Testament: Verstümmelter oder unvollständiger Schriftzug stellt keine wirksame Unterschrift dar
OLG Hamm v. 17.2.2025 - 10 W 115/24
Der Sachverhalt:
Der 2023 verstorbene Erblasser war mit der Beteiligten zu 1) verheiratet. Aus der Ehe sind die Beteiligten zu 2) und 3) hervorgegangen. Der Erblasser befand sich ab Mai 2023 in stationärer Behandlung in einem Krankenhaus. Die Beteiligte zu 1) hatte am Tag vor seinem Tod ein privatschriftliches gemeinschaftliches Testament verfasst. Unter dem Text des Testaments, der sowohl auf Deutsch als auch in spanischer Sprache verfasst war, befand sich links neben der Unterschrift der Beteiligten zu 1) ein Namenskürzel. Darunter befand sich eine verschlungene, nicht entzifferbare Linie. Der Erblasser hatte zuvor noch eine Morphingabe erhalten. Der genaue Zeitpunkt blieb zwischen den Beteiligten streitig.
Die Beteiligte zu 1) hat im Juni 2023 einen Antrag auf Erteilung eines Erbscheins gestellt, der sie als Alleinerbin des Erblassers auswies. Zur Begründung hat sie vorgetragen, die Voraussetzungen des § 2247 Abs. 3 S. 2 BGB seien durch die Unterschrift des Erblassers auf dem gemeinschaftlichen Testament erfüllt. Es sei ausreichend, dass seine Identität in sonstiger Weise eindeutig hervorgehe. Der Umstand, dass er zur Unterschrift zweimal angesetzt habe, ändere nichts an der Möglichkeit zur Identifizierung des Erblassers und dessen Testierwillen. Es sei für eine formgültige Unterschrift nicht erforderlich, dass diese mit vorherigen Unterschriften des Erblassers identisch sei. Die Beteiligte zu 3) behauptete, die Unterschrift weiche erheblich von der üblichen Unterschrift des Erblassers ab und weise keine charakteristischen Merkmale auf. Außerdem sei der Erblasser nicht testierfähig gewesen.
Das Nachlassgericht hat den Erbscheinantrag der Beteiligten zu 1) zurückgewiesen. Bei den beiden Buchstaben habe es sich lediglich um die ersten beiden Buchstaben des ersten Vornamens des Erblassers und nicht um eine vollständige Unterschrift gehandelt. Demgegenüber habe der Erblasser eine Vorsorgevollmacht aus April 2023 mit seinem ersten Vornamen und dem Nachnamen unterschrieben. Jede nachhaltige Abweichung von der für den Erblasser üblichen Unterschrift führe zu der Nichtigkeit des Testaments.
Das OLG hat die hiergegen gerichtete Beschwerde zurückgewiesen.
Die Gründe:
Die Schriftzeichen auf dem hier maßgeblichen Schriftstück entsprachen nicht den Anforderungen des § 2247 Abs. 1, Abs. 3 BGB hinsichtlich einer wirksamen Unterschrift. Darauf, ob der Erblasser zum Zeitpunkt der Abfassung des Testaments noch testierfähig gewesen ist, kam es daher nicht an.
Gem. § 2247 Abs. 1 BGB muss ein Testament eigenhändig unterschrieben sein. Fehlt die Unterschrift, so ist das Testament wegen Formmangels nichtig, § 125 S. 1 BGB. Dieses Erfordernis gilt auch bei der Errichtung eines gemeinschaftlichen Testaments gemäß § 2267 BGB. Was die Qualität der Unterschrift unter einem eigenhändigen Testament betrifft, können Initialien oder Paraphen zwar im Einzelfall für eine wirksame Unterschrift genügen, wenn der Erklärende diese Zeichen schon früher verwendet hat. Daran fehlte es hier jedoch.
Auch bei Anlegung eines großzügigen Maßstabes genügten die von dem Erblasser benutzten Schriftzeichen nicht den Anforderungen, die an die Unterschrift zu stellen sind. Die Undeutlichkeit der Schriftzeichen ist zwar unschädlich. Ist der Schriftzug jedoch - wie hier - verstümmelt oder unvollständig, bleibt offen, ob es sich um einen bloßen Entwurf oder bereits um ein ernstlich gewolltes Testament handelt. Die Unterschrift kann in diesem Fall auch nicht dadurch ersetzt werden, dass die Urheberschaft des Erblassers und die Ernstlichkeit seiner Erklärung auf andere Weise - etwa durch Zeugen - nachgewiesen werden, weil die vielfältigen Formzwecke nicht anderweitig ersetzt werden können.
Mehr zum Thema:
Aufsatz
Herbert Grziwotz
Selbstbestimmtes Testieren bei Verfügungen von Todes wegen
MDR 2025, 1239
Aufsatz
Die Entwicklungen im Erbrecht
Franz M. Große-Wilde, MDR 2025, 564
MDR0078266
Aktionsmodul Zivilrecht
Otto Schmidt Answers optional dazu buchen und die KI 4 Wochen gratis nutzen! Die Answers-Lizenz gilt für alle Answers-fähigen Module, die Sie im Abo oder im Test nutzen. Topaktuelle Werke: Zöller ZPO mit Online-Aktualisierungen, Vorwerk Das Prozessformularbuch, Erman BGB uvm. Inklusive LAWLIFT Dokumentautomation Zivilprozessrecht, Beiträge zum Selbststudium nach § 15 FAO und Unterhaltsrechner. 4 Wochen gratis nutzen!
Justiz NRW
Der 2023 verstorbene Erblasser war mit der Beteiligten zu 1) verheiratet. Aus der Ehe sind die Beteiligten zu 2) und 3) hervorgegangen. Der Erblasser befand sich ab Mai 2023 in stationärer Behandlung in einem Krankenhaus. Die Beteiligte zu 1) hatte am Tag vor seinem Tod ein privatschriftliches gemeinschaftliches Testament verfasst. Unter dem Text des Testaments, der sowohl auf Deutsch als auch in spanischer Sprache verfasst war, befand sich links neben der Unterschrift der Beteiligten zu 1) ein Namenskürzel. Darunter befand sich eine verschlungene, nicht entzifferbare Linie. Der Erblasser hatte zuvor noch eine Morphingabe erhalten. Der genaue Zeitpunkt blieb zwischen den Beteiligten streitig.
Die Beteiligte zu 1) hat im Juni 2023 einen Antrag auf Erteilung eines Erbscheins gestellt, der sie als Alleinerbin des Erblassers auswies. Zur Begründung hat sie vorgetragen, die Voraussetzungen des § 2247 Abs. 3 S. 2 BGB seien durch die Unterschrift des Erblassers auf dem gemeinschaftlichen Testament erfüllt. Es sei ausreichend, dass seine Identität in sonstiger Weise eindeutig hervorgehe. Der Umstand, dass er zur Unterschrift zweimal angesetzt habe, ändere nichts an der Möglichkeit zur Identifizierung des Erblassers und dessen Testierwillen. Es sei für eine formgültige Unterschrift nicht erforderlich, dass diese mit vorherigen Unterschriften des Erblassers identisch sei. Die Beteiligte zu 3) behauptete, die Unterschrift weiche erheblich von der üblichen Unterschrift des Erblassers ab und weise keine charakteristischen Merkmale auf. Außerdem sei der Erblasser nicht testierfähig gewesen.
Das Nachlassgericht hat den Erbscheinantrag der Beteiligten zu 1) zurückgewiesen. Bei den beiden Buchstaben habe es sich lediglich um die ersten beiden Buchstaben des ersten Vornamens des Erblassers und nicht um eine vollständige Unterschrift gehandelt. Demgegenüber habe der Erblasser eine Vorsorgevollmacht aus April 2023 mit seinem ersten Vornamen und dem Nachnamen unterschrieben. Jede nachhaltige Abweichung von der für den Erblasser üblichen Unterschrift führe zu der Nichtigkeit des Testaments.
Das OLG hat die hiergegen gerichtete Beschwerde zurückgewiesen.
Die Gründe:
Die Schriftzeichen auf dem hier maßgeblichen Schriftstück entsprachen nicht den Anforderungen des § 2247 Abs. 1, Abs. 3 BGB hinsichtlich einer wirksamen Unterschrift. Darauf, ob der Erblasser zum Zeitpunkt der Abfassung des Testaments noch testierfähig gewesen ist, kam es daher nicht an.
Gem. § 2247 Abs. 1 BGB muss ein Testament eigenhändig unterschrieben sein. Fehlt die Unterschrift, so ist das Testament wegen Formmangels nichtig, § 125 S. 1 BGB. Dieses Erfordernis gilt auch bei der Errichtung eines gemeinschaftlichen Testaments gemäß § 2267 BGB. Was die Qualität der Unterschrift unter einem eigenhändigen Testament betrifft, können Initialien oder Paraphen zwar im Einzelfall für eine wirksame Unterschrift genügen, wenn der Erklärende diese Zeichen schon früher verwendet hat. Daran fehlte es hier jedoch.
Auch bei Anlegung eines großzügigen Maßstabes genügten die von dem Erblasser benutzten Schriftzeichen nicht den Anforderungen, die an die Unterschrift zu stellen sind. Die Undeutlichkeit der Schriftzeichen ist zwar unschädlich. Ist der Schriftzug jedoch - wie hier - verstümmelt oder unvollständig, bleibt offen, ob es sich um einen bloßen Entwurf oder bereits um ein ernstlich gewolltes Testament handelt. Die Unterschrift kann in diesem Fall auch nicht dadurch ersetzt werden, dass die Urheberschaft des Erblassers und die Ernstlichkeit seiner Erklärung auf andere Weise - etwa durch Zeugen - nachgewiesen werden, weil die vielfältigen Formzwecke nicht anderweitig ersetzt werden können.
Aufsatz
Herbert Grziwotz
Selbstbestimmtes Testieren bei Verfügungen von Todes wegen
MDR 2025, 1239
Aufsatz
Die Entwicklungen im Erbrecht
Franz M. Große-Wilde, MDR 2025, 564
MDR0078266
Aktionsmodul Zivilrecht
Otto Schmidt Answers optional dazu buchen und die KI 4 Wochen gratis nutzen! Die Answers-Lizenz gilt für alle Answers-fähigen Module, die Sie im Abo oder im Test nutzen. Topaktuelle Werke: Zöller ZPO mit Online-Aktualisierungen, Vorwerk Das Prozessformularbuch, Erman BGB uvm. Inklusive LAWLIFT Dokumentautomation Zivilprozessrecht, Beiträge zum Selbststudium nach § 15 FAO und Unterhaltsrechner. 4 Wochen gratis nutzen!