Maßnahmen gegen den Übertritt von Niederschlagswasser
OLG Brandenburg v. 7.8.2025 - 5 U 89/24
Der Sachverhalt:
Die Beklagte hatte 2008 Sanierungsmaßnahmen an einer Straße vornehmen lassen, die an das Grundstück der Kläger grenzt. Bei Starkregen war es wiederholt (so etwa 2010 und 2022) zum Übertritt von Niederschlagswasser auf das Grundstück der Kläger gekommen. Diese waren der Ansicht, dass die Beklagte verpflichtet sei, geeignete Maßnahmen dafür treffen, den Übertritt von Niederschlagswasser von der Straße auf ihr Grundstück zu verhindern.
Das LG hat der Klage stattgegeben und dies damit begründet, dass die Kläger einen Anspruch auf Unterlassung von Einwirkungen ausgehend von einem Nachbargrundstück durch wild abfließendes Wasser nach § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB gegen die Beklagte hätten. Gerade aufgrund des Sachverständigengutachtens aus dem Jahr 2013 stehe fest, dass die Beklagte durch die von ihr beauftragten Sanierungsmaßnahmen das Abfließen des Niederschlagswassers auf das klägerische Grundstück verstärkt habe. Das seitliche Gefälle der Straße hin zum Grundstück des Klägers sei nachteilig verändert und die Entwässerungselemente der Straße seien nicht ausreichend groß bemessen worden.
Das OLG hat die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
Die Gründe:
Das LG hat zutreffend angenommen, dass die Voraussetzungen des Unterlassungsanspruchs nach § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB vorliegen. Danach kann derjenige, für dessen Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes weitere Beeinträchtigungen zu besorgen sind, vom Störer deren Unterlassung verlangen.
Für den Unterlassungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB kam es auf die konkrete Gefahr der Besorgnis für künftige Beeinträchtigungen des Eigentums der Kläger an. Diese Gefahr wurde hier durch eine bereits in der Vergangenheit eingetretene Beeinträchtigung als Wiederholungsgefahr indiziert. Der Unterlassungsanspruch ist über den Wortlaut des Gesetzes hinaus aber auch dann gegeben, wenn die Gefahr einer erstmaligen Beeinträchtigung (sog. Erstbegehungsgefahr) in Frage kommt. Und diese war hier der Fall. Denn indem die Beklagte bei der Sanierung der Straße 2008 die auch für sie als Hoheitsträger geltenden Vorschriften des Wasser- und Nachbarrechts über Veränderungen des Ablaufs wild abfließenden Wassers nicht beachtet hatte, hat sie die genannte Erstbegehungsgefahr für künftige Beeinträchtigungen des klägerischen Grundstücks begründet.
Der Verwertung des Gutachtens des Sachverständigen stand nicht entgegen, dass es aus dem Jahr 2013 stammte und damit vor Baumaßnahmen im Jahr 2019 an einer Straße, die in die hier maßgebliche Straße einmündet. Die Feststellungen zum Gefälle, zum Straßentiefpunkt und auch zur Frage hinreichender Dimensionierung von Entwässerungsmaßnahmen selbst blieben grundsätzlich auch nach den Baumaßnahmen 2019 zu berücksichtigen, insbesondere die Feststellungen zu vorhandener Entwässerung. Insofern waren die Entwässerungselemente wie Mulde, Rigole, Sickerrohr "zweifelsfrei nicht ausreichend groß bemessen", um übliche Niederschlagsmengen - nach den anerkannten Regeln der Technik sog. fünfjährige Regenereignisse - aufzunehmen.
Es waren keine Maßnahmen ergriffen worden, die ein Befahren oder Beparken der Versickerungsanlagen verhinderten, und der einfache Anschluss der Kastenrinne an der Grundstücksüberfahrt zu den Klägern an nur einen Sickerstrang war nicht für das hier im Tiefpunkt zu erwartende besondere Gefährdungspotential ausreichend. Da der Unterlassungsanspruch hier an die konkrete Erstbegehungsgefahr anknüpfte, kam es entgegen der Meinung der Beklagten nicht darauf an, ob es sich bei den von den Klägern behaupteten in der Vergangenheit bereits verwirklichten Beeinträchtigungen durch Wassereinbrüche 2010 und 2022 um sog. außergewöhnliche Naturereignisse handelte, die der Beklagten als Störerin nicht zurechenbar wären.
