13.11.2023

Ohne Baugenehmigung wird aus Eigenbedarf eine unzulässige Vorratskündigung

Ist eine Baugenehmigung erforderlich und entscheidet sich der Vermieter, diese nicht einzuholen, stellt sich die Kündigung wegen Eigenbedarfes als unzulässige Vorratskündigung dar. Ein Vermieter darf erst dann kündigen, wenn seine Planung ein Stadium erreicht hat, in dem beurteilt werden kann, ob die Verwirklichung des Planes eine Kündigung rechtfertigt.

AG Hamburg v. 26.10.2023 - 49 C 294/22
Der Sachverhalt:
Die Beklagte ist 1998 Mieterin einer Wohnung der Klägerin in Hamburg. Die Netto-Kalt-Miete betrug zuletzt rund 1.400 €. Am 26.7.2021 kündigte die Klägerin das Mietverhältnis ordentlich und fristgerecht zum 31.7.2022 wegen Eigenbedarfs für den Gesellschafter H., der das gesamte Haus mit den drei dort vorhandenen Wohnungen zukünftig mit seiner Familie, d.h. seiner Frau und drei Kindern, als Einfamilienhaus nutzen wolle. Hierzu würden die verschließbaren Wohnungseingangstüren entfernt, Badezimmertüren wieder eingesetzt werden, so dass letztlich der ursprüngliche Zustand des Gebäudes, bei dem es sich nach der Erbauung zunächst um ein Einfamilienhaus gehandelt hatte, wiederhergestellt werde. Die Beklagte widersprach der Kündigung und verlangte nach den §§ 574 ff BGB die Fortsetzung des Mietverhältnisses auf unbestimmte Zeit.

Eine Baugenehmigung wurde von der Klägerin weder vor der Kündigung noch nachfolgend beantragt. Sie war der Ansicht, dass es einer Baugenehmigung für den Umbau in ein Einfamilienhaus nicht bedarf, da es sich der Sache nach um einen Rückbau handele und im Übrigen auch keine Auflagen etwa zu einem zweiten Rettungsweg zu erwarten seien. Ebenso wenig bedürfe es statischer Eingriffe, da davon auszugehen sei, dass es insoweit bei dem Umbau zu einem Mehrfamilienhaus keine Veränderungen gegeben habe.

Das AG hat die Räumungsklage abgewiesen.

Die Gründe:
Ein Räumungsanspruch der Klägerin nach den §§ 546 Abs. 1 und 2, 573 Abs. 2 BGB bestand nicht, da es an einer wirksamen ordentlichen Kündigung wegen Eigenbedarfes fehlte. Es handelte sich vielmehr um eine unzulässige Vorratskündigung, da die Klägerin für den Umbau eine Baugenehmigung benötigte und zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung nicht beabsichtigt hatte, diese einzuholen.

Ist eine Baugenehmigung erforderlich und entscheidet sich der Vermieter, diese nicht einzuholen, stellt sich die Kündigung wegen Eigenbedarfes als unzulässige Vorratskündigung dar. Denn ohne entsprechende Genehmigung ist der Umbau in ein Einfamilienhaus nicht in rechtlich zulässiger Weise umsetzbar. Ein Vermieter darf erst dann kündigen, wenn seine Planung ein Stadium erreicht hat, in dem beurteilt werden kann, ob die Verwirklichung des Planes eine Kündigung rechtfertigt.

Die Ausnahmeregelung des § 64 HBauO kam nicht in Betracht, da diese in Abs. 1 die Beteiligung einer Baudienststelle des Bundes voraussetzt, die vorliegend erkennbar nicht gegeben war. Ebenso wenig handelte es sich um fliegende Bauten i.S.v. § 66 HBauO. Insofern kam allein die Ausnahme des § 60 HBauO in Frage, die dort in Abs. 2 auf die Anlage 2 zu dem Gesetz Bezug nimmt. Ausgenommen sind nach dieser Anlage 2 unter Ziff. IV. beispielsweise Instandhaltungsarbeiten, um die es sich allerdings bei dem Umbau in ein Einfamilienhaus offensichtlich nicht handelt.

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