19.09.2025

Nachbarn müssen Hühner- und Bienenhaltung auf städtischem Wohngrundstück nicht dulden

Ob eine von einer Grundstücksbenutzung ausgehende Einwirkung auf das Nachbargrundstück wesentlich ist oder nicht, beurteile sich nicht nach dem subjektiven Empfinden des gestörten oder gar des störenden Eigentümers. Maßgeblich ist vielmehr das Empfinden eines verständigen durchschnittlichen Benutzers des beeinträchtigten Grundstücks. Die Haltung von Hähnen und Bienenvölkern auf einem städtischen Wohngrundstück beeinträchtigt auf jeden Fall Nachbarn in ihrem Eigentum und Besitz.

LG Köln v. 21.5.2025 - 13 S 202/23
Der Sachverhalt:
Die Kläger und der Beklagte sind Eigentümer benachbarter Wohngrundstücke in Köln. Diese sind bebaut mit Wohnhäusern nebst angrenzenden Gärten. Seit März 2021 hält der Beklagte - mit Unterbrechungen - in seinem Garten einen wechselnden Bestand an Hähnen und Hühnern. Zudem züchtet er in seinem Garten seit ungefähr 2019 als privates Hobby Bienenvölker. Hierzu stellte er in der Vergangenheit (nach und nach) zehn Bienenstöcke auf, die mit einem wechselnden Bestand an Bienen bestückt sind. Gegenwärtig hält der Beklagte drei "Kleinstvölker" zu je 2.000 bis 3.000 Bienen.

Die Parteien stritten zuletzt insbesondere über den Umfang der von den Hähnen und Hühnern ausgehenden Lärmimmissionen sowie der von den Bienen ausgehenden Beeinträchtigungen des klägerischen Grundstücks. Das AG gab der Klage insoweit statt, als es die Entfernung der auf dem Grundstück des Beklagten gehaltenen Hähne und Bienenvölker sowie die Unterlassung einer weiteren Haltung anordnete. Die weiteren Anträge der Kläger betreffend Hühnerrmist, gewerbsmäßiger Hühnerzucht als auch der begehrten Entfernung verschiedenster Bäume auf dem Grundstück des Beklagten wies es dagegen ab. Die hiergegen gerichtete Berufung vor dem LG blieb erfolglos. Die Entscheidung ist rechtskräftig.

Die Gründe:
Die Kläger haben als Eigentümer ihres Grundstücks einen Anspruch darauf, dass sie nicht gem. §§ 1004 Abs. 1 S. 1, 2, 906 Abs. 1, S. 2 BGB in ihrem Eigentum und Besitz beeinträchtigt werden.

Fest steht, dass Hähne zu völlig unterschiedlichen, nicht vorher bestimmbaren Zeiten krähen und diese kurzfristigen Impulse im Vergleich zu einem Dauergeräusch als wesentlich lästiger empfunden werden kann. Die Kläger sind nicht verpflichtet, diese Einwirkung auf ihr Grundstück zu dulden (§ 906 Abs. 1 S. 1 BGB). Es handelt sich somit nicht lediglich um eine "unwesentliche" Beeinträchtigung ihres Grundstücks.

Ob eine von einer Grundstücksbenutzung ausgehende Einwirkung auf das Nachbargrundstück wesentlich ist oder nicht, beurteile sich nicht nach dem subjektiven Empfinden des gestörten oder gar des störenden Eigentümers. Maßgeblich ist vielmehr das Empfinden eines verständigen durchschnittlichen Benutzers des beeinträchtigten Grundstücks. Ein städtisches Grundstück fungiert in der Regel als Rückzugsort der Ruhe und Erholung. Ein verständiger durchschnittlicher Benutzer eines solchen Grundstücks wird durch ein Hahnenkrähen in der Nutzung wesentlich beeinträchtigt. Eine Duldungsplicht der Kläger unter dem Gesichtspunkt einer ortsüblichen Nutzung des Beklagtengrundstücks war insofern abzulehnen.

Die Beeinträchtigung durch die Bienen ist ebenso gegeben. Gleichsam die Anwesenheit der Bienen und auch die Ausscheidungen derselben bzw. das Versterben vieler Bienen auf dem Grundstück der Kläger. Eine Beeinträchtigung ergab sich hier durch die unstreitig hohe Anzahl an Bienen und die Ausrichtung der Bienenstöcke sowie die Nähe zum Grundstück der Kläger als auch die Lichtbilder, die den verunreinigten Pool zeigt. Ferner hatte der Beklagte auch insoweit auch keine ausreichende "ortsübliche" Benutzung seines Grundstücks dargetan, die zu einer Duldungspflicht der Kläger hätte führen können.

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