24.09.2025

Mieterhöhung: Was ist wohnwertmindernd und was ist nicht wohnwerterhöhend?

Eine wohnwertmindernde besonders Lärm belastete Lage liegt bei einer Zweizimmerwohnung auch dann vor, wenn nur eines der beiden Zimmer Fenster zur Lärmquelle aufweist. Kurze Entfernungen zum öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV) und zur Nahversorgung können in Anwendung des Berliner Mietspiegels 2024 nicht wohnwerterhöhend berücksichtigt werden.

AG Berlin-Mitte v. 11.9.2025 - 6 C 5023/25
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist Vermieterin der streitgegenständlichen Wohnung in Berlin. Die Beklagte ist die Mieterin. Die Wohnung misst 54,87 m² und liegt im Vorderhaus. Das Gebäude wurde im Jahr 1900 errichtet und befindet sich in guter Wohnanlage. Die derzeitige Miete beläuft sich auf 590 € (nettokalt). Eines der zwei Zimmer der Wohnung ist zu einer insgesamt sechsspurigen Straße ausgerichtet, die Straßenbahn verkehrt im Tag- und Nachtbetrieb. Der Fassadenpegel am Vorderhaus weist Werte von 67.9 dB(A) Gesamtlärm und 67.5 dB(A) Straßenverkehr auf. Mit Schreiben vom 6.12.2024 verlangte die Klägerin von den Beklagten die Zustimmung zur Erhöhung der Miete (nettokalt) auf 678,50 € mit Wirkung ab 1.3.2025. Zur Begründung verwies die Klägerin auf den Mietspiegel 2024. Die Beklagte stimmte nicht zu.

Die Klägerin behauptete, die kurzen Entfernungen zu öffentlichen Verkehrsmitteln und Supermärkten seien wohnwerterhöhend in Bezug auf das Umfeld der Wohnung zu berücksichtigen. Diese Umstände hätten bei der Lageeinordnung keine Berücksichtigung gefunden. Sie meinte, eine Lärmbelastung sei nicht wohnwertmindernd zu berücksichtigen, weil nur das Wohnzimmer zur Straße ausgerichtet sei.

Das AG hat die auf Zustimmung zur Mieterhöhung gerichtete Klage abgewiesen.

Die Gründe:
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zustimmung zu der begehrten Mieterhöhung gem. § 558 Abs. 1 BGB.

Zwar war das Mieterhöhungsverlangen von Dezember 2024 formell wirksam erklärt worden, § 558a Abs. 1 BGB. Insbesondere war die begehrte erhöhte Miete betragsmäßig ausgewiesen und zur Begründung auf den bei Ausspruch des Erhöhungsverlangens geltenden Mietspiegel verwiesen. Unter Anwendung des hier einschlägigen Berliner Mietspiegels 2024 beträgt die ortsübliche Vergleichsmiete allenfalls 10,39 €/m². Die zurzeit geleistete Miete liegt mit 10,77 €/m² bereits darüber. Die Kappungsgrenze von 15 % gem. § 558 Abs. 3 BGB i.V.m. Kappungsgrenzenverordnung Berlin würde mit der Erhöhung eingehalten werden.

Wohnwertmindernd fiel hier allerdings ins Gewicht, dass die Wohnung einer besonderen Lärmbelastung ausgesetzt ist. Dies ergibt sich bei Gesamtwertung unter Berücksichtigung der vielbefahrenen Straße, dem hohen Tram-Verkehr und dem unstreitigen Fassadenpegel am Vorderhaus. Dem stand nicht entgegen, dass nur eines der zwei Zimmer zum Vorderhaus ausgerichtet ist. Denn die erhebliche Lärmbelastung schränkt die Qualität der Wohnung ein. Straßenlärm stört regelmäßig das Wohnen selbst, wenn etwa Fenster nicht geöffnet werden können und die Mieterin durch den Lärm im Schlaf, bei der Arbeit oder sonstigen Tätigkeiten in der Wohnung gestört wird. Eine wohnwertmindernde besonders Lärm belastete Lage liegt bei einer Zweizimmerwohnung auch dann vor, wenn nur eines der beiden Zimmer Fenster zur Lärmquelle aufweist.

Dagegen hat die Klägerin kein wohnwerterhöhendes Merkmal in Bezug auf das Umfeld der Wohnung dargelegt. Insbesondere sind die kurzen Entfernungen zum öffentlichen Nahverkehr und zu Supermärkten nicht im Ergebnis als wohnwerthöhend zu sehen. Die besonders gute Anbindung und Versorgungslage wird ausweislich des Mietspiegels bereits bei der Lageeinordnung "gut" berücksichtigt. Es wird vollumfänglich auf das überzeugende Urteil des AG Lichtenberg, Urt. v. 4.2.2025 - 7 C 5099/24, verwiesen.

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Aufsatz
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Bastian Kiehn, MietRB 2025, 194
MIETRB0079427

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