29.09.2025

Noch nicht gezeugte Person kann Inhaberin eines Grundpfandrechts sein

Eine noch nicht gezeugte Person kann Inhaberin eines - durch ihre Lebendgeburt bedingten - Grundpfandrechts sein und ein solches erwerben. Daher ist die Eintragung eines Grundpfandrechts zugunsten noch nicht gezeugter Nachkommen in das Grundbuch nicht inhaltlich unzulässig im Sinne von § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO.

BGH v. 26.6.2025 - V ZB 48/24
Der Sachverhalt:
Die 1960 geborene Antragstellerin ist seit dem Jahr 1987 Eigentümerin des im Eingang des Beschlusses bezeichneten Grundbesitzes. Sie ist Vorerbin ihrer im Jahr 2003 verstorbenen Mutter (nachfolgend: Erblasserin). Nacherben sind laut Erbschein "die Kinder der Vorerbin, ersatzweise ihre Geschwister [die Beteiligten zu 2 und 3]". Die Nacherbfolge tritt mit dem Tod der Antragstellerin ein.

Im Jahr 2006 trug das Grundbuchamt auf Grund einer Bewilligung der Antragstellerin, aus der sich auch ihre Kinderlosigkeit zu diesem Zeitpunkt ergab, eine brieflose Grundschuld über 187.000 € in das Grundbuch ein. Gläubiger der Grundschuld sind laut eingetragenem Vermerk die "Nacherben der [Erblasserin]. Diese sind die Kinder [der Antragstellerin] ..., ersatzweise [die Beteiligte zu 2], ..., und [der Beteiligte zu 3], ..., in Erbengemeinschaft". Hintergrund dieser Grundschuldbestellung war nach Darstellung der Antragstellerin, dass sie im Jahre 2003 ein zum Nachlass gehörendes Grundstück unter der vormundschaftsgerichtlichen Auflage verkauft habe, den Kaufpreis mündelsicher anzulegen. Die Grundschuld sei an dem nicht zum Nachlass gehörenden Grundstück der Antragstellerin bestellt worden, um diese Auflage zu erfüllen.

Unter Beifügung notariell beglaubigter Löschungsbewilligungen der Beteiligten zu 2 und 3 hat die Antragstellerin die Löschung der eingetragenen Grundschuld beantragt und an Eides statt versichert, weder leibliche noch an Kindes statt angenommene Kinder zu haben.

Das Grundbuchamt hat der Antragstellerin aufgegeben, eine Löschungsbewilligung von einem für etwaige unbekannte Nacherben zu bestellenden Pfleger beizubringen. Dem ist die Antragstellerin nicht nachgekommen. Das AG - Grundbuchamt - hat daraufhin den Löschungsantrag zurückgewiesen.

Die dagegen gerichtete Beschwerde der Antragstellerin hat das OLG zurückgewiesen. Eine Löschung gemäß § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO scheide aus, weil es sich bei der eingetragenen Grundschuld um eine ihrem Inhalt nach zulässige Eintragung handele. Es sei grundbuchrechtlich zulässig, ein Grundpfandrecht für noch nicht gezeugte Nachkommen (nondum concepti) einzutragen.

Der BGH hat die dagegen erhobene Rechtsbeschwerde zurückgewiesen.

Die Gründe:
Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Zu Recht hat das Beschwerdegericht es abgelehnt, das Grundbuchamt zur Löschung der Grundschuld anzuweisen. Zutreffend nimmt das Beschwerdegericht an, dass die Eintragung der Grundschuld zugunsten der Nacherben der Erblasserin inhaltlich zulässig und daher nicht gemäß § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO zu löschen ist.

Die eingetragene Grundschuld verlautbart ein Recht, das zugunsten der "Kinder" der Antragstellerin als Nacherben der Erblasserin bestehen und daher zulässigerweise auch in das Grundbuch eingetragen werden kann.

Uneinigkeit besteht darüber, ob die Eintragung einer Grundschuld für noch nicht gezeugte Personen - wie hier die "Kinder" der Antragstellerin als Nacherben der Erblasserin - inhaltlich zulässig ist. Die Beantwortung dieser Rechtsfrage hängt auf Grund der dienenden Funktion des Grundbuchrechts (vgl. BGH v. 4.12.2008 - V ZB 74/08) davon ab, ob noch nicht gezeugte Personen nach materiellem Recht eine Grundschuld erwerben können. Dies wird - vornehmlich im Hinblick auf die Möglichkeit eines Hypothekenerwerbs - in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beantwortet.

Der Senat entscheidet die Rechtsfrage wie folgt: Eine noch nicht gezeugte Person kann Inhaberin eines - durch ihre Lebendgeburt bedingten - Grundpfandrechts sein und ein solches erwerben. Daher ist die Eintragung eines Grundpfandrechts zugunsten noch nicht gezeugter Nachkommen in das Grundbuch nicht inhaltlich unzulässig im Sinne von § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO.

Zutreffend geht das Beschwerdegericht weiter davon aus, dass die Voraussetzungen für eine Löschung der eingetragenen Grundschuld im Wege der Grundbuchberichtigung nicht vorliegen. Nach dem in § 22 Abs. 1 Satz 1 GBO niedergelegten Grundsatz bedarf es zur Berichtigung des Grundbuchs entweder einer Bewilligung nach § 19 GBO der durch die beabsichtigte Eintragung - zu der auch eine Löschung gehört - Betroffenen oder des Nachweises der Unrichtigkeit des Grundbuchs. Beides liegt nicht vor.

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