. 3 Nr. 1 Satz 2 BGB), bestimmt § 569 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 BGB, dass der rückständige Teil der Miete nur dann als nicht unerheblich anzusehen ist, wenn er die Miete für einen Monat übersteigt. Dies ist hier der Fall, wie das AG, auf dessen Feststellungen das Berufungsgericht Bezug genommen hat, zu Recht entschieden hat. Die Beklagte befand sich zur Zeit der Kündigungserklärung mit Mietzahlungen für die Monate Januar 2018 (135,41 €) und Februar 2018 (704 €) in Höhe von insgesamt 839,41 € in Verzug. Dieser Betrag übersteigt die geschuldete Monatsmiete von 704 €.

Anders als das Berufungsgericht angenommen hat - dessen Sichtweise auch im Schrifttum auf Ablehnung gestoßen ist (vgl. u.a. Lützenkirchen/Lützenkirchen, Mietrecht, 3. Aufl., § 543 BGB Rn. 243) -, steht der Wirksamkeit der außerordentlichen fristlosen Kündigung vom 9.2.2018 nicht entgegen, dass der in den Monaten Januar und Februar 2018 rückständige Teil zwar insgesamt die für einen Monat geschuldete Miete übersteigt (§ 569 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 BGB), der für den Monat Januar 2018 entstandene Rückstand in Höhe von 135,41 € gemessen an einer Monatsmiete von 704 € jedoch für sich allein gesehen - wie das Berufungsgericht gemeint hat - als unerheblich zu werten sei.

Gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a Alt. 2, § 569 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 BGB ist die Erheblichkeit des zur außerordentlichen fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzugs bei Wohnraummietverhältnissen berechtigenden Mietrückstands allein nach der Gesamthöhe der beiden rückständigen Teilbeträge zu bestimmen. Der Gesamtrückstand ist - wie hier - jedenfalls dann nicht mehr unerheblich, wenn er die für einen Monat geschuldete Miete übersteigt. Eine darüberhinausgehende gesonderte Bewertung der Höhe der einzelnen monatlichen Rückstände im Verhältnis zu einer Monatsmiete sieht das Gesetz nicht vor.

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