07.05.2021

Umgestaltung der Mietsache als Gegenleistung für Gebrauchsgewährung: Kurze Verjährung der Ersatzansprüche wegen Nichterfüllung

Übernimmt der gewerbliche Mieter eine Verpflichtung zur Umgestaltung der Mietsache als (teilweise) Gegenleistung für die Gebrauchsgewährung und bezieht sich die Umgestaltungspflicht auf den Zustand des Mietobjekts bei dessen Rückgabe, gilt für Ersatzansprüche wegen Nichterfüllung oder nicht vollständiger Erfüllung der Verpflichtung die kurze Verjährung nach § 548 Abs. 1 BGB.

BGH v. 31.3.2021 - XII ZR 42/20
Der Sachverhalt:
Der Kläger vermietete der Beklagten Teilbereiche einer Halle zum Betrieb einer stahlverarbeitenden Werkstatt nebst Lager. Mit Ergänzungsvertrag vom 1.1.2006 vermietete er weitere 70 qm in der Halle zu einem mtl. Nettobetrag von 100 € zzgl. gesetzlicher Mehrwertsteuer. Im Anschluss daran heißt es in dem Vertrag:

"Der Mieter verpflichtet sich als Gegenleistung folgende Wertverbesserung in dem angemieteten Objekt vorzunehmen:
- Isolierung und fehlende Wandverkleidung an der hintersten Giebelseite auf eigene Kosten vorzunehmen. Wertverbesserung ca. 6.000 €
- Ausgleich und Versiegelung des Betonfußbodens in der Halle und im Werkraum. Wertverbesserung ca. 2.000 bis 2.500 €".

Die Arbeiten waren nach der Vorstellung der Beklagten erforderlich, um eine immissionsrechtliche Genehmigung für die von ihr auf der Erweiterungsfläche geplante Herstellung von Kunststoffprodukten zu erlangen. Im Januar 2009 schlossen die Parteien einen neuen Mietvertrag über das bisherige Mietobjekt, in dem ebenfalls die Verpflichtung der Beklagten zur "Versiegelung des Hallenbodens und Isolierung des rückwärtigen Teilbereichs Raumabteilung der Halle gem. ehemaliger Zusatzvereinbarung vom 1.1.2006" auf ihre Kosten vereinbart war. In der Folgezeit nahm die Beklagte Abstand von ihren Kunststoffverarbeitungsplänen und führte auch die vereinbarten Umbauarbeiten nicht durch.

Nach Beendigung des Mietverhältnisses zum 30.11.2017 und Räumung der Mietsache zum 15.2.2018 verlangt der Kläger u.a. Schadensersatz in Höhe der Herstellungskosten für die Wandverkleidung an der Giebelseite (rd. 2.300 €) sowie für die Bodenversiegelung (rd. 19.300 €), insgesamt 21.600 €.

LG und OLG wiesen die Klage ab. Auf die Revision des Klägers hob der BGH das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.

Die Gründe:
Das OLG nimmt zu Unrecht an, der Kläger könne von der Beklagten keinen Schadensersatz nach § 280 Abs. 1 und 3, § 281 Abs. 1 BGB verlangen.

Eine eingetretene Verjährung des Primäranspruchs stünde der Durchsetzung des Sekundäranspruchs entgegen. Eine Verjährung des Primäranspruchs ist hier jedoch nicht eingetreten. Zwar hat das OLG den Vertrag in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise dahin ausgelegt, dass die vom Mieter übernommene Umbauverpflichtung eine Gegenleistung für die Nutzungsüberlassung darstellte und mangels abweichender Vereinbarung zur sofortigen Erfüllung fällig war (§ 271 Abs. 1 BGB). Daraus folgt aber nichts für die Verjährung der Ansprüche des Vermieters auf Rückgabe der Mietsache in vertraglich vereinbartem Zustand. Soweit die übernommene Umbauverpflichtung, unter Berücksichtigung der nachfolgend zu erwartenden Abnutzung, den bei der Rückgabe geschuldeten Zustand der Mietsache vertraglich festlegt, verjähren die Ersatzansprüche des Vermieters wegen eines davon abweichenden Zustands in sechs Monaten ab dem Zeitpunkt, in dem er die Mietsache zurückerhält (§ 548 Abs. 1 BGB).

Verspricht der Mieter eine Umgestaltung der Mietsache auf seine Kosten, so kann dies zwar einen Teil der als Gegenleistung für die Gebrauchsgewährung geschuldeten Miete darstellen. Die Vorschrift des § 548 Abs. 1 BGB erfasst jedoch auch Erfüllungsansprüche, die zugleich als Hauptpflicht ausgebildet sind, sofern sie den Zustand festlegen, den die Mietsache im Zeitpunkt der Rückgabe haben soll. Der Anwendungsbereich des § 548 Abs. 1 BGB ist weit auszulegen. Der Begriff der Verschlechterung i.S.d. § 548 Abs. 1 BGB setzt nicht voraus, dass der Zustand der Mietsache im Vergleich zum Beginn des Mietverhältnisses schlechter geworden ist. Gleichzustellen sind vielmehr Forderungen, die sich daraus ergeben, dass die Mietsache in dem Zeitpunkt, in dem sie der Vermieter zurückerhält, in einer für ihn nachteiligen Weise von dem Zustand abweicht, den sie nach dem Vertrag bei Rückgabe haben soll. Auch für solche Fälle bezweckt § 548 BGB eine zeitlich klar umgrenzte Abwicklung der beiderseitigen Ansprüche nach Beendigung des Mietvertrags. Danach kommt es bei einer vom Mieter übernommenen Verpflichtung zur Umgestaltung der Mietsache darauf an, ob sie sich auf den Zustand des Mietobjekts bei dessen Rückgabe bezieht. In dem Fall hat die Nichterfüllung oder nicht vollständige Erfüllung dieses Anspruchs eine Verschlechterung der Mietsache i.S.d. § 548 Abs. 1 BGB zur Folge. § 548 Abs. 1 BGB erfasst sämtliche Schadensersatzansprüche des Vermieters, die ihren Grund darin haben, dass der Mieter die Mietsache als solche zwar zurückgegeben hat, diese sich aber nicht in dem bei der Rückgabe vertraglich geschuldeten Zustand befindet.

Vorliegend sind die vorzunehmenden Umbauarbeiten mit den Attributen "Wertverbesserung ca. 6.000 €" bzw. "Wertverbesserung ca. 2.000 bis 2.500 €" gekennzeichnet. Daraus folgt, dass die gemietete Fläche nicht nur für spezielle Bedürfnisse der Nutzung durch die Beklagte angepasst werden sollte, sondern dass durch die bezeichneten Maßnahmen eine konkrete Wertverