Trotz Freispruch wegen Brandstiftung: Landwirt haftet für Versicherungsmissbrauch
OLG Oldenburg v. 20.3.2025 - 1 U 229/20
Der Sachverhalt:
In den Jahren 1996, 1997, 2001 und 2006 kam es in verschiedenen Gebäuden, die sich im Eigentum des beklagten Landwirts und seiner ebenfalls beklagten Ehefrau befanden, zu Bränden. Während die Ermittlungsbehörden die ersten drei Brände auf technische Defekte zurückführten, wurde für den Brand im Jahr 2006 Brandstiftung als Ursache festgestellt. Die Beklagten erhielten in allen Fällen Entschädigungsleistungen aus Feuerversicherungen. Über die Jahre hatte der Landwirt zudem in mehreren Fällen Haftpflichtversicherer wegen angeblicher Verkehrsunfälle in Anspruch genommen, wobei zumindest in zwei Fällen Gerichte später zu dem Ergebnis kamen, dass es sich hierbei um fingierte Unfälle gehandelt hatte.
Im Jahr 2009 kam es erneut zu einem Brand, diesmal in einem Kälbermaststall auf einem Grundstück, das der Beklagten gehört. Aufgrund dieses Brandes zahlte die Klägerin aus den bei ihr abgeschlossenen Feuerversicherungen insgesamt knapp 600.000 € an die Ehefrau. Im Folgejahr ereigneten sich zwei weitere Brände an einem im Eigentum des Landwirts stehenden Wohn- und Geschäftshaus. Diesmal weigerte sich die Klägerin, für den geltend gemachten Schaden zu zahlen. Eine daraufhin erhobene Klage wurde später durch das LG Oldenburg (bestätigt durch das OLG Oldenburg) zurückgewiesen; die Gerichte waren davon überzeugt, dass der Landwirt die Brände selbst herbeigeführt hatte.
Wegen möglicher Betrugs- und Brandstiftungsdelikte im Zusammenhang mit den Bränden in den Jahren 2006, 2009 und 2010 erhob die Staatsanwaltschaft Oldenburg im Jahr 2012 Anklage gegen die Beklagten und weitere möglicherweise beteiligte Personen. Das LG Oldenburg sprach die Angeklagten jedoch letztlich frei, da nicht mit der für eine strafrechtliche Verurteilung erforderlichen Sicherheit feststand, dass die Angeklagten die ihnen zur Last gelegten Taten wirklich begangen hatten. Vorliegend verlangt die Klägerin die Rückzahlung der geleisteten knapp 600.000 € von den Beklagten; der Brand in dem Kälbermaststall im Jahr 2009 sei im Auftrag der Beklagten gelegt worden.
Das LG wies die Klage ab. Auf die Berufung der Klägerin gab das OLG der Klage statt. Das Urteil ist rechtskräftig.
Die Gründe:
Der beklagte Landwirt ist der Klägerin aus § 823 Abs. 2 Satz 1 BGB i.V.m. §§ 265 Abs. 1, 25 StGB sowie § 826 BGB zum Schadensersatz verpflichtet. Denn er hat sich eines Versicherungsmissbrauchs nach § 265 Abs. 1 StGB schuldig gemacht, entweder als mittelbarer Täter oder als Mittäter.
Aufgrund einer zusammenfassenden Würdigung aller vorliegenden Indizien ist davon auszugehen, dass der Beklagte den Brand in dem Kälbermaststall herbeigeführt hat, indem er nach eigenem Tatplan einen Dritten mit der Brandlegung beauftragte und die Tat auch selbst mit vorbereitete. Im Rahmen der freien Beweiswürdigung nach § 286 ZPO war das OLG hierbei an das vorangegangene strafgerichtliche Urteil nicht gebunden.
Mithin hat der Beklagte nun der Klägerin die 600.000 € als Schadensersatz zurückzuzahlen, wobei sich der Betrag durch die aufgelaufenen Zinsen noch wesentlich erhöht. Dass die ebenfalls beklagte Ehefrau am Versicherungsbetrug beteiligt war, konnte nicht zweifelsfrei festgestellt werden.
