28.09.2017

Mitverschulden von 25 % eines tödlich verunglückten Badegasts beim Turmsprung wegen offenkundiger Gefahr des Sprungbetriebs

Nimmt jemand trotz offenkundiger Gefährlichkeit (hier: gleichzeitiges Springen von allen Plattformen, sowie eigene Organisation der Sprungreihenfolge durch die Badegäste) am Sprungbetrieb von einem Sprungturm im Freibad teil, trifft ihn ein Mitverschulden. Auch wenn die Freigabe des Sprungbetriebs unter diesen Umständen fahrlässig ist.

OLG Stuttgart 21.9.2017, 2 U 11/17
Der Sachverhalt:
Die Kläger sind die Ehefrau und die zwei minderjährigen Kindes des tödlich verunglückten Badegastes bei einem Turmsprung. Der Beklagte zu 1) ist Pächter und Betreiber des Freibads. Der Beklagte zu 2) war der zum Unfallzeitpunkt vor Ort tätige und für die Aufsicht des Sprungbeckens zuständige Bademeister.

Das Freibad verfügt über einen Sprungturm mit drei übereinander liegenden Sprungplattformen in den Höhen 5, 7,5 und 10 m. Die höher liegenden Plattform überragt dabei die darunter liegende jeweils um 0,5 bis 1 m. Die Reihenfolge, in der die Badegäste aus den unterschiedlichen Höhen sprangen, regelten sie dort selbst untereinander durch Zurufe.

Am Unfalltag sprang der Ehemann der Klägerin von der 5m hohen Plattform, nachdem er gerufen hatte 5er springt. Kurz darauf sprang jedoch ein anderer Badegast aus 10 m Höhe, da er den Ruf des Klägers nicht vernommen hatte. Beim Eintauchen in das Becken prallte er mit seinen Schultern gegen den Kopf des auftauchenden Ehemanns der Klägerin. Dieser erlitt schwere Hirnverletzungen, an denen er schließlich verstarb.

Mit ihrer Klage machten die Kläger Beerdigungskosten und Unterhaltsansprüche geltend. Das LG hatte die Klageanträge im Grunde nach zu 100 Prozent für gerechtfertigt erklärt. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hatte vor dem OLG teilweise Erfolg.

Die Gründe:
Die Berufung der Beklagten ist teilweise begründet. Das Urteil des LG wird daher teilweise abgeändert.

Die Beklagten haben die sie treffende Verkehrssicherungspflicht verletzt. Sie haften daher dem Grund nach. Die Freigabe des Sprungbetriebs von allen drei Sprungplattformen gleichzeitig ist jedenfalls dann fahrlässig, wenn die Organisation der Sprungreihenfolge den Springern selbst überlassen wird. Aufgrund dessen, dass der tödlich verunglückte Ehemann der Klägerin aber trotz der offensichtlichen Gefahr am Sprungbetrieb teilgenommen hat, liegt jedoch ein Mitverschulden des Unfallopfers vor, welches mit 25 Prozent bewertet wird. Die Beklagten haften daher nur zu 75 Prozent.

OLG Stuttgart, Pressemitteilung vom 21.9.2017
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