27.11.2023

Mann stürzt mit E-Bike über Kabelbrücke und scheitet mit Klage auf Schmerzensgeld

Es gibt keine Pflicht eine Kabelbrücke horizontal zum Fußweg zu verlegen. Für gewöhnlich lassen sich Kabelbrücken, wie von der Beklagten verwendet, bei angepasster Geschwindigkeit mit dem Fahrrad überqueren. Grundsätzlich sind Verkehrsflächen so hinzunehmen, wie sie sich dem Benutzer darbieten. Das Verhalten des Benutzers muss dann an die Gegebenheiten angepasst werden.

LG Magdeburg v. 16.10.2023 - 10 O 313/23
Der Sachverhalt:
Die Beklagte hatte im Herbst 2022 ein Oktoberfest veranstaltet. Auf behördliche Ordnungsverfügung hatte sie deswegen über den Fußgänger- und Radweg auf einer nahegelegenen Straße Kabel mit einer Kabelbrücke abgedeckt. Der sich auf dem Weg befindliche Hydrant wurde von einem Holzkasten abgedeckt, der mit einem rotweißen Absperrband umwickelt wurde. Ein besonderer Hinweis auf die Kabelbrücke erfolgte nicht.

Der Kläger behauptete, er sei am 15.10.2022 gegen 16 Uhr mit dem E-Damenfahrrad seines Vaters auf der oben genannten Straße mit einer Geschwindigkeit von 23- 25 km/h mit mittlerer Tretunterstützung unterwegs gewesen. Er habe bei seiner Fahrt die Kabelbrücke nicht gesehen, da er sich auf entgegenkommende Fußgänger konzentriert habe. Er sei an der Kabelbrücke aufgesetzt und über das Lenkrad geflogen.

Der Kläger forderte den Versicherer der Beklagten auf, ihm 12.723 € plus Anwaltskosten zu zahlen. Die Beklagte habe eine Verkehrssicherungspflicht verletzt. Sie habe die Kabelbrücke nicht ordnungsgemäß verlegt. Diese habe sich nicht farblich von den Straßenverhältnissen abgehoben. Die Kabelbrücke sei weder leuchtend noch auffällig hell, sondern verdreckt und dunkel gewesen. Die Beklagte hielt dagegen, der Kläger habe sich nicht an das Sichtfahrgebot i.S.d. § 3 StVO gehalten.

Das LG hat die Klage abgewiesen.

Die Gründe:
Der Kläger hat gegen die Beklagte weder einen Anspruch auf Schadensersatz noch auf Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes gem. § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. §§ 249 Abs.1, 253 Abs. 2, 843 BGB.

Es lag keine Verkehrssicherungspflichtverletzung vor. Es gibt keine Pflicht eine Kabelbrücke horizontal zum Fußweg zu verlegen. Es war auch nicht ersichtlich, dass sich der Winkel der Kabelbrücke dramatisch verändert haben soll. Die Kabelbrücke war zudem augenscheinlich farblich markiert. Auf den eingereichten Lichtbildern war eindeutig zu erkennen, dass die Kabelbrücke einen gelben Streifen in der Mitte aufwies. Somit war sie i.S.d. § 32 Abs. 1 S. 2 StVO ausreichend kenntlich gemacht. Einer darüberhinausgehenden Kenntlichmachung bedurfte es nicht.

Aufgrund des seitlich verlaufenen knallgelben Kabels und des mit einem rotweißen Absperrband gekennzeichneten mit holzverkleideten Hydranten hätte gesehen werden können, dass sich auf dem Weg ein Hindernis befindet. Daher hätte die Kabelbrücke auch nicht mit dem Verkehrszeichen Nr. 101 oder Nr. 112 der StVO kenntlich gemacht werden müssen. Eine Kenntlichmachung mit diesen Verkehrsschildern hätte zudem zu Verwirrung geführt, da auch die Autofahrer das Schild auf ihre Fahrbahn bezogen hätten. Die Kabelbrücke hätte auch nicht abgeflachter sein müssen. Für gewöhnlich lassen sich Kabelbrücken, wie von der Beklagten verwendet, bei angepasster Geschwindigkeit mit dem Fahrrad überqueren.

Grundsätzlich sind Verkehrsflächen so hinzunehmen, wie sie sich dem Benutzer darbieten. Das Verhalten des Benutzers muss dann an die Gegebenheiten angepasst werden. Der Kläger hatte die im Straßenverkehr erforderliche Sorgfalt nicht beachtet, sondern war unaufmerksam war und hatte alleine hierdurch den Unfall verursacht. Hätte sich der Kläger auf die Straße konzentriert und sich nicht ablenken lassen, hätte er die Kabelbrücke sehen müssen, zumal nach seinen eigenen Angaben ihm keiner die Sicht hierauf versperrt hatte. Wie andere Fahrradfahrer auch hätte er dann mit angepasster Geschwindigkeit die Kabelbrücke überqueren können.

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Aufsatz
Christoph Fellner
Verkehrssicherungspflicht für Außenanlagen von Gaststättenbetreibern
MDR 2023, 1222

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