12.09.2025

Nachträgliche Genehmigung einer vom Verwalter ohne Beschluss veranlassten Maßnahme

Bei der Beschlussfassung über die Beauftragung eines Rechtsanwalts müssen keine Alternativangebote anderer Rechtsanwälte vorliegen; dies gilt auch dann, wenn der Abschluss einer Honorarvereinbarung beabsichtigt ist. Entsprechendes gilt bei der Beauftragung von Gutachtern. Es steht im Ermessen der Wohnungseigentümer, im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung eine von dem Verwalter ohne Beschluss veranlasste Maßnahme nachträglich zu genehmigen. Eine derartige Genehmigung ist jedenfalls dann rechtmäßig, wenn die Maßnahme selbst ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht.

BGH v. 18.7.2025 - V ZR 76/24
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist Mitglied der beklagten Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE). Sie errichtete die Anlage als Bauträgerin. Im Jahr 2020 fand keine Eigentümerversammlung statt. Vor dem Hintergrund der im Oktober 2021 drohenden Verjährung beauftragte die Verwalterin im Frühjahr 2021 drei Sachverständige im Namen der GdWE mit der Begutachtung des Gemeinschaftseigentums. Die Sachverständigen stellten Baumängel fest, bezifferten den Beseitigungsaufwand mit rd. 470.000 € und berechneten für ihre Gutachten insgesamt rd. 50.000 €. Zudem beauftragte die Verwalterin im Namen der GdWE eine Rechtsanwaltskanzlei. Ein Beschluss der Wohnungseigentümer war den Auftragserteilungen jeweils nicht vorausgegangen.

In einer Eigentümerversammlung im Juli 2021 wurde zu TOP 6 u.a. beschlossen, die durch die Verwalterin erfolgte Einschaltung und Vergütung der Gutachter sowie die bisherigen Kosten der Rechtsanwaltskanzlei zu genehmigen. Unter TOP 7d wurde beschlossen, die Rechtsanwaltskanzlei zu beauftragen, gegenüber der Klägerin außergerichtlich und notfalls gerichtlich einen Anspruch auf Kostenvorschuss zur Beseitigung der sich aus den Gutachten ergebenden Mängel geltend zu machen und hierfür eine Sonderumlage zu erheben. Unter TOP 8 wurde die Verwaltung u.a. ermächtigt, mit der Anwaltskanzlei eine Vergütungsvereinbarung abzuschließen, deren Stundensätze 300 € netto je Anwaltsstunde und 150 € netto je Sekretariatsstunde nicht überschreiten dürfen.

Das AG wies die von der Klägerin erhobene Anfechtungsklage ab. Das LG gab der Klage teilweise statt und erklärte den Beschluss zu TOP 6 in dem genannten Umfang und die Beschlüsse zu TOP 7d und 8 insgesamt für ungültig erklärt. Auf die Revision der Beklagten hob der BGH das Urteil des LG auf und wies die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des AG insgesamt zurück.

Die Gründe:

Zu TOP 7d und TOP 8
Mit der von dem LG gegebenen Begründung können die zu TOP 7d und TOP 8 gefassten Beschlüsse über die Beauftragung der Rechtsanwaltskanzlei und Ermächtigung der Verwalterin zum Abschluss einer Vergütungsvereinbarung nicht für ungültig erklärt werden. Zutreffend sieht das LG allerdings darin, dass in dem Beschluss zu TOP 7d nur über die grundsätzliche Beauftragung der Rechtsanwaltskanzlei und nicht zugleich über die abzuschließende Honorarvereinbarung beschlossen wurde, keinen Widerspruch zur ordnungsmäßigen Verwaltung. Eine getrennte Beschlussfassung über die Beauftragung und die Vergütungsvereinbarung ist jedenfalls dann nicht zu beanstanden, wenn die Wohnungseigentümer beide Beschlüsse - wie hier - in derselben Wohnungseigentümerversammlung erörtern und fassen. Rechtsfehlerhaft ist jedoch die Annahme des LG, vor der Beschlussfassung hätten Alternativangebote anderer Rechtsanwaltskanzleien eingeholt werden müssen.

