17.06.2025

Persönlichkeitsrechtsverletzung im Internet: Zuständigkeit der deutschen Gerichte?

Beruft sich eine weder in Deutschland, noch im EU-Ausland ansässige juristische Person auf eine Verletzung des - ihr nicht zustehenden - Unternehmenspersönlichkeitsrechts, trägt sie keine schlüssigen Tatsachen für das Vorliegen der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte vor. Die Klage ist dann vor jeder Sachprüfung als unzulässig abzuweisen.

LG Karlsruhe v. 12.6.2025, 22 O 10/24
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine 2023 in Dubai gegründete L.L.C. Zweck der Gesellschaft sind Immobiliengeschäfte einschließlich der Immobilienverwaltung und -betreuung. Die Klägerin betreibt ihre Geschäfte in den Vereinigten Arabischen Emiraten, wo die von ihr angebotenen Immobilien liegen. Inzwischen ist es zu einem Zerwürfnis zwischen den Beteiligten gekommen, wobei die Ursachen dafür im Streit stehen. In der Folge hat die Beklagte bei Instagram mehrere Posts abgesetzt, die Klagegegenstand geworden sind.

Die Klägerin hielt das angerufene Gericht nach den Grundsätzen der BGH-Entscheidung vom 2.3.2010 (VI ZR 23/09 - New York Times) für international und wegen der Abrufbarkeit der streitgegenständlichen Äußerungen im Internet und damit auch im hiesigen Gerichtsbezirk für örtlich zuständig. Sie sei rechts- und parteifähig aufgrund einer vom Sitzland ausgestellten Commercial License. Die gegen die konkrete Verletzungsform zulässig gestellten Unterlassungsanträge seien wegen Verletzung ihres Unternehmenspersönlichkeitsrechts begründet.

Die Beklagte hat nach ihrem Vortrag Wohnsitze in Monaco und den VAE. Sie rügte die internationale und örtliche Zuständigkeit des Gerichts. Keine der beiden Streitparteien habe einen zuständigkeitsbegründenden Bezug zu Deutschland.

Das LG hat die Klage wegen fehlender internationaler Zuständigkeit deutscher Gerichte als unzulässig abgewiesen.

Die Gründe:
Eine internationale Zuständigkeit nach Art. 7 Nr. 2 Brüssel Ia-VO war hier nicht geltend gemacht worden und lag auch nicht vor. Auch eine internationale Zuständigkeit auf der Grundlage von §§ 12 ff. ZPO, insbesondere nach § 32 ZPO, kam hier nicht in Betracht.

Insbesondere ist zur Begründung der Zuständigkeit erforderlich, dass der Kläger schlüssig Tatsachen behauptet, aus denen sich das Vorliegen einer im Gerichtsbezirk begangenen unerlaubten Handlung ergibt. Soweit zuständigkeits- und anspruchsbegründende Tatsachen zusammenfallen (Doppelrelevanz), ist die Klage bei deren Nichtvorliegen unbegründet, nicht nur unzulässig. Anders liegt es hingegen, wenn die (unterstellten) Tatsachen - ihr Vorliegen unterstellt - bei zutreffender rechtlicher Würdigung schon nicht alle Tatbestandsmerkmale der Deliktsnorm erfüllen. Dann fehlt es bereits an der internationalen Zuständigkeit. Die fehlende Schlüssigkeit des Vorbringens führt in diesem Falle nicht zur bloßen Unbegründetheit der Klage, sondern, weil schon keine schlüssigen zuständigkeitsbegründenden Umstände vorgetragen sind, zu ihrer Unzulässigkeit.

Und so lag der Fall hier. Der Vortrag der Klägerin war insoweit unschlüssig. Da sie sich nicht auf ein Unternehmenspersönlichkeitsrecht nach deutscher Rechtsordnung berufen konnte, konnte sie folglich in einem solchen auch nicht verletzt sein. Das sog. Unternehmenspersönlichkeitsrecht ist im deutschen Recht durch §§ 1004 Abs. 1, 823 BGB analog i.V.m. Art. 2 Abs. 1, 19 Abs. 3 GG geschützt. Es ist anerkannt, dass juristische Personen Persönlichkeitsschutz genießen, soweit sie aus ihrem Wesen als Zweckschöpfung des Rechts und ihren Funktionen dieses Rechtsschutzes bedürfen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn und soweit sie in ihrem sozialen Geltungsanspruch in ihrem Aufgabenbereich betroffen sind.

Nach Art. 19 Abs. 3 GG gelten die Grundrechte allerdings nur für inländische juristische Personen. Hierbei ist der effektive Sitz der Gesellschaft entscheidend. Eine Anwendungserweiterung über das Diskriminierungsverbot des Art. 18 AEUV oder spezielle Gleichheitssätze findet nur für juristische Personen mit Sitz im EU-Ausland statt. Daher gilt auch das unmittelbar aus dem Grundgesetz entwickelte Unternehmenspersönlichkeitsrecht nur für inländische und EU-ausländische juristische Personen. Soweit ersichtlich, hat auch die Instanzrechtsprechung eine Erstreckung auf Unternehmen aus dem Nicht-EU-Ausland nicht vorgenommen.

Die Klägerin hat ihren Sitz in den VAE. Auf den Schutz der deutschen Grundrechte konnte sie sich nicht berufen, mithin auch nicht auf das aus der Verfassung abgeleitete Unternehmenspersönlichkeitsrecht als absolutes Recht i.S.v. § 823 Abs. 1 BGB.

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