09.09.2022

Mangelhafte Möbel: Käufer hat Mitwirkungspflichten bei Mangelbeseitigung

Übt der Käufer mangelhafter Möbel sein Wahlrecht gem. § 439 BGB dahingehend aus, dass er die Lieferung neuer mangelfreier Sachen verlangt und lässt er in der Folge an mehreren Terminen, an denen der Verkäufer neue Möbel liefern will, dessen Miterbeiter nicht in seine Wohnung, so verletzt er seine Mitwirkungspflichten im Rahmen der Nacherfüllung, § 439 Abs. 5 BGB. Die Verpflichtung, dem Verkäufer Gelegenheit zur Nacherfüllung zu geben, umfasst auch die Bereitschaft des Käufers, dem Verkäufer die Kaufsache zur Überprüfung der erhobenen Mängelrügen zur Verfügung zu stellen.

AG München v. 10.6.2022 - 112 C 10509/20
Der Sachverhalt:
Die Beklagte kaufte in einem großen Möbelhaus der Klägerin verschiedene Einrichtungsgegenstände, u.a. ein Bett und einen Schrank, zu einem Gesamtpreis von rd. 1.800 €. Die Beklagte zahlte etwa die Hälfte des Kaufpreises an, der Rest sollte bei Warenerhalt fällig werden. Anfang Mai 2019 wurden die Waren geliefert und durch Monteure der Beklagten aufgebaut. Dabei stellte die Beklagte fest, dass ein Schrank defekt und das Bett verkratzt und verschmutzt war. Den Restkaufpreis zahlte sie daher nicht, sondern verlangte den Austausch der defekten Möbel.

Die Klägerin wollte Abhilfe schaffen und die beschädigten Möbel gegen neue austauschen. Hierzu schickte sie ihre Monteure noch im Mai 2019 zweimal zu der Käuferin. Als bei einem ersten Termin zur Sprache kam, dass nach erfolgreichem Austausch der Möbel der Restkaufpreis zu zahlen sei, verwies die Beklagte die Monteure vor dem Austausch der Wohnung, weil sie diese unverschämt fand. Bei einem zweiten Termin im Mai stellte die Klägerin der Beklagten einen Gutschein im Wert von 50-100 € in Aussicht, wenn sie einen Austausch der defekten Möbel ermögliche. Trotzdem ließ die Beklagte keine Monteure mehr in die Wohnung. Auch ein dritter Versuch im Februar 2021 scheiterte mangels Zutrittsmöglichkeit zur Wohnung.

Die Klägerin meint, die Beklagte müsse nun auch den Rest des noch ausstehenden Kaufpreises i.H.v. rd. 900 € zahlen. Der Verkäuferin stehe ein Recht auf Mangelbeseitigung zu. Die Nachbesserung sei mehrfach angeboten worden und von der Beklagten ohne nachvollziehbaren Grund verhindert worden. Die Beklagte sei daher im Annahmeverzug und könne den Restkaufpreis nicht mehr zurückhalten. Die Beklagte ist der Ansicht, sie habe keine einwandfreie Ware bekommen und müsse daher auch den Kaufpreis nicht vollständig zahlen. Sie wolle vielmehr die geleistete Anzahlung zurück. An den Möbeln habe sie ohnehin kein Interesse mehr.

Das AG gab der Klage vollumfänglich statt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Die Gründe:
Die Klägerin hat Anspruch auf Zahlung des noch ausstehenden Kaufpreises.

Die gelieferten Möbel waren mangelhaft. Der Schrank war an mehreren Böden gebrochen, das Bett war verschmutzt und am Kopfteil zerrissen. Damit hatten die Beklagte das Recht, nach ihrer Wahl Nacherfüllung oder Lieferung einer mangelfreien Sache zu verlangen, § 439 BGB. Die Beklagte hat ihr Wahlrecht dahingehend ausgeübt, dass sie die Lieferung neuer mangelfreier Sachen verlangte. In der Folge kam es zu drei Terminen, an denen die Klägerin neue Möbel liefern wollte, was die Beklagte jedoch jeweils ablehnte.

Die Beklagte hat damit ihre Mitwirkungspflichten im Rahmen der Nacherfüllung verletzt, § 439 Abs. 5 BGB. Sie ist verpflichtet, dem Verkäufer Gelegenheit zur Nacherfüllung zu geben. Dies beschränkt sich nicht auf eine mündliche oder schriftliche Aufforderung zur Nacherfüllung, sondern umfasst auch die Bereitschaft des Käufers, dem Verkäufer die Kaufsache zur Überprüfung der erhobenen Mängelrügen zur Verfügung zu stellen. Diese nunmehr im Gesetz ausdrücklich normierte Pflicht bestand nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch schon vor der eindeutigen Aufnahme in den Wortlaut der Norm und damit auch schon zum hier in Rede stehenden Zeitpunkt im Jahr 2019.

Hier hätte die Klägerin die Erfüllungsgehilfen der Klägerin in die Wohnung lassen müssen, damit diese die Möbel austauschen können. Das Leistungsverweigerungsrecht der Beklagten ist damit nach Treu und Glauben ausgeschlossen.

Mehr zum Thema:

Rechtsprechung:
Nacherfüllung: Begriff des Einbaus/Anbringens bei § 439 Abs. 3 BGB
OLG Köln vom 07.04.2022 - 15 U 82/21
MDR 2022, 1080

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AG München PM Nr. 33 vom 2.9.2022
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