Ob es vor der Beschlussfassung über die Beauftragung eines Rechtsanwalts der Einholung von Vergleichsangeboten bedarf, ist allerdings umstritten. Nach einer Ansicht, der auch das LG folgt, müssen vor der Beauftragung eines Rechtsanwaltes - zumeist drei - Alternativangebote eingeholt werden. Nur ausnahmsweise könne hiervon abgesehen werden, nämlich dann, wenn die Beauftragung eine unwesentliche Angelegenheit mit geringen Kosten betreffe, der Rechtsanwalt nach den gesetzlichen Gebühren abrechne oder zu dem Rechtsanwalt ein Vertrauensverhältnis bestehe. Die Gegenmeinung verneint eine Pflicht zur Einholung von Vergleichsangeboten, da Alternativangebote bei der Beauftragung eines Rechtsanwalts nicht den Zweck erfüllen könnten, den Wohnungseigentümern die Stärken und Schwächen der Leistungsangebote aufzuzeigen. Der Senat entscheidet diese Streitfrage im Sinne der zuletzt genannten Auffassung: Bei der Beschlussfassung über die Beauftragung eines Rechtsanwalts müssen keine Alternativangebote anderer Rechtsanwälte vorliegen; dies gilt auch dann, wenn der Abschluss einer Honorarvereinbarung beabsichtigt ist. Entsprechendes gilt bei der Beauftragung von Gutachtern.

Zu TOP 6
Auch die zu TOP 6 beschlossene Genehmigung der Beauftragung und Vergütung der Gutachter und der Rechtsanwaltskanzlei kann mit der gegebenen Begründung nicht für ungültig erklärt werden.

Die Genehmigung entspricht ordnungsmäßiger Verwaltung. Die nachträgliche Genehmigung einer von dem Verwalter ohne Beschluss veranlassten Maßnahme ist im Ausgangspunkt nicht schon grundsätzlich zu beanstanden. Nach vereinzelter Ansicht, die auch das LG im Ausgangspunkt vertritt, soll allerdings aus der nunmehr gegebenen Vertretungsmacht des Verwalters im Außenverhältnis folgen, dass eine nachträgliche Genehmigung nur dazu dienen könne, dem Verwalter im Innenverhältnis "Absolution" zu erteilen, was grundsätzlich unzulässig sei. Das trifft nicht zu. Es steht vielmehr im Ermessen der Wohnungseigentümer, im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung eine von dem Verwalter ohne Beschluss veranlasste Maßnahme nachträglich zu genehmigen. Es steht der Eigentümerversammlung frei, Entscheidungen an sich zu ziehen. Die nachträgliche Genehmigung schafft jedenfalls im Binnenverhältnis der Wohnungseigentümer im Nachhinein eine verlässliche Grundlage für die Maßnahme.

Unter welchen Voraussetzungen sich die Genehmigung einer von dem Verwalter ohne Beschluss veranlassten Maßnahme als rechtmäßig erweist, ist nicht abschließend geklärt. Vertreten wird, dass nur die Genehmigung für sich genommen ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen müsse. Andere halten es für erforderlich, dass die genehmigte Maßnahme "als solche" ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. Teils wird sogar gefordert, es müssten nachträglich Alternativangebote eingeholt werden. Ob auf die Genehmigung selbst oder auch auf die ursprüngliche Maßnahme abzustellen ist, dürfte entscheidend davon abhängen, wie sich die nachträgliche Genehmigung auf die Haftung des Verwalters auswirkt. Verschlechtert die Genehmigung bei einer erkennbaren Pflichtverletzung die Aussicht auf eine erfolgreiche Inanspruchnahme des Verwalters, wird sie mit den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung unvereinbar sein. Einer abschließenden Entscheidung bedarf es hier indes nicht. Die nachträgliche Genehmigung einer ohne Beschlussfassung vom Verwalter veranlassten Maßnahme ist nämlich jedenfalls dann rechtmäßig, wenn die Maßnahme selbst ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht.

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