"Luft Feli" kann als zulässiger geschlechtsneutraler Vorname angesehen werden
AG Darmstadt 3.4.2025 - 50 III 8/25
Der Sachverhalt:
Nach der Geburt des Beteiligten zu 1) war im Geburtenregister des Standesamtes der Vorname "Felix" und Geschlecht "männlich" eingetragen worden. Später beantragte der Beteiligte zu 1), seinen Vornamen von "Felix" in "Luft Feli" zu ändern sowie das bisher eingetragene Geschlecht "männlich" zu streichen.
Das Standesamt hat umfassende Recherchen angestellt. Die Sprach- und Vornamensberatung der Gesellschaft für die deutsche Sprache (GfdS) hatte von einer Eintragung abgeraten. So gebe es keinerlei Hinweise, wonach "Luft" als Vorname vorkomme (sondern nur als Familienname). Die Universität Leipzig teilte jedoch mit, dass es den Vornamen "Luft" tatsächlich gibt. Er soll sehr selten in Südostasien, aber auch vereinzelt in Europa und in den USA vorkommen und werde sowohl als Frauen als auch als Männername vergeben.
Beim Standesamt und der Standesamtsaufsicht bestanden weiterhin Zweifel. Laut Duden sei der Begriff "Luft" nicht geschlechtsneutral, sondern wird als Substantiv in weiblicher Form (die Luft) verwendet. Daraus abzuleiten, dass "Luft" ein weiblicher Vorname sein könnte, betrachtete das Standesamt als abwegig. Nach Ansicht des Standesamtes könnten Begriffe, die dem Wesen nach keine Vornamen sind, auch nicht als Vornamen verwendet werden. Ein Vorname müsse als solcher klar erkennbar sein.
Der Beteiligte zu 1) führt den Vornamen Luft in seinem privaten Umfeld bereits seit einigen Jahren und blieb bei der Ansicht, dass dieser kein geschlechtsspezifisches Merkmal aufweise. Das Standesamt hat die Herbeiführung einer gerichtlichen Entscheidung nach § 49 Abs. 2 PStG beantragt. Das AG hat es daraufhin angewiesen, die vom Beteiligten zu 1) gewählten Vornamen "Luft Feli" zu beurkunden.
Die Gründe:
Entgegen der Ansicht des Standesamtes handelt es sich bei den Vornamen "Luft Feli" um wählbare Vornamen, die nicht gegen den Grundsatz der geschlechtskonnotativen Kongruenz verstoßen.
Ausweislich der Gesetzesbegründung gelten für die Vornamensbestimmung nach § 2 Abs. 3 SBGG dieselben Regeln wie für die Vornamensbestimmung bei der Geburt. Richtig ist zwar, dass eine Wahl kritisch zu hinterfragen ist. Bei der Wahl des Vornamens sind die Eltern jedoch grundsätzlich frei. Diesem Recht der Vornamenswahl ist lediglich dort eine Grenze zu setzen, wo ihre Ausübung das Kindeswohl beeinträchtigt (BVerfG v. 5.12.2008 - 1 BvR 576/07). Durch die Rechtsprechung des BVerfG ist ein Wandel dahingehend eingetreten, dass anders als früher die inhaltlich zulässigen Vornamen nicht mehr mit Hilfe positiver Kriterien zu bestimmen sind, sondern es beschränkt sich darauf festzulegen, welche Vornamen nicht erteilt werden dürfen. Damit ist auch die Gebräuchlichkeit des Vornamens keine positive Voraussetzung mehr, da sie lediglich der Ordnungsfunktion des Namens dient, aber nicht auf das maßgebliche Kindeswohl abstellt (BVerfG v. 3.11.2005 - 1 BvR 691/03).
