19.02.2020

Prozess verloren - Verwalter darf Verfahrenskosten aus dem Gemeinschaftsvermögen entnehmen

Der Verwalter, der verurteilt worden ist, einem Wohnungseigentümer die Zustimmung zur Veräußerung seines Wohnungseigentums gemäß § 12 Abs. 1 WEG zu erteilen, muss die Kosten des Rechtsstreits im Innenverhältnis zu den übrigen Wohnungseigentümern nicht selber tragen. Er darf die Kosten eines Verfahrens nach § 12 Abs. 1 WEG jedenfalls dann aus dem Gemeinschaftsvermögen entnehmen, wenn der Verwaltervertrag ihn dazu ermächtigt.

BGH v. 18.10.2019 - V ZR 188/18
Der Sachverhalt:
Der Beklagte war bis Ende 2014 Verwalter der klagenden Wohnungseigentümergemeinschaft. In der Teilungserklärung ist geregelt, dass die Veräußerung von Wohnungseigentum der Zustimmung des Verwalters bedarf. Der Beklagte hatte in der Vergangenheit drei Wohnungseigentümern die Zustimmung zur Veräußerung ihres Wohnungseigentums verweigert. Auf deren Klagen wurde er jeweils zur Erteilung der Zustimmung verurteilt. Die Kosten der Verfahren wurden ihm auferlegt. Zum Ausgleich dieser Kosten entnahm der Beklagte daraufhin Geldbeträge i.H.v. 3.981 € im Jahr 2014 und i.H.v. 9.636 € im Jahr 2015 aus dem Gemeinschaftsvermögen.

Die klagende Wohnungseigentümergemeinschaft verlangte Rückzahlung dieser Beträge. Das AG gab der Klage statt. Die Berufung des Beklagten blieb erfolglos. Auf die Revision des Beklagten hat der BGH die Entscheidungen aufgehoben und die Sache zurückgewiesen.

Gründe:
Mit der von dem Berufungsgericht gegebenen Begründung lässt sich ein Rückzahlungsanspruch der Klägerin aus § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht bejahen. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts stellt die Entnahme der Geldbeträge aus dem Gemeinschaftsvermögen nicht schon deswegen eine Pflichtverletzung nach § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB dar, weil der Beklagte von vorneherein keine Erstattung der Verfahrenskosten verlangen könnte.

Der Verwalter, der verurteilt worden ist, einem Wohnungseigentümer die Zustimmung zur Veräußerung seines Wohnungseigentums gem. § 12 Abs. 1 WEG zu erteilen, muss die Kosten des Rechtsstreits im Innenverhältnis zu den übrigen Wohnungseigentümern nicht selber tragen. Er hat, weil er für und im Interesse der übrigen Wohnungseigentümer tätig geworden ist, einen Ersatzanspruch jedenfalls unter dem Gesichtspunkt einer Geschäftsbesorgung (§ 675 Abs. 1, § 670 BGB). Anders als das Berufungsgericht meinte, schließt § 16 Abs. 8 WEG den Ersatzanspruch nicht aus. Zweck der Vorschrift ist es vielmehr, den Vorrang der gerichtlichen Kostenentscheidung zu sichern. Aus ihr folgt nur, dass im Innenverhältnis zwischen veräußernden und verbleibenden Wohnungseigentümern der veräußernde Wohnungseigentümer nicht entgegen der Entscheidung des Gerichts mit Kosten belastet werden darf.

Der Verwalter darf die Kosten eines Verfahrens nach § 12 Abs. 1 WEG jedenfalls dann aus dem Gemeinschaftsvermögen entnehmen, wenn der Verwaltervertrag ihn - wie hier - dazu ermächtigt. Die Entnahme der Verfahrenskosten aus dem Gemeinschaftsvermögen war auch nicht deshalb i.S.d. § 280 Abs. 1 BGB pflichtwidrig, weil der Beklagte die gegen ihn geführten Prozesse verloren hat. Der Umstand, dass er zur Erteilung der Zustimmung gem. § 12 Abs. 1 WEG verurteilt worden ist, bedeutet nicht ohne weiteres, dass er bei deren Verweigerung pflichtwidrig gehandelt hat. Dies schließt nämlich nicht aus, dass der Verwalter aus der maßgeblichen ex-ante-Sicht im Zeitpunkt seiner Entscheidung nach sorgfältiger Prüfung der Umstände zu der Auffassung gelangen durfte, dass ein wichtiger Grund zur Versagung der Zustimmung nach § 12 Abs. 2 WEG vorliegt. Das Risiko einer abweichenden Beurteilung durch das Prozessgericht ist dem Verwalter nicht zuzuweisen.

Infolgedessen konnte das Berufungsurteil keinen Bestand haben. Allerdings kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Gemeinschaft aus anderen Gründen ein auf Rückzahlung der entnommenen Verfahrenskosten gerichteter Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB zusteht. Die Klage war nämlich auch darauf gestützt worden, dass der Beklagte die Zustimmung zur Veräußerung gem. § 12 WEG schuldhaft pflichtwidrig versagt hatte. An das Vorliegen einer schuldhaft pflichtwidrigen Zustimmungsversagung sind aber hohe Anforderungen zu stellen. Nicht ausreichend ist, dass die Beurteilung der Sache zweifelhaft ist und sowohl für die Erteilung als auch für die Versagung der Zustimmung gute Gründe sprechen.
BGH online
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