17.05.2022

Streitwert für wohnungseigentumsrechtliche Beschlussklagen

Der Streitwert für wohnungseigentumsrechtliche Beschlussklagen entspricht in der Regel nicht der für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels maßgeblichen Beschwer. Das gilt auch für einen gem. § 49 GKG in der seit dem 1.12.2020 geltenden Fassung festgesetzten Streitwert.

BGH v. 24.3.2022 - V ZR 149/21
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der L. Gesellschaft mbH (Insolvenzschuldnerin). Die Insolvenzschuldnerin und die Beklagten sind Mitglieder einer Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE). Die Anlage umfasst 100 Appartements, ein Restaurant und 27 Tiefgaragenstellplätze. Die Insolvenzschuldnerin ist Eigentümerin von 28 Appartements sowie der Teileigentumseinheit Nr. 101. Die Anlage war bei der Errichtung als sog. Boardinghouse konzipiert und wurde als solches von der Insolvenzschuldnerin auf der Grundlage von Mietverträgen mit den Sondereigentümern der Appartements betrieben.

Am 23.2.2018 fand eine Eigentümerversammlung statt, in der eine Vielzahl von Mehrheitsbeschlüssen gefasst wurde; u.a. beschlossen die Wohnungseigentümer, im Treppenhaus eine Briefkastenanlage einbauen zu lassen und den Schließzylinder der Tür zum Hinterhof auszutauschen sowie - sinngemäß - den Sondereigentümern Schlüssel hierzu auszuhändigen. Mit der Klage beanstandet der Kläger einen Teil der in dieser Versammlung gefassten Beschlüsse.

AG und LG wiesen die Klage ab. Die gegen die nicht erfolgte Zulassung der Revision gerichtete Beschwerde des Klägers hatte keinen Erfolg.

Die Gründe:
Der Kläger hat in der Nichtzulassungsbeschwerde eine 20.000 € übersteigende Beschwer nicht dargelegt und glaubhaft gemacht.

Er meint, seine Beschwer stimme mit dem von dem LG für das Berufungsverfahren auf der Grundlage des § 49 GKG festgesetzten Streitwert von rd. 37.000 € überein. Dies trifft nicht zu. Der Streitwert für wohnungseigentumsrechtliche Beschlussklagen entspricht in der Regel nicht der für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels maßgeblichen Beschwer. Dies gilt nicht nur bei einer gem. § 49a GKG in der bis zum 30.11.2020 geltenden Fassung (a.F.) erfolgten Streitwertfestsetzung, sondern auch für einen gem. § 49 GKG in der seit dem 1.12.2020 geltenden Fassung festgesetzten Streitwert.

Die Festsetzung nach § 49 GKG erfolgt im Ausgangspunkt nach dem Interesse aller Wohnungseigentümer an der Entscheidung. Der Wert der Beschwer bemisst sich hingegen nach dem eigenen Interesse des Rechtsmittelführers an der Abänderung der angefochtenen Entscheidung. Dieses Interesse ist unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu bewerten, wobei nur auf das unmittelbare Interesse der Partei an der der Rechtsverfolgung, nicht auf etwaige mittelbare wirtschaftliche Folgen des angefochtenen Urteils abzustellen ist. Anhaltspunkte für eine derartige Bewertung hat die Beschwerde nicht dargelegt.

Auch eine Schätzung der Beschwer ist dem Senat nicht möglich. Zwar muss auch das Revisionsgericht im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde ggf. eine Schätzung vornehmen; als Grundlage der Schätzung dienen dabei aber nur solche Tatsachen, die der Beschwerdeführer innerhalb der Begründungsfrist dargelegt und glaubhaft gemacht hat oder die jedenfalls in Verbindung mit dem Berufungsurteil offenkundig sind. Hier lässt sich die Höhe des auf den Kläger entfallenden Anteils des vom LG angenommenen Gesamtinteresses weder aus den Darlegungen des Klägers entnehmen noch ist dies im vorgenannten Sinne offenkundig. Selbst wenn man unterstellt, dass etwaige Kosten nach der Zahl der Appartements umgelegt würden, ergäbe sich daraus keine 20.000 € übersteigende Beschwer, sondern lediglich eine Beschwer i.H.v. 28/100 von rd. 37.000 €, mithin von rd. 10.400 €.

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