04.01.2022

Löschung einer Grundstücksbelastung bei Unauffindbarkeit der notariellen Bewilligungsurkunde

Der Umstand, dass die im Grundbuch in Bezug genommene Bewilligungsurkunde nicht auffindbar ist, erlaubt jedenfalls im Antragsverfahren nicht die Löschung der Belastung. Vielmehr ist von Amts wegen ein Verfahren zur Urkundenwiederbeschaffung einzuleiten.

OLG Köln v. 5.7.2021 - 2 Wx 183/21
Der Sachverhalt:
Die Grundstückseigentümerin strebte die Löschung eines eingetragenen Rechts an ihrem Grundstück an. Laut Grundbuch ist das Grundstück mit einer Bau- und Verfügungsbeschränkung zu Gunsten des jeweiligen Eigentümers (des Nachbargrundstücks) belastet. Die Eintragung erfolgte im Jahre 1921. Jedoch sind die Grundakten - vermutlich infolge des Krieges - in Verlust geraten.

Die Grundstückseigentümerin beantragte die Löschung des Rechts wegen fehlender Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit, da sich aus dem Grundbuch kein bestimmbarer Inhalt des Rechts ergebe. Auf die in Bezug genommene Eintragungsbewilligung könne mangels Existenz der Ursprungsgrundakten nicht zurückgegriffen werden. Zudem könne die Verfügungsbefugnis über ein veräußerliches Recht nicht wirksam durch ein Rechtsgeschäft ausgeschlossen werden.

Das Grundbuchamt lehnte die Löschung des eingetragenen Rechts ab. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde durch das OLG zurückgewiesen.

Die Gründe:
Die Voraussetzungen für eine Amtslöschung gem. § 53 Abs. 1 S. 2 GBO liegen nicht vor, da derzeit nicht davon ausgegangen werden kann, dass die beanstandete Eintragung ihrem Inhalt nach ganz oder teilweise unzulässig ist. Eine Eintragung ist von Amts wegen als inhaltlich unzulässig gem. § 53 Abs. 1 S. 2 GBO zu löschen, wenn das Recht mit dem Inhalt oder in der Ausgestaltung der Eintragung aus Rechtsgründen nicht bestehen kann.

Vorliegend kann nicht von einer Unzulässigkeit der beanstandeten Eintragung der "Baubeschränkung" ausgegangen werden. Die schlagwortartige Bezeichnung dieses Rechts verfügt bereits über eine ausreichend individualisierende inhaltliche Kennzeichnungskraft; hinsichtlich der näheren Ausgestaltung dieser Beschränkung konnte daher auf die Eintragungsbewilligung Bezug genommen werden

Auch hinsichtlich der eingetragenen "Verfügungsbeschränkung" liegen derzeit nicht die Voraussetzungen für eine Löschung dieser Belastung vor. Insbesondere kann nicht ohne weitere Nachweise von einer Grundbuchunrichtigkeit ausgegangen werden. Daher bedarf es eines Rückgriffs auf die Bewilligung als Informationsquelle über den Inhalt des Rechts. Nur in Verbindung mit der Eintragungsbewilligung kann unter Berücksichtigung des zum maßgeblichen Zeitpunkt der Eintragung im Jahre 1921 bestehenden Rechtsverständnisses geprüft werden, ob es sich um eine ihrem Inhalt nach unzulässige Eintragung handelt - insbesondere, ob ein Recht mit einem gesetzlich nicht erlaubten Inhalt verlautbart wird.

Der Umstand, dass die Ursprungsgrundakte möglicherweise durch Kriegseinwirkungen zerstört worden ist und die zulässigerweise in Bezug genommene Bewilligungsurkunde jedenfalls derzeit nicht auffindbar ist, rechtfertigt noch keine Löschung der Belastung aufgrund materiell-rechtlicher Unwirksamkeit des Rechts.

Das Fehlen einer Bewilligung als rein verfahrensrechtlicher Erklärung wirkt sich zudem nicht auf die materiell-rechtliche Seite des Geschäfts aus, so dass die Unauffindbarkeit der Bewilligung noch nicht den Bestand des materiellen Rechts in Frage stellt.

Insoweit ist das Amtsverfahren zum Zweck der Wiederbeschaffung zerstörter oder abhanden gekommener Eintragungsbewilligungen nach § 148 GBO i.V.m. der fortgeltenden VO über die Wiederherstellung zerstörter oder abhanden gekommener Grundbücher und Urkunden. Dies ist bisher nicht geschehen.

Eine Löschung der beanstandeten Eintragung allein wegen der fehlenden Einleitung des Verfahrens kommt nicht in Betracht.

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