18.10.2022

Umgangsverfahren: Ohne vorhergehende Beratung durch das Jugendamt droht Ablehnung von Verfahrenskostenhilfe wegen Mutwilligkeit

Wenn in einem Umgangsverfahren ein Elternteil vor Inanspruchnahme des Gerichts keine Beratung oder Vermittlung durch das Jugendamt in Anspruch nimmt, kommt im Einzelfall die Ablehnung von Verfahrenskostenhilfe wegen Mutwilligkeit in Betracht.

OLG Hamburg v. 18.8.2022 - 12 WF 87/22
Der Sachverhalt:
Der Vater begehrt die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für ein Umgangsverfahren. Er reichte einen Antrag auf Regelung des Umgangs der Mutter mit dem gemeinsamen Sohn X ein. Dieser lebte zunächst in einer Wohngruppe bevor er in den Haushalt des Vaters wechselte. Der jüngerer Sohn Y und ein älterer Sohn Z leben bei der Mutter. Der Umgang mit X findet vierzehntägig am Wochenende sowie donnerstags nachmittags statt.

Der Vater möchte erreichen, dass der Umgang der Mutter mit X in einer Zeit stattfindet, in der der gemeinsame Sohn Z nicht bei der Mutter ist. Er trug vor, dass die Mutter den Umgang mit den Söhnen am Wochenende gemeinsam ausüben möchte, so dass sie am darauffolgenden Wochenende frei hat.

Das AG wies darauf hin, dass es einen Regelungsbedarf nicht erkennen könne. Die Eltern seien sich über die Zeiten des Umgangs einig. Die Gestaltung des Umgangs obliege der Mutter. Ihr könne nicht vorgeschrieben werden, den weiteren Sohn beim Umgang auszuschließen. Der Vater habe zunächst zu versuchen mit der Mutter beim Jugendamt eine Absprache zu treffen bevor er Verfahrenskostenhilfe in Anspruch nehmen könne. Darauf teilte der Vater mit, dass er es zum Wohle des Kindes für angezeigt halte, den Umgang zu reduzieren.

Das AG wies den Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe zurück. Die sofortige Beschwerde des Vaters hatte vor dem OLG keinen Erfolg.

Die Gründe:
Das AG hat den Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe zu Recht abgelehnt. Die Rechtsverfolgung des Vaters ist derzeit mutwillig.

Mutwillig ist nach der Legaldefinition des § 114 Abs. 2 ZPO die Rechtsverfolgung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht. Wenn in einem Umgangsverfahren ein Elternteil vor Inanspruchnahme des Gerichts keine Beratung oder Vermittlung durch das Jugendamt in Anspruch nimmt, kommt im Einzelfall die Ablehnung von Verfahrenskostenhilfe wegen Mutwilligkeit in Betracht. Es ist dem Hilfsbedürftigen grundsätzlich zunächst abzuverlangen, dass er die ihm kostenfrei zugänglichen Angebote - insbesondere die Vermittlungsbemühungen des Jugendamtes - zur Erreichung seines Zieles wenigstens versuchsweise wahrnimmt, bevor er gerichtliche Hilfe in Anspruch nimmt. Sind solche Bemühungen dagegen fehlgeschlagen, erkennbar aussichtslos oder verbietet eine besondere Dringlichkeit die Inanspruchnahme außergerichtlicher Hilfe, ist Verfahrenskostenhilfe grundsätzlich zu gewähren.

Vorliegend hat der Vater bisher nicht dargelegt, dass er dem nachgekommen ist. Vielmehr hat er die Regelung des Umgangs beantragt, ohne darzulegen, dass er seinerseits das Jugendamt um Vermittlung gebeten hätte oder aus welchen Gründen die Vermittlung aussichtslos sein sollte. Soweit der Vater darauf hinweist, dass auch das Jugendamt es für wünschenswert erachtet, dass X ungeteilte Zeit mit seiner Mutter verbringt, ist nicht erkennbar, dass er sich um eine Vermittlung zwischen den Eltern bemüht hat. Dabei ist zu berücksichtigen, dass aufgrund der zahlreichen familiengerichtlichen Verfahren bereits ein Kontakt zum Jugendamt besteht und zwischen den Beteiligten offenbar grundsätzlich Einigkeit darüber besteht, dass die Mutter mit X unbegleiteten Umgang pflegt. Die Uneinigkeit der Eltern erscheint dabei nicht unüberbrückbar. Vor diesem Hintergrund wird der Vater zunächst seine außergerichtlichen Bemühungen im Einzelnen darzulegen haben.

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Aufsatz:
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