08.07.2025

Rücktritt von der Reise wegen Überschwemmungen in Italien: Reisepreis zurück

Der Reisende schuldet keine Rücktrittsentschädigung, wenn am Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände auftreten, die die Durchführung der Reise oder die Beförderung dorthin erheblich beeinträchtigen. Maßgeblich für einen entschädigungslosen Rücktritt eines Reisenden ist, ob zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung bei einer sog. ex-ante Beurteilung aufgrund einer Prognose anzunehmen ist, dass besagte Umstände bis zum Reiseantritt auftreten.

LG Frankfurt a.M. v. 16.4.2025 - 2-24 S 75/24
Der Sachverhalt:
Der spätere Kläger hatte für sich und eine weitere Person eine Pauschalreise "Kultur und Genuss in Italien 2023" zu einem Preis von rund 2.400 € gebucht. Die Reise sollte vom 12. bis 19.6.2023 stattfinden. Am 16.5.2023 ereigneten sich in Norditalien heftige Unwetter. In der Region Bologna wurde der Katastrophenalarm ausgelöst. Es kam zu Erdrutschen und Überflutungen sowie etlichen Todesopfern. Nach dem Unwetter waren die Straßen aufgrund massiver Müllmengen kaum passierbar. Es wurden Badeverbote verhängt, da Coli-Bakterien über überflutete Flüsse ins Meer gelangt waren. Strände wurden geschlossen und es bestand die Gefahr einer Mückenplage.

Der Kläger erklärte einen Tag nach dem Unwetter, am 17.5.2023, den Rücktritt von der Reise und verlangte den bereits gezahlten Reisepreis zurück. Das AG gab seiner Klage statt. Die Berufung des Reiseveranstalters gegen diese Entscheidung hatte vor der Reiserechtskammer des LG keinen Erfolg. Das Berufungsurteil ist rechtskräftig.

Die Gründe:
Der Kläger hat vor Reisebeginn jederzeit vom Vertrag zurücktreten können. Grundsätzlich eröffnet das Gesetz dem Reiseveranstalter im Gegenzug zwar einen Entschädigungsanspruch, den er dem Reisenden entgegenhalten kann. Im vorliegenden Fall steht dem Reiseveranstalter jedoch keine Entschädigung zu.

Der Reisende schuldet keine Rücktrittsentschädigung, wenn am Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände auftreten, die die Durchführung der Reise oder die Beförderung dorthin erheblich beeinträchtigen. Maßgeblich für einen entschädigungslosen Rücktritt eines Reisenden ist, ob zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung bei einer sog. ex-ante Beurteilung aufgrund einer Prognose anzunehmen ist, dass besagte Umstände bis zum Reiseantritt auftreten.

Der Reisende trägt grundsätzlich das Prognoserisiko, insbesondere falls er den Rücktritt vorschnell erklärt und in diesem Moment (noch) keine hinreichende Wahrscheinlichkeit für eine erhebliche Beeinträchtigung der Reise oder Anreise zu erwarten ist. Im vorliegenden Fall hat für einen Durchschnittsreisenden in der Lage des Klägers zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung jedoch die hinreichende Wahrscheinlichkeit bestanden, dass aufgrund der extremen Regenfälle und massiven Überschwemmungen die Reise nach Norditalien mit Gefahren und Einschränkungen verbunden sein würde. Zu nennen sind die Beschädigung von Straßen, Gebäuden und der Infrastruktur oder die Verbreitung von Bakterien und Krankheiten. Der Einwand des beklagten Reiseveranstalters, die Reise sei später wie geplant mit den übrigen Teilnehmern der Reisegruppe beanstandungsfrei durchgeführt worden, ist nicht entscheidend.

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LG Frankfurt a.M. PM vom 7.7.2025