Rechtsanwälte müssen Überlastung ihrer Mitarbeiter bei personeller Ausdünnung entgegenwirken
OLG Frankfurt a.M. v. 1.9.2025 - 3 U 69/25
Der Sachverhalt:
Die Beklagten wurden vom LG in einem Schadensersatzprozess aufgrund von Mängeln bei einem Hauskauf zur Zahlung von knapp 30.000 € verurteilt. Die hiergegen eingelegte Berufung begründete ihre Rechtsanwältin nicht rechtzeitig. Ihren Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Frist erläuterte sie damit, dass die Berufungsbegründungfrist infolge eines Fehlers "der verbliebenen Büroangestellten" nicht in den Fristenkalender eingetragen worden sei. Eine "personelle Ausdünnung" bei den Kanzleimitarbeitern habe zu dem einmaligen Eingabefehler der verbliebenen Mitarbeiterin geführt.
Das OLG wies den Antrag auf Wiedereinsetzung zurück und verwarf die Berufung als unzulässig. Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Die Gründe:
Es liegt keine unverschuldete Fristsäumnis vor.
Dem Vortrag der Rechtsanwältin kann nicht entnommen werden, dass die Fristsäumnis nicht auf organisatorischen Mängeln der Fristenkontrolle beruht. Die von der Rechtsanwältin dargelegte drastische Reduzierung des Personals infolge Erkrankung einer Mitarbeiterin und Ausscheiden eines weiteren Mitarbeiters konnte zwar die Gefahr der Überlastung der verbliebenen Mitarbeiterin bergen. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass diese - auf einem Organisationsverschulden beruhende - Überlastung die Ursache für den festgestellten Fehler war.
Die eigenen Sorgfaltspflichten einer Rechtsanwältin sind erhöht, wenn Störungen in der Organisation des Berufsalltags auftreten, die dazu führen können, dass die zulässig delegierten Pflichten der Anwältin nicht erfüllt werden. Sie muss stets sicherstellen, dass die Angestellten ihre Aufgaben auch dann zuverlässig erfüllten, wenn die Belegschaft durch Krankheit und Ausscheiden einer Mitarbeiterin reduziert ist. Dazu gehört, einer eventuellen Überlastung entgegenzuwirken, die dadurch entsteht, dass dem verbliebenen Personal zu viele Aufgaben übertragen werden.
Auf welche Weise eine Rechtsanwältin die Belastung des verbliebenen Personals in zumutbaren Grenzen hält, bleibt ihr überlassen. Ist etwa eine Kompensation durch den Einsatz weiterer zuverlässiger Kräfte nicht möglich, kann der Gefahr von Fehlverhalten z.B. durch eine verstärkte Kontrolle entgegengewirkt werden. Im Einzelfall kann es auch notwendig werden, dass die Anwältin die delegierten Aufgaben, wie zum Beispiel die Fristenkontrolle, wieder an sich zieht.
Vorliegens ist nicht erkennbar, dass die Prozessbevollmächtigte der Beklagten geeignete Maßnahmen getroffen hat, um trotz des personellen Engstandes eine ausreichende Fristenkontrolle zu gewährleisten. Der Organisationsmangel war auch für die Fristversäumnis ursächlich. Sofern nicht alle möglichen und zumutbaren Maßnahmen zur Wahrung einer Frist ergriffen wurden, geht es zulasten der Rechtsanwältin, wenn nicht festgestellt werden kann, dass die Frist auch bei Durchführung dieser Maßnahmen versäumt worden wäre.
Mehr zum Thema:
Kurzbeitrag
Verfahrensrecht
MDR 2025, R45
MDR0075834
Aktionsmodul Zivilrecht
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OLG Frankfurt a.M. PM Nr. 51 vom 25.9.2025
Die Beklagten wurden vom LG in einem Schadensersatzprozess aufgrund von Mängeln bei einem Hauskauf zur Zahlung von knapp 30.000 € verurteilt. Die hiergegen eingelegte Berufung begründete ihre Rechtsanwältin nicht rechtzeitig. Ihren Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Frist erläuterte sie damit, dass die Berufungsbegründungfrist infolge eines Fehlers "der verbliebenen Büroangestellten" nicht in den Fristenkalender eingetragen worden sei. Eine "personelle Ausdünnung" bei den Kanzleimitarbeitern habe zu dem einmaligen Eingabefehler der verbliebenen Mitarbeiterin geführt.
Das OLG wies den Antrag auf Wiedereinsetzung zurück und verwarf die Berufung als unzulässig. Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Die Gründe:
Es liegt keine unverschuldete Fristsäumnis vor.
Dem Vortrag der Rechtsanwältin kann nicht entnommen werden, dass die Fristsäumnis nicht auf organisatorischen Mängeln der Fristenkontrolle beruht. Die von der Rechtsanwältin dargelegte drastische Reduzierung des Personals infolge Erkrankung einer Mitarbeiterin und Ausscheiden eines weiteren Mitarbeiters konnte zwar die Gefahr der Überlastung der verbliebenen Mitarbeiterin bergen. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass diese - auf einem Organisationsverschulden beruhende - Überlastung die Ursache für den festgestellten Fehler war.
Die eigenen Sorgfaltspflichten einer Rechtsanwältin sind erhöht, wenn Störungen in der Organisation des Berufsalltags auftreten, die dazu führen können, dass die zulässig delegierten Pflichten der Anwältin nicht erfüllt werden. Sie muss stets sicherstellen, dass die Angestellten ihre Aufgaben auch dann zuverlässig erfüllten, wenn die Belegschaft durch Krankheit und Ausscheiden einer Mitarbeiterin reduziert ist. Dazu gehört, einer eventuellen Überlastung entgegenzuwirken, die dadurch entsteht, dass dem verbliebenen Personal zu viele Aufgaben übertragen werden.
Auf welche Weise eine Rechtsanwältin die Belastung des verbliebenen Personals in zumutbaren Grenzen hält, bleibt ihr überlassen. Ist etwa eine Kompensation durch den Einsatz weiterer zuverlässiger Kräfte nicht möglich, kann der Gefahr von Fehlverhalten z.B. durch eine verstärkte Kontrolle entgegengewirkt werden. Im Einzelfall kann es auch notwendig werden, dass die Anwältin die delegierten Aufgaben, wie zum Beispiel die Fristenkontrolle, wieder an sich zieht.
Vorliegens ist nicht erkennbar, dass die Prozessbevollmächtigte der Beklagten geeignete Maßnahmen getroffen hat, um trotz des personellen Engstandes eine ausreichende Fristenkontrolle zu gewährleisten. Der Organisationsmangel war auch für die Fristversäumnis ursächlich. Sofern nicht alle möglichen und zumutbaren Maßnahmen zur Wahrung einer Frist ergriffen wurden, geht es zulasten der Rechtsanwältin, wenn nicht festgestellt werden kann, dass die Frist auch bei Durchführung dieser Maßnahmen versäumt worden wäre.
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MDR 2025, R45
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