Positives Nutzen-Risiko-Verhältnis: Klagen gegen Corona-Impfstoffhersteller abgewiesen
LG Saarbrücken v. 22.5.2025 - 16 O 223/22 u.a.
Der Sachverhalt:
Die Kläger hatten jeweils geltend gemacht, durch die Impfung mit den von den jeweiligen Beklagten entwickelten und auf den Markt gebrachten mRNA-Impfstoffen teilweise erhebliche Gesundheitsschädigungen erlitten zu haben. Neben Ansprüchen auf Schmerzensgeld und Schadensersatz waren auch Ansprüche auf Auskunftserteilung, etwa über Wirkungen, Neben- und Wechselwirkungen sowie über bekannt gewordene Verdachtsfälle, Gegenstand der Klagen.
Die Beklagten hatten sich in den Prozessen im Wesentlichen auf ein sog. positives Nutzen-Risiko-Verhältnis berufen. Darüber hinaus hatten die Beklagten bestritten, dass zwischen der Impfung und den vorgetragenen Beschwerden ein Ursachenzusammenhang besteht.
Das LG sah in allen Fällen die Voraussetzungen für eine Haftung der Beklagten nicht als gegeben (Urteile v. 22.5.2025 - 16 O 223/22, 16 O 48/23, 16 O 103/23, 16 O 112/23, 16 O 122/23, 16 O 138/23, 16 O 154/23, 16 O 64/24). Den Klägern steht gegen die Entscheidungen das Rechtsmittel der Berufung zum OLG zu.
Die Gründe:
Eine Haftung nach dem Arzneimittelgesetz kommt zunächst nur für Schäden in Betracht, die durch ein fehlerhaftes Arzneimittel entstanden sind. Dass die Impfstoffe der Beklagten fehlerhaft sind, haben die Kläger aber nicht nachgewiesen. Die insoweit gebotene Nutzen-Risiko-Abwägung, die sich nicht am Einzelnen, sondern am gesamten durch den Impfstoff angesprochenen Adressatenkreis auszurichten hat, bietet gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass bei den Impfstoffen der Beklagten ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis anzunehmen ist. Dies ergibt sich insbesondere aus den Feststellungen der europäischen Behörden über die Zulassung der Impfstoffe, die für die deutschen Gerichte bindend sind (Tatbestandswirkung), jedenfalls aber eine starke Indizwirkung haben.
Eine Haftung aus dem Arzneimittelgesetz für Schäden infolge einer nicht den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft entsprechenden Kennzeichnung, Fachinformation oder Gebrauchsinformation kommt ebenfalls nicht in Betracht. Es wurde nicht zur Überzeugung des Gerichts dargetan, dass die Kläger sich nicht hätten impfen lassen, wenn in den Produktinformationen der Beklagten andere Informationen enthalten gewesen wären. Dies gilt auch deshalb, weil in den Gebrauchsinformationen der Beklagten durchaus erhebliche und schwere mögliche Nebenwirkungen wie etwa Myokarditis oder Perikarditis aufgeführt waren. Entscheidend ist dabei auf den damaligen Zeitpunkt über die Impfentscheidung abzustellen.
Auch ein Auskunftsanspruch nach § 84 AMG besteht nicht. Der Auskunftsanspruch nach dem Arzneimittelgesetz dient nämlich der Durchsetzung eines Anspruchs aus Arzneimittelhaftung, kann aber nicht gleichzeitig mit diesem Anspruch geltend gemacht werden.
Für eine sonstige Haftung aus Delikt besteht mangels Verschuldens der Beklagten ebenfalls keine Grundlage.
Ob der Einsatz der Impfstoffe für die gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Kläger ursächlich war, kann daher hier ausdrücklich offen bleiben.
Mehr zum Thema:
Aufsatz
Schadensersatzansprüche bei Impfschäden (COVID 19)
Rüdiger Martis / Martina Winkhart-Martis, MDR 2025, 422
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Gemeinsame Pressestelle (SOLG)
Die Kläger hatten jeweils geltend gemacht, durch die Impfung mit den von den jeweiligen Beklagten entwickelten und auf den Markt gebrachten mRNA-Impfstoffen teilweise erhebliche Gesundheitsschädigungen erlitten zu haben. Neben Ansprüchen auf Schmerzensgeld und Schadensersatz waren auch Ansprüche auf Auskunftserteilung, etwa über Wirkungen, Neben- und Wechselwirkungen sowie über bekannt gewordene Verdachtsfälle, Gegenstand der Klagen.
Die Beklagten hatten sich in den Prozessen im Wesentlichen auf ein sog. positives Nutzen-Risiko-Verhältnis berufen. Darüber hinaus hatten die Beklagten bestritten, dass zwischen der Impfung und den vorgetragenen Beschwerden ein Ursachenzusammenhang besteht.
Das LG sah in allen Fällen die Voraussetzungen für eine Haftung der Beklagten nicht als gegeben (Urteile v. 22.5.2025 - 16 O 223/22, 16 O 48/23, 16 O 103/23, 16 O 112/23, 16 O 122/23, 16 O 138/23, 16 O 154/23, 16 O 64/24). Den Klägern steht gegen die Entscheidungen das Rechtsmittel der Berufung zum OLG zu.
Die Gründe:
Eine Haftung nach dem Arzneimittelgesetz kommt zunächst nur für Schäden in Betracht, die durch ein fehlerhaftes Arzneimittel entstanden sind. Dass die Impfstoffe der Beklagten fehlerhaft sind, haben die Kläger aber nicht nachgewiesen. Die insoweit gebotene Nutzen-Risiko-Abwägung, die sich nicht am Einzelnen, sondern am gesamten durch den Impfstoff angesprochenen Adressatenkreis auszurichten hat, bietet gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass bei den Impfstoffen der Beklagten ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis anzunehmen ist. Dies ergibt sich insbesondere aus den Feststellungen der europäischen Behörden über die Zulassung der Impfstoffe, die für die deutschen Gerichte bindend sind (Tatbestandswirkung), jedenfalls aber eine starke Indizwirkung haben.
Eine Haftung aus dem Arzneimittelgesetz für Schäden infolge einer nicht den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft entsprechenden Kennzeichnung, Fachinformation oder Gebrauchsinformation kommt ebenfalls nicht in Betracht. Es wurde nicht zur Überzeugung des Gerichts dargetan, dass die Kläger sich nicht hätten impfen lassen, wenn in den Produktinformationen der Beklagten andere Informationen enthalten gewesen wären. Dies gilt auch deshalb, weil in den Gebrauchsinformationen der Beklagten durchaus erhebliche und schwere mögliche Nebenwirkungen wie etwa Myokarditis oder Perikarditis aufgeführt waren. Entscheidend ist dabei auf den damaligen Zeitpunkt über die Impfentscheidung abzustellen.
Auch ein Auskunftsanspruch nach § 84 AMG besteht nicht. Der Auskunftsanspruch nach dem Arzneimittelgesetz dient nämlich der Durchsetzung eines Anspruchs aus Arzneimittelhaftung, kann aber nicht gleichzeitig mit diesem Anspruch geltend gemacht werden.
Für eine sonstige Haftung aus Delikt besteht mangels Verschuldens der Beklagten ebenfalls keine Grundlage.
Ob der Einsatz der Impfstoffe für die gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Kläger ursächlich war, kann daher hier ausdrücklich offen bleiben.
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