Mehr zum Thema:
Rechtsprechung
Selbstständige Ausbreitungsfähigkeit des Feuers für Begriff des "Brandes" ausreichend
OGH vom 23.09.2024 - 7 OB 113/24D
VersR 2025, 775
VERSR0079421
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OLG Oldenburg PM Nr. 11 vom 17.6.2025
In den Jahren 1996, 1997, 2001 und 2006 kam es in verschiedenen Gebäuden, die sich im Eigentum des beklagten Landwirts und seiner ebenfalls beklagten Ehefrau befanden, zu Bränden. Während die Ermittlungsbehörden die ersten drei Brände auf technische Defekte zurückführten, wurde für den Brand im Jahr 2006 Brandstiftung als Ursache festgestellt. Die Beklagten erhielten in allen Fällen Entschädigungsleistungen aus Feuerversicherungen. Über die Jahre hatte der Landwirt zudem in mehreren Fällen Haftpflichtversicherer wegen angeblicher Verkehrsunfälle in Anspruch genommen, wobei zumindest in zwei Fällen Gerichte später zu dem Ergebnis kamen, dass es sich hierbei um fingierte Unfälle gehandelt hatte.
Im Jahr 2009 kam es erneut zu einem Brand, diesmal in einem Kälbermaststall auf einem Grundstück, das der Beklagten gehört. Aufgrund dieses Brandes zahlte die Klägerin aus den bei ihr abgeschlossenen Feuerversicherungen insgesamt knapp 600.000 € an die Ehefrau. Im Folgejahr ereigneten sich zwei weitere Brände an einem im Eigentum des Landwirts stehenden Wohn- und Geschäftshaus. Diesmal weigerte sich die Klägerin, für den geltend gemachten Schaden zu zahlen. Eine daraufhin erhobene Klage wurde später durch das LG Oldenburg (bestätigt durch das OLG Oldenburg) zurückgewiesen; die Gerichte waren davon überzeugt, dass der Landwirt die Brände selbst herbeigeführt hatte.
Wegen möglicher Betrugs- und Brandstiftungsdelikte im Zusammenhang mit den Bränden in den Jahren 2006, 2009 und 2010 erhob die Staatsanwaltschaft Oldenburg im Jahr 2012 Anklage gegen die Beklagten und weitere möglicherweise beteiligte Personen. Das LG Oldenburg sprach die Angeklagten jedoch letztlich frei, da nicht mit der für eine strafrechtliche Verurteilung erforderlichen Sicherheit feststand, dass die Angeklagten die ihnen zur Last gelegten Taten wirklich begangen hatten. Vorliegend verlangt die Klägerin die Rückzahlung der geleisteten knapp 600.000 € von den Beklagten; der Brand in dem Kälbermaststall im Jahr 2009 sei im Auftrag der Beklagten gelegt worden.
Das LG wies die Klage ab. Auf die Berufung der Klägerin gab das OLG der Klage statt. Das Urteil ist rechtskräftig.
Die Gründe:
Der beklagte Landwirt ist der Klägerin aus § 823 Abs. 2 Satz 1 BGB i.V.m. §§ 265 Abs. 1, 25 StGB sowie § 826 BGB zum Schadensersatz verpflichtet. Denn er hat sich eines Versicherungsmissbrauchs nach § 265 Abs. 1 StGB schuldig gemacht, entweder als mittelbarer Täter oder als Mittäter.
Aufgrund einer zusammenfassenden Würdigung aller vorliegenden Indizien ist davon auszugehen, dass der Beklagte den Brand in dem Kälbermaststall herbeigeführt hat, indem er nach eigenem Tatplan einen Dritten mit der Brandlegung beauftragte und die Tat auch selbst mit vorbereitete. Im Rahmen der freien Beweiswürdigung nach § 286 ZPO war das OLG hierbei an das vorangegangene strafgerichtliche Urteil nicht gebunden.
Mithin hat der Beklagte nun der Klägerin die 600.000 € als Schadensersatz zurückzuzahlen, wobei sich der Betrag durch die aufgelaufenen Zinsen noch wesentlich erhöht. Dass die ebenfalls beklagte Ehefrau am Versicherungsbetrug beteiligt war, konnte nicht zweifelsfrei festgestellt werden.
Rechtsprechung
Selbstständige Ausbreitungsfähigkeit des Feuers für Begriff des "Brandes" ausreichend
OGH vom 23.09.2024 - 7 OB 113/24D
VersR 2025, 775
VERSR0079421
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