22.09.2025

Rassistische Beleidigung des Vermieters durch den Mieter rechtfertigt außerordentliche Kündigung

Beleidigt der Mieter seinen Vermieter in rassistischer und menschenverachtender Weise, rechtfertigt dies eine außerordentliche Kündigung. Dem Vermieter ist es nach solchen Aussagen und dem damit einhergehenden persönlichen Angriff nicht zuzumuten, an dem Mietverhältnis weiter festzuhalten.

AG Hannover v. 10.9.2025 - 465 C 781/25
Der Sachverhalt:
Die Parteien streiten um einen Räumungsanspruch. Der Kläger ist seit 2023 Eigentümer und Vermieter des streitgegenständlichen Grundstücks nebst darauf befindlichem Gebäude. Die Beklagte ist Mieterin der Mietsache. Sie hatte mit der Firma R einen schriftlichen Mietvertrag geschlossen, in den der Kläger bei Erwerb eingetreten ist. Der Kläger kündigte das Mietverhältnis mit anwaltlichem Schreiben vom 27.12.2024 außerordentlich fristlos und hilfsweise ordentlich. Der Beklagten wurde in dem Schreiben vom 27.12.2024 eine Frist zur Räumung bis zum 14.1.2025 gesetzt. Der Räumungsaufforderung ist die Beklagte bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht nachgekommen.

Der Kläger behauptet, er habe die Beklagte am 22.12.2024 zwischen 17:30 und 18 Uhr an ihrer Wohnanschrift aufgesucht und angetroffen. Die Beklagte habe ihn bei diesem Besuch mit massiv rassistischen und menschenverachtenden Äußerungen beleidigt. Dabei seien folgende Aussagen gefallen: "Ihr Kanacken!", "Bald kommt die AfD. Euer Leben wird genauso enden wie bei den Juden!" und "Scheiß Ausländer!". Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagte habe ihm gegenüber eine schwerwiegende Pflichtverletzung begangen. Es liege eine erhebliche Verletzung des Mietverhältnisses und des vertraglichen Vertrauensverhältnisses vor. Die Fortsetzung des Mietverhältnisses sei für ihn nicht mehr zumutbar.

Die Beklagte behauptet, am 22.12.2024 sei es zu keinem Treffen zwischen ihr und dem Kläger gekommen. Sie sei an diesem Tag bei ihrer Tochter und einer Nachbarin gewesen. Sie habe die rassistischen und menschenverachtenden Äußerungen nicht getätigt. Der Kläger habe sie bereits vorher eingeschüchtert und unter Druck gesetzt. Der Kläger habe keinen Grund für einen Besuch am 22.12.2024 gehabt, da er vorab einen Anwalt mit der Wahrung seiner Interessen beauftragt habe.

Das AG gab der Räumungsklage statt.

Die Gründe:
Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf geräumte Herausgabe der streitgegenständlichen Mietsache gem. § 546 Abs. 1 BGB zu.

Die Kündigung des Klägers vom 27.12.2024 hat das Mietverhältnis der Parteien rechtswirksam beendet. Die von dem Kläger anlässlich des Vorfalls vom 22.12.2024 erklärte fristlose Kündigung ist wirksam. Gem. § 543 Abs. 1 BGB ist eine außerordentliche fristlose Kündigung gerechtfertigt, wenn dem kündigenden Vertragspartner die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht mehr zuzumuten ist. Es bestehen keine Zweifel daran, dass es zu einem Treffen des Klägers und der Beklagten am 22.12.2024 kam. Der Kläger konnte glaubhaft darlegen, dass es dabei zu den rassistischen und menschenverachtenden Äußerungen gekommen ist. Die Zeugen haben dem Gericht glaubhaft die Äußerungen wiedergegeben und den Ablauf des Treffens geschildert. Die Aussagen sind glaubhaft und stimmen mit den Angaben des Klägers überein.

Die fristlose Kündigung ist trotz des unangekündigten Besuchs des Klägers bei der Beklagten gerechtfertigt. Ein Vermieter ist berechtigt, auch ohne vorherige Absprache bei seinem Mieter zu klingeln. Es hängt danach von dem Mieter ab, ob es zu einem Gespräch kommt. Dass der Besuch des Klägers dazu diente, die Beklagte unter Druck zu setzen, einzuschüchtern oder zu provozieren, hat die Beklagte nicht überzeugend dargelegt. Dass der Kläger bereits zuvor einen Anwalt beauftragt hatte, ändert an der Einschätzung nichts. Der Kläger kann dennoch selbst weitere Handlungen vornehmen.

Es bestehen keine Zweifel daran, dass die Zeugen das Gespräch zwischen dem Kläger und der Beklagten mitangehört haben. Dass die Zeugen G und S keine konkreten Angaben zu dem gesamten Gesprächsverlauf vor den Beleidigungen machen konnten, entkräftet die Aussagekraft der Aussagen nicht. Die Zeugen haben angegeben, sich selbst unterhalten zu haben, bevor es zu den Beleidigungen kam und sie aktiv zuhörten. Wer sich selbst in einem Gespräch befindet, folgt eher nicht aktiv dem Gespräch an der Nachbartür. Dass die Zeugen auf die Beleidigungen aufmerksam geworden sind, lag zum einen an der Lautstärke und zum anderen an dem Gefühl, selbst persönlich von der Aussage bzgl. Ausländern angegriffen worden zu sein. Die Beklagte konnte die Aussagen beider Zeugen nicht widerlegen oder entkräften. Die Aussage der von der Beklagten benannten Zeugin V seht schon im Widerspruch zu den Angaben der Beklagten. 

Die von der Beklagten geäußerten Aussagen sind als rassistisch und menschenverachtend einzustufen. Dem Kläger ist es nach diesen Aussagen und dem damit einhergehenden persönlichen Angriff nicht mehr zuzumuten, an dem Mietverhältnis festzuhalten.

Mehr zum Thema:

Rechtsprechung
Wohnraumkündigung: Straftaten und Tätlichkeiten
AG Saarbrücken vom 12.02.2025 - 3 C 181/24
Rainer Burbulla, MietRB 2025, 268
MIETRB0082159

Kommentierung | BGB
§ 543 Außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund
Lützenkirchen, Mietrecht, 3. Aufl.

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