Reiseveranstalter haftet für fehlerhafte Hotelbeschreibung durch Mitarbeiter des Reisebüros
AG München v. 8.9.2025 - 112 C 7280/25
Der Sachverhalt:
Die Parteien streiten über eine angemessene Entschädigung nach Stornierung einer Reise durch den Kunden. Der Beklagte buchte über das Reisebüro ... vor Ort bei der Klägerin am 23.2.2025 eine Reise nach Ägypten für zwei Personen vom 10.3.2025 bis 22.3.2025 zu einem Reisepreis von 1.915 €. Die Reise beinhaltete u.a. einen Hinflug von München nach Hurghada sowie einen entsprechenden Rückflug. Der Beklagte buchte eine Übernachtung in einem Junior Suite Doppelzimmer mit All-Inclusive-Verpflegung im Hotel.
Die Klägerin war bei der Vertragsanbahnung nicht eingebunden. Bei der Buchung der Reise teilte der Mitarbeiter des Reisebüros dem Beklagten auf wiederholte Nachfrage mit, dass alle Zimmer des Hotels renoviert seien und die Buchung eines renovierten Hotelzimmers möglich sei. Hiervon ging der Beklagte auch auf Grund der ihm von dem Mitarbeiter des Reisebüros zur Verfügung gestellten Beispielbildern von den Hotelzimmern aus. Diese waren mit dem Hinweis "Wohnbeispiel" gekennzeichnet. Der Beklagte gab gegenüber dem Mitarbeiter des Reisebüros an, dass er auf die Buchung eines renovierten Zimmers besonderen Wert legt.
Nach Abschluss des Reisevertrages im Reisebüro vor Ort stellte der Beklagte zu Hause nach einer Internetrecherche fest, dass entgegen der Auskunft des Mitarbeiters des Reisebüros augenscheinlich nicht alle Zimmer des Hotels renoviert sind. Auf telefonische Nachfrage des Beklagten am 1.3.2025, teilte die Klägerin diesem mit, dass für den Beklagten kein renoviertes Zimmer gebucht ist und dies in dem gewählten Hotel auch nicht mehr ermöglicht werden kann.
Am 3.3.2025 "stornierte" der Beklagte die Reise. Die Klägerin übersandte dem Beklagten daraufhin eine Stornorechnung in Höhe von 657 €. Tatsächlich existierten in dem Hotel bereits einige renovierte Zimmer, diese waren jedoch bereits ausgebucht oder nicht buchbar. In der Hotel- und Zimmerbeschreibung der Klägerin, die diese dem Beklagten bei Vertragsschluss übermittelte, wird zwischen renovierten und nicht renovierten Zimmern hingegen nicht unterschieden.
Die Klägerin meint, dass ihr die Äußerungen des Mitarbeiters des Reisebüros nicht zuzurechnen seien und dass ein wirksamer Reisevertrag mit dem Beklagten zustande gekommen sei. Solange Ausstattung, Größe, Lage und Komfort der beschriebenen Zimmerkategorie entsprechen würden, liege kein kostenfreier Stornierungsgrund vor.
Das AG hat die Klage auf Zahlung der Stornogebühren abgewiesen.
Die Gründe:
Die Klage ist unbegründet. Der Klägerin steht kein Anspruch auf angemessene Entschädigung nach § 651h Abs. 1 S. 3 BGB zu. Der Beklagte hatte den von ihm geschlossenen Reisevertrag wirksam nach §§ 651 i Abs. 3 Nr. 5 BGB, 6511 Abs. 1 S. 1 BGB vor Reiseantritt gegenüber der Klägerin gekündigt.
Die Pauschalreise war durch einen Reisemangel nach § 6511 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 BGB erheblich beeinträchtigt. Die Pauschalreise beinhaltete nicht die zwischen den Parteien nach §§ 651a Abs. 2 S. 1, 145, 147 Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. § 166 Abs. 1 BGB vereinbarte Beschaffenheit.
Die geschlossene Beschaffenheitsvereinbarung über das gebuchte Hotelzimmer ist der Klägerin gemäß §§ 164 Abs. 1 S. 1 BGB, 166 Abs. 1 BGB zuzurechnen. Dem Reiseveranstalter sind grundsätzlich auch inhaltlich unzutreffende Erklärungen zuzurechnen, die ein Mitarbeiter eines Reisebüros, das für den Reiseveranstalter Reisen vermittelt, während des gesamten Auswahl- und Buchungsprozesses macht (OLG Celle v. 6.8.2020 - 11 U 113/19). Sind wie vorliegend mündliche Erklärungen des Reisenden für den Inhalt seines Vertragsangebotes an den Reiseveranstalter maßgeblich, trägt der Reiseveranstalter das Risiko einer fehlerhaften Weiterleitung des Angebots durch das vermittelnde Reisebüro.
Auch sofern die Klägerin davon ausgeht, dass die nach außen erkennbare Verhandlungsvollmacht des Reisebüros durch deren Leistungsbeschreibung begrenzt ist, ist dies daher unbehelflich. Teil der Leistungsbeschreibung waren auch die von der Klägerin für die Vertragsanbahnung bereitgestellten Beispielbilder. Die Klägerin verkennt, dass sie anhand der Beispielbilder den Erklärungsgehalt abgibt, oder jedenfalls den ihr zuzurechnenden rechtsgeschäftlichen Anschein setzt, dass die Zimmer in dem betroffenen Hotel über einen vergleichbaren, renovierten Standard verfügen.
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Justiz Bayern online
Die Parteien streiten über eine angemessene Entschädigung nach Stornierung einer Reise durch den Kunden. Der Beklagte buchte über das Reisebüro ... vor Ort bei der Klägerin am 23.2.2025 eine Reise nach Ägypten für zwei Personen vom 10.3.2025 bis 22.3.2025 zu einem Reisepreis von 1.915 €. Die Reise beinhaltete u.a. einen Hinflug von München nach Hurghada sowie einen entsprechenden Rückflug. Der Beklagte buchte eine Übernachtung in einem Junior Suite Doppelzimmer mit All-Inclusive-Verpflegung im Hotel.
Die Klägerin war bei der Vertragsanbahnung nicht eingebunden. Bei der Buchung der Reise teilte der Mitarbeiter des Reisebüros dem Beklagten auf wiederholte Nachfrage mit, dass alle Zimmer des Hotels renoviert seien und die Buchung eines renovierten Hotelzimmers möglich sei. Hiervon ging der Beklagte auch auf Grund der ihm von dem Mitarbeiter des Reisebüros zur Verfügung gestellten Beispielbildern von den Hotelzimmern aus. Diese waren mit dem Hinweis "Wohnbeispiel" gekennzeichnet. Der Beklagte gab gegenüber dem Mitarbeiter des Reisebüros an, dass er auf die Buchung eines renovierten Zimmers besonderen Wert legt.
Nach Abschluss des Reisevertrages im Reisebüro vor Ort stellte der Beklagte zu Hause nach einer Internetrecherche fest, dass entgegen der Auskunft des Mitarbeiters des Reisebüros augenscheinlich nicht alle Zimmer des Hotels renoviert sind. Auf telefonische Nachfrage des Beklagten am 1.3.2025, teilte die Klägerin diesem mit, dass für den Beklagten kein renoviertes Zimmer gebucht ist und dies in dem gewählten Hotel auch nicht mehr ermöglicht werden kann.
Am 3.3.2025 "stornierte" der Beklagte die Reise. Die Klägerin übersandte dem Beklagten daraufhin eine Stornorechnung in Höhe von 657 €. Tatsächlich existierten in dem Hotel bereits einige renovierte Zimmer, diese waren jedoch bereits ausgebucht oder nicht buchbar. In der Hotel- und Zimmerbeschreibung der Klägerin, die diese dem Beklagten bei Vertragsschluss übermittelte, wird zwischen renovierten und nicht renovierten Zimmern hingegen nicht unterschieden.
Die Klägerin meint, dass ihr die Äußerungen des Mitarbeiters des Reisebüros nicht zuzurechnen seien und dass ein wirksamer Reisevertrag mit dem Beklagten zustande gekommen sei. Solange Ausstattung, Größe, Lage und Komfort der beschriebenen Zimmerkategorie entsprechen würden, liege kein kostenfreier Stornierungsgrund vor.
Das AG hat die Klage auf Zahlung der Stornogebühren abgewiesen.
Die Gründe:
Die Klage ist unbegründet. Der Klägerin steht kein Anspruch auf angemessene Entschädigung nach § 651h Abs. 1 S. 3 BGB zu. Der Beklagte hatte den von ihm geschlossenen Reisevertrag wirksam nach §§ 651 i Abs. 3 Nr. 5 BGB, 6511 Abs. 1 S. 1 BGB vor Reiseantritt gegenüber der Klägerin gekündigt.
Die Pauschalreise war durch einen Reisemangel nach § 6511 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 BGB erheblich beeinträchtigt. Die Pauschalreise beinhaltete nicht die zwischen den Parteien nach §§ 651a Abs. 2 S. 1, 145, 147 Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. § 166 Abs. 1 BGB vereinbarte Beschaffenheit.
Die geschlossene Beschaffenheitsvereinbarung über das gebuchte Hotelzimmer ist der Klägerin gemäß §§ 164 Abs. 1 S. 1 BGB, 166 Abs. 1 BGB zuzurechnen. Dem Reiseveranstalter sind grundsätzlich auch inhaltlich unzutreffende Erklärungen zuzurechnen, die ein Mitarbeiter eines Reisebüros, das für den Reiseveranstalter Reisen vermittelt, während des gesamten Auswahl- und Buchungsprozesses macht (OLG Celle v. 6.8.2020 - 11 U 113/19). Sind wie vorliegend mündliche Erklärungen des Reisenden für den Inhalt seines Vertragsangebotes an den Reiseveranstalter maßgeblich, trägt der Reiseveranstalter das Risiko einer fehlerhaften Weiterleitung des Angebots durch das vermittelnde Reisebüro.
Auch sofern die Klägerin davon ausgeht, dass die nach außen erkennbare Verhandlungsvollmacht des Reisebüros durch deren Leistungsbeschreibung begrenzt ist, ist dies daher unbehelflich. Teil der Leistungsbeschreibung waren auch die von der Klägerin für die Vertragsanbahnung bereitgestellten Beispielbilder. Die Klägerin verkennt, dass sie anhand der Beispielbilder den Erklärungsgehalt abgibt, oder jedenfalls den ihr zuzurechnenden rechtsgeschäftlichen Anschein setzt, dass die Zimmer in dem betroffenen Hotel über einen vergleichbaren, renovierten Standard verfügen.
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