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Landesrecht Brandenburg
Die Beklagte hatte 2008 Sanierungsmaßnahmen an einer Straße vornehmen lassen, die an das Grundstück der Kläger grenzt. Bei Starkregen war es wiederholt (so etwa 2010 und 2022) zum Übertritt von Niederschlagswasser auf das Grundstück der Kläger gekommen. Diese waren der Ansicht, dass die Beklagte verpflichtet sei, geeignete Maßnahmen dafür treffen, den Übertritt von Niederschlagswasser von der Straße auf ihr Grundstück zu verhindern.
Das LG hat der Klage stattgegeben und dies damit begründet, dass die Kläger einen Anspruch auf Unterlassung von Einwirkungen ausgehend von einem Nachbargrundstück durch wild abfließendes Wasser nach § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB gegen die Beklagte hätten. Gerade aufgrund des Sachverständigengutachtens aus dem Jahr 2013 stehe fest, dass die Beklagte durch die von ihr beauftragten Sanierungsmaßnahmen das Abfließen des Niederschlagswassers auf das klägerische Grundstück verstärkt habe. Das seitliche Gefälle der Straße hin zum Grundstück des Klägers sei nachteilig verändert und die Entwässerungselemente der Straße seien nicht ausreichend groß bemessen worden.
Das OLG hat die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
Die Gründe:
Das LG hat zutreffend angenommen, dass die Voraussetzungen des Unterlassungsanspruchs nach § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB vorliegen. Danach kann derjenige, für dessen Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes weitere Beeinträchtigungen zu besorgen sind, vom Störer deren Unterlassung verlangen.
Für den Unterlassungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB kam es auf die konkrete Gefahr der Besorgnis für künftige Beeinträchtigungen des Eigentums der Kläger an. Diese Gefahr wurde hier durch eine bereits in der Vergangenheit eingetretene Beeinträchtigung als Wiederholungsgefahr indiziert. Der Unterlassungsanspruch ist über den Wortlaut des Gesetzes hinaus aber auch dann gegeben, wenn die Gefahr einer erstmaligen Beeinträchtigung (sog. Erstbegehungsgefahr) in Frage kommt. Und diese war hier der Fall. Denn indem die Beklagte bei der Sanierung der Straße 2008 die auch für sie als Hoheitsträger geltenden Vorschriften des Wasser- und Nachbarrechts über Veränderungen des Ablaufs wild abfließenden Wassers nicht beachtet hatte, hat sie die genannte Erstbegehungsgefahr für künftige Beeinträchtigungen des klägerischen Grundstücks begründet.
Der Verwertung des Gutachtens des Sachverständigen stand nicht entgegen, dass es aus dem Jahr 2013 stammte und damit vor Baumaßnahmen im Jahr 2019 an einer Straße, die in die hier maßgebliche Straße einmündet. Die Feststellungen zum Gefälle, zum Straßentiefpunkt und auch zur Frage hinreichender Dimensionierung von Entwässerungsmaßnahmen selbst blieben grundsätzlich auch nach den Baumaßnahmen 2019 zu berücksichtigen, insbesondere die Feststellungen zu vorhandener Entwässerung. Insofern waren die Entwässerungselemente wie Mulde, Rigole, Sickerrohr "zweifelsfrei nicht ausreichend groß bemessen", um übliche Niederschlagsmengen - nach den anerkannten Regeln der Technik sog. fünfjährige Regenereignisse - aufzunehmen.
Es waren keine Maßnahmen ergriffen worden, die ein Befahren oder Beparken der Versickerungsanlagen verhinderten, und der einfache Anschluss der Kastenrinne an der Grundstücksüberfahrt zu den Klägern an nur einen Sickerstrang war nicht für das hier im Tiefpunkt zu erwartende besondere Gefährdungspotential ausreichend. Da der Unterlassungsanspruch hier an die konkrete Erstbegehungsgefahr anknüpfte, kam es entgegen der Meinung der Beklagten nicht darauf an, ob es sich bei den von den Klägern behaupteten in der Vergangenheit bereits verwirklichten Beeinträchtigungen durch Wassereinbrüche 2010 und 2022 um sog. außergewöhnliche Naturereignisse handelte, die der Beklagten als Störerin nicht zurechenbar wären.
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