24.11.2025

Post- und E-Mail-Adresse des Vaters in den USA reicht für Sorgerecht

Es stellt kein tatsächliches Hindernis an der Ausübung der elterlichen Sorge dar, wenn ein Vater, der am Wohnsitz seiner Eltern in den USA gemeldet ist, über dort eingehende Post sowie per E-Mail erreichbar ist und auf gerichtliche Anfragen innerhalb kürzester Zeit reagiert.

OLG Karlsruhe v. 16.10.2025 - 20 WF 49/25
Der Sachverhalt:
Die Parteien sind miteinander verheiratet. Aus ihrer Ehe ist ein heute dreijähriges Kind hervorgegangen. Die Eltern leben seit Januar 2024 getrennt. Der Antragsgegner ist in die USA zurückgekehrt und lebt dort bei seinen Eltern. Das Kind lebt bei der Antragstellerin. Sie hatte beim AG beantragt, das Ruhen der elterlichen Sorge des Antragsgegners festzustellen. Sie habe zuletzt die Einwilligungen für wichtige behördliche Maßnahmen wie etwa die Anmeldung zum Kindergarten nur nach "wochenlangem Erinnern und Bitten" vom Antragsgegner erhalten. Sie befürchte, dass er auch die Zustimmung für den bereits im letzten Sommer gebuchten Urlaub verweigern werde. Im Übrigen habe der Antragsgegner schon vor der Trennung nie besonders viel Interesse an dem Kind gezeigt.

Das AG hat die Übermittlung der Antragsschrift an den Antragsgegner unter der mitgeteilten Anschrift in Florida veranlasst und ihn zudem per Mail kontaktiert. Dieser hat sich noch am selben Tag per Mail zurückgemeldet und zum Ausdruck gebracht, mit der beantragten Feststellung des Ruhens der elterlichen Sorge nicht einverstanden zu sein. Auch auf die weitere E-Mail des Gerichts hat der Antragsgegner zeitnah per Mail geantwortet und betont, auch für die Antragstellerin jederzeit per E-Mail erreichbar zu sein.

Das AG hat daraufhin die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für die Antragstellerin abgelehnt. Der Antragsgegner sei an der Ausübung der elterlichen Sorge nicht gehindert. Hiergegen richtete sich die sofortige Beschwerde der Antragstellerin. Bei der aktenkundigen Anschrift in Florida handele es sich um die Anschrift der Eltern des Antragsgegners. Dieser befinde sich aktuell jedoch nach eigenen Angaben irgendwo im asiatischen Raum. Im Übrigen werde bezweifelt, dass eine E-Mail-Adresse ausreiche, um die elterliche Sorge ausüben zu können.

Das OLG hat die sofortige Beschwerde der Antragstellerin zurückgewiesen.

Die Gründe:
Ein tatsächliches Ausübungshindernis besteht, wenn ein Elternteil die gesamte elterliche Sorge oder Teilbereiche davon nicht selbst wahrnehmen kann. Davon ist nur dann anzunehmen, wenn für den betroffenen Elternteil eine Steuerungsmöglichkeit praktisch nicht mehr besteht.

Auslandsaufenthalte eines Elternteils führen nicht zwangsläufig zu einem tatsächlichen Hindernis im vorstehenden Sinne, da aufgrund moderner Kommunikationsmittel (Internet und Handy/Satellitentelefon) die Möglichkeit des internen Kontakts weiterbesteht. Bei langfristiger Abwesenheit von der Familie ist deswegen entscheidend darauf abzustellen, ob dem Elternteil die Möglichkeit verblieben ist, entweder im Wege der Aufsicht oder durch jederzeitige Übernahme der Personen- und Vermögenssorge zur eigenverantwortlichen Ausübung zurückzukehren. Ob dieses der Fall ist, hängt entscheidend von den besonderen Umständen des Einzelfalles ab.

Infolgedessen war auf Seiten des Antragsgegners ein tatsächliches Hindernis an der Ausübung der elterlichen Sorge nicht feststellbar. Der Antragsgegner war offensichtlich über die aktenkundige Adresse in Florida postalisch erreichbar, auch wenn er sich derzeit aus beruflichen Gründen nicht dort aufhält. Über eingehende Post wird der Antragsgegner offenbar von seinen Eltern zeitnah informiert. Darüber hinaus ist der Antragsgegner - wie der bisherige Verfahrensverlauf zeigte - über die der Antragstellerin bekannte E-Mail-Adresse ohne weiteres erreichbar und hat auf gerichtliche Anfragen innerhalb kürzester Zeit reagiert. Der Antragsgegner ist mithin offensichtlich zur eigenverantwortlichen Ausübung der Personen- und Vermögenssorge - trotz des Auslandsaufenthalts - in der Lage.

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