Ebenso ist die Geschlechtsbezogenheit eines Namens nicht mehr Zulässigkeitsvoraussetzung (BVerfG v. 5.12.2008 - 1 BvR 576/07). Entscheidend ist mithin nicht mehr die Frage, ob der Vorname bisher schon als Vorname gebraucht wurde und ob er Kindern dieses Geschlechts erteilt wurde, sondern, ob der gewählte Name Befremden oder Anstoß erregen wird, so dass der Namensträger der Lächerlichkeit preisgegeben wird und in der Entfaltung seiner Persönlichkeit beeinträchtigt wird. Solange der Name nicht das Kindeswohl verletzt, haben die Eltern nicht nur ein Namenserteilungsrecht, sondern sogar ein Namenserfindungsrecht.
Gemessen an diesen Voraussetzungen war die Wahl des Vornamens "Luft Feli" im vorliegenden Verfahren zulässig. Zwar ließe sich diskutieren, ob bei einer entsprechenden Vornamensgebung bei Geburt der Name "Luft" das Kindeswohl beeinträchtigen könnte, da der Name auf den ersten Blick ungewöhnlich ist. Allerdings ist der im Grundsatz genauso ungewöhnlich anmutende Vorname "Wolke" mittlerweile allgemein als Vorname in Deutschland anerkannt. Prominenter Träger des Namens ist die Schauspielerin Wolke Hegenbarth. In den Geburtsjahrgängen 2010 bis 2014 wurde Wolke ungefähr 100mal als erster Vorname vergeben.
Letztlich waren die Namen "Luft Feli" als geschlechtsneutral anzusehen. So teilte die die Universität Leipzig dem Standesamt auf Anfrage mit, dass der Vorname "Luft" sehr selten in Südostasien, aber auch vereinzelt in Europa und in den USA vorkomme und sowohl als Frauen- als auch als Männername vergeben wird. Soweit die GfdS dem Standesamt mitgeteilt hatte, dass es keinerlei Hinweise gebe, wonach "Luft" als Vorname vorkomme, enthielt diese Stellungnahme keine Aussage zu der Frage, ob "Luft" als männlicher, weiblicher oder geschlechtsneutraler Vorname anzusehen ist.
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Beim Standesamt und der Standesamtsaufsicht bestanden weiterhin Zweifel. Laut Duden sei der Begriff "Luft" nicht geschlechtsneutral, sondern wird als Substantiv in weiblicher Form (die Luft) verwendet. Daraus abzuleiten, dass "Luft" ein weiblicher Vorname sein könnte, betrachtete das Standesamt als abwegig. Nach Ansicht des Standesamtes könnten Begriffe, die dem Wesen nach keine Vornamen sind, auch nicht als Vornamen verwendet werden. Ein Vorname müsse als solcher klar erkennbar sein.
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Gemessen an diesen Voraussetzungen war die Wahl des Vornamens "Luft Feli" im vorliegenden Verfahren zulässig. Zwar ließe sich diskutieren, ob bei einer entsprechenden Vornamensgebung bei Geburt der Name "Luft" das Kindeswohl beeinträchtigen könnte, da der Name auf den ersten Blick ungewöhnlich ist. Allerdings ist der im Grundsatz genauso ungewöhnlich anmutende Vorname "Wolke" mittlerweile allgemein als Vorname in Deutschland anerkannt. Prominenter Träger des Namens ist die Schauspielerin Wolke Hegenbarth. In den Geburtsjahrgängen 2010 bis 2014 wurde Wolke ungefähr 100mal als erster Vorname vergeben.
Letztlich waren die Namen "Luft Feli" als geschlechtsneutral anzusehen. So teilte die die Universität Leipzig dem Standesamt auf Anfrage mit, dass der Vorname "Luft" sehr selten in Südostasien, aber auch vereinzelt in Europa und in den USA vorkomme und sowohl als Frauen- als auch als Männername vergeben wird. Soweit die GfdS dem Standesamt mitgeteilt hatte, dass es keinerlei Hinweise gebe, wonach "Luft" als Vorname vorkomme, enthielt diese Stellungnahme keine Aussage zu der Frage, ob "Luft" als männlicher, weiblicher oder geschlechtsneutraler Vorname anzusehen ist.
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