19.10.2023

Streit um eine Klausel zur Leistungsbestimmung in einem Bauvertrag

Eine Klausel in einem Bauvertrag, die vorsieht, dass die Ausführungszeit 12 Monate beträgt und 4 Wochen nach Erteilung der Baugenehmigung, spätestens 4 Wochen nach Abruf der Leistung durch den Bauherrn beginnt, beinhaltet keine den Anforderungen des § 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB genügende Leistungszeitbestimmung. Eine Klausel, wonach der Verzugszins zu Lasten des Auftraggebers auf "4 % über dem Lombardsatz der Deutschen Bundesbank" festgelegt wird, ist in Anbetracht der Regelung in Art. 229 § 7 Abs. 1 Nr. 4 EGBGB dahin auszulegen, dass der Zinssatz der Spitzenrefinanzierungsfazilität der Europäischen Zentralbank (SRF-Zinssatz) gemeint ist.

OLG Saarbrücken v. 11.10.2023, 2 U 196/22
Der Sachverhalt:
Der Beklagte hatte die Klägerin im Oktober 2015 zu einem Pauschalfestpreis von 1 Mio. € mit der schlüsselfertigen Errichtung eines Mehrfamilienhauses beauftragt. In § 4 des Vertrags wurde festgelegt, dass die Ausführungszeit 12 Monate beträgt und 4 Wochen nach Erteilung der Baugenehmigung, spätestens 4 Wochen nach Abruf der Leistung durch den Bauherrn beginnt, wobei Schlechtwettertage nicht angerechnet werden sollten. Die Baugenehmigung für das Bauvorhaben wurde am 1.3.2016 erteilt.

Nach Baubeginn schlossen die Parteien am 12.4.2017 einen weiteren Vertrag über die Erweiterung des Mehrfamilienhauses. Hintergrund dessen war, dass ein ursprünglich zu erhaltendes Bestandsgebäude nunmehr abgerissen werden und das im ersten Bauabschnitt zu errichtende Gebäude um acht Wohnungen erweitert werden sollte. In § 4 des zweiten Vertrags wurde wortgleich zu dem ersten Vertrag festgelegt, dass die Ausführungszeit 12 Monate beträgt und 4 Wochen nach Erteilung der Genehmigung, spätestens 4 Wochen nach Abruf der Leistung durch den Bauherrn beginnt. Der Bauschein für den Anbau wurde am 2.1.2017 erteilt.

Im Bauverlauf wurden verschiedene Änderungen der zu erbringenden Leistungen vereinbart. Die Leistungen der Klägerin wurden durch den Beklagten am 18.9.2018 unter Vorbehalt verschiedener Mängel abgenommen. Die danach noch verbleibenden restlichen Arbeiten wurden bis zum 22.11.2018 ausgeführt. Die Klägerin erteilte dem Beklagten nach Baufortschritt Rechnungen, wobei mehrere Rechnungen aus dem Zeitraum Februar bis Juni 2018 über einen Gesamtbetrag von rund 187.422 € offen blieben.

Mit der Klage hat die Klägerin den Beklagten mit der Behauptung, die Arbeiten ordnungsgemäß und mangelfrei erbracht zu haben, auf Zahlung des Restbetrages nebst Zinsen i.H.v. 9 % über dem jeweils gültigen Basiszinssatz der EZB in Anspruch genommen. Der Beklagte hat insbesondere geltend gemacht, dass ihm im Hinblick auf die nicht innerhalb der vertraglichen Fristen vereinbarte Fertigstellung der Wohnungen ein Mietausfallschaden entstanden sei, den er mit einem Betrag von 132.423 € bezifferte. Die Klägerin hat Gegenforderungen des Beklagten in Abrede gestellt, da kein verbindlicher Leistungstermin vereinbart gewesen sei.

Das LG hat den Beklagten unter Klageabweisung im Übrigen verurteilt, an die Klägerin einen Betrag von 186.822 € nebst Zinsen i.H.v. 4 % über dem Lombardsatz der Deutschen Bundesbank zu zahlen. Das OLG hat die Entscheidung soweit bestätigt, aber den Zinssatz auf 5 % über dem Basiszinssatz festgelegt.

Die Gründe:
Das LG hat im Ergebnis zu Recht einen Anspruch des Beklagten gegen die Klägerin auf Ersatz von u.a. Mietausfallschäden aus §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 BGB verneint. Selbst wenn zu Gunsten des Beklagten unterstellt worden wäre, dass ausgehend von den Daten der Baugenehmigungen die Leistungen der Klägerin zum 31.3.2017 bzw. zum 31.1.2018 fällig waren, fehlte es an den Voraussetzungen des Verzugs der Klägerin. Denn nch § 286 Abs. 1 Satz 1 BGB bedarf es für die Inverzugsetzung des Schuldners einer fälligen Leistung grundsätzlich einer Mahnung, die vorliegend durch den Beklagten zu keinem Zeitpunkt ausgesprochen worden war.

Eine Mahnung des Beklagten war im vorliegenden Fall auch nicht gem. § 286 Abs. 2 BGB entbehrlich. Danach bedarf es der Mahnung nicht, wenn für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist. Diese Voraussetzungen waren hier schon deshalb nicht erfüllt, da nach § 4 der zwischen den Parteien geschlossenen Verträge der Beginn der 12 Monate betragenden Ausführungsfrist an ein Ereignis (Erteilung der Baugenehmigung bzw. Abruf durch den Bauherrn) geknüpft war, dessen Eintritt zeitlich bei Vertragsschluss noch ungewiss war.

Eine Mahnung war entgegen der vom Beklagten vertretenen Auffassung im vorliegenden Fall auch nicht nach § 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB entbehrlich. Insofern fehlte an der hinreichenden Bestimmtheit der vertraglichen Regelungen zum Fristbeginn. Zwar wurde in § 4 des Bauvertrags zunächst für den Fristbeginn an die Erteilung der Baugenehmigung angeknüpft, was für sich genommen den Anforderungen eines Ereignisses i.S.v. § 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB genügt hätte. Indessen sah die vertragliche Regelung weiter vor, dass alternativ der Auftraggeber über den Beginn der Ausführungsfrist entscheidet. So hieß es in der vertraglichen Regelung weiter, dass die Ausführungsfrist "spätestens 4 Wochen nach Abruf der Leistung durch den Bauherrn" beginnt. Diese Regelung konnte nur dahin verstanden werden, dass der Auftraggeber durch einen späteren Abruf der Leistung den Ausführungsbeginn und damit auch das Ende der Ausführungsfrist hinauszögern konnte, so dass zu dem maßgeblichen Zeitpunkt des Vertragsschlusses der Leistungszeitpunkt nicht - auch nicht mittelbar über den Eintritt eines bestimmten Ereignisses - feststand.

Der Höhe nach beläuft sich die Verzinsungspflicht allerdings lediglich auf den gesetzlichen Zinssatz des § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz. Eine Klausel, wonach der Verzugszins zu Lasten des Auftraggebers auf "4 % über dem Lombardsatz der Deutschen Bundesbank" festgelegt wird, ist in Anbetracht der Regelung in Art. 229 § 7 Abs. 1 Nr. 4 EGBGB dahin auszulegen, dass der Zinssatz der Spitzenrefinanzierungsfazilität der Europäischen Zentralbank (SRF-Zinssatz) gemeint ist. Eine entsprechende formularmäßige Klausel in einem durch den Auftragnehmer gestellten Bauvertrag mit einem Verbraucher ist nach § 309 Nr. 5 BGB (analog) insoweit unwirksam, als sie zu einer gegenüber § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB erhöhten Verzinsung führt.

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Aufsatz
Holger Pauly
Die Teil- und Schlussabnahme von Architektenleistungen
MDR 2023, 750

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