01.03.2024

Nach der Trennung: Wer bekommt den Hund?

Bei der Zuweisung eines Familienhundes nach der Trennung der Eheleute analog § 1361 a BGB ist oberstes Entscheidungsprinzip das Tierwohl, wobei wichtigstes Kriterium die Frage der Hauptbezugsperson des Hundes ist, gefolgt von der Frage, wer sich am besten um das Tier kümmern kann und schließlich der Frage, wer das artgerechtere Umfeld bieten kann.

AG Marburg v. 3.11.2023 - 74 F 809/23 WH
Der Sachverhalt:
Die Beteiligten sind Eheleute, die sich vor geraumer Zeit getrennt haben. Sie hatten sich im September 2012 -kurz vor der Hochzeit - einen Hund (Berner-Sennenhund/Rottweiler - Mischlingsrüden) angeschafft, den der zukünftige Ehemann bezahlt hatte. Sie lebten dann bis zur zwischenzeitlich erfolgten Trennung gemeinsam mit dem Tier in einem Einfamilienhaus mit umzäuntem Gartengrundstück, in dem sich der Hund immer wieder, teilweise auch über längere Zeiträume von 2-3 Stunden, auch allein aufhielt.

Die Ehefrau zog im August 2023 aus, wobei sie, ohne vorherige Absprache mit ihrem Mann, den Hund mitnahm. Sie teilte ihrem Ex auch nicht ihre neue Anschrift in Bautzen mit. Der Ehemann verlangte die Herausgabe des Hundes und die vorläufige Zuweisung des Tieres während der Trennungszeit. Er behauptete, dass er die Hauptbezugsperson sei, da er in den letzten fünf Jahren wegen längerer Phasen der (jedenfalls teilweise krankheitsbedingten) Erwerbslosigkeit zum allergrößten Teil ganztägig zu Hause gewesen sei. Er war der Ansicht, dass es dem Tierwohl eher entspreche, wenn der Hund in sein früheres Zuhause zurückkehre.

Das AG hat dem Antrag des Ehemannes stattgegeben.

Die Gründe:
Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, dem Antragsteller, den Hund unverzüglich herauszugeben. Weiter wird sie verpflichtet, die in ihrem Besitz befindlichen, dem Hund zuzuordnenden Gegenstände, namentlich Impfpass, Leine und Geschirr/Halsband, Hundesteuermarke, Futternäpfe, Hundebett, Kuscheltiere, herauszugeben.

Zwar handelt es sich gem. § 90 a BGB bei einem Hund ausdrücklich nicht um eine Sache im Sinne des Gesetzes. Es ist jedoch in der Rechtsprechung anerkannt, dass die Regelung des § 1361 a BGB dennoch auch auf die Frage der Zuweisung von Haustieren während der Trennungszeit entsprechend anzuwenden ist, wobei jedoch bei der vorzunehmenden Billigkeitsentscheidung Kriterien zugrunde zu legen sind, die dem Umstand Rechnung tragen, dass es sich um ein Lebewesen handelt und dementsprechend Tierwohlkriterien ausschlaggebend sind. Bei der im Rahmen des § 1361 a BGB zu treffenden Zuweisungsentscheidung sind im Falle des Familienhundes insbesondere Aspekte des Tierwohls zu berücksichtigen. Dabei dürfte für den Hund, der sich bekanntermaßen eng an menschliche Bezugspersonen bindet, in erster Linie relevant sein, wer die Hauptbezugsperson des Tieres ist.

Im vorliegenden Fall ließ sich nicht eindeutig feststellen, dass einer der Beteiligten als Person bzw. "Rudelmitglied" für den Hund eine maßgeblich größere Bedeutung hat als der andere. Das Gericht war vielmehr davon überzeugt, dass beide eine gute und enge Bindung an das Tier haben und sich in der Vergangenheit auch beide adäquat um die Versorgung und Betreuung des Hundes gekümmert haben. Bei dieser Sachlage mussten zusätzliche andere Kriterien zur Entscheidung der Frage herangezogen werden, welche Zuweisungsvariante dem Wohl des Tieres hier am besten entspricht. Den entscheidenden Ausschlag zu Gunsten des Antragstellers hat dabei der Umstand gegeben, dass dieser - anders als die Antragsgegnerin - dem Hund einen Verbleib in seinem bisherigen gewohnten Umfeld ermöglichen kann.

Ein maßgebliches Kriterium war dabei der Umstand , dass nur im Haushalt des Antragstellers für den Hund die Möglichkeit besteht, sich auch frei draußen im Garten aufzuhalten. Es ist gerichtsbekannt, dass gerade die freie und unbeschränkte Nutzung eines hundesicher eingezäunten Gartens für das betreffende Tier einen ganz erheblichen Zuwachs an Lebensqualität bedeutet. Der Hund fühlt sich dort als Herrscher in seinem Revier, das er kontrollieren und gegebenenfalls auch bewachen kann. Dort kann er etwa auch Knochen verstecken und diesen nach einiger Zeit wieder ausgraben und dergleichen. Auch wenn der Hund krank ist oder aus sonstigen Gründen spät in der Nacht hinausgehen und sein "Geschäft" erledigen muss oder ähnliches, so ist dies jederzeit ohne große Schwierigkeiten zu ermöglichen, wenn der Hund einfach in den Garten gelassen werden kann. Entsprechendes gilt auch bei Krankheit der menschlichen Bezugsperson.

Mehr zum Thema:

Aufsatz:
Ausgewählte neuere Rechtsprechung zur Härtefallscheidung gem. § 1565 Abs. 2 BGB
Ernst Sarres, FamRB 2023, 297
FAMRB0056513

Kommentierung | BGB
§ 1565 Scheitern der Ehe
Preisner in Erman, BGB, 17. Aufl. 2023
09/2023

Aktionsmodul Familienrecht:
Online-Unterhaltsrechner mit jeweils den aktuellen Werten der Düsseldorfer Tabelle. Top Inhalte online: FamRZ und FamRZ-Buchreihe von Gieseking, FamRB von Otto Schmidt, "Gerhardt" von Wolters Kluwer und vielen Standardwerken. Inklusive Selbststudium nach § 15 FAO: Für Fachanwälte mit Beiträgen zum Selbststudium mit Lernerfolgskontrolle und Fortbildungszertifikat. 4 Wochen gratis nutzen!
LaReDa Hessen
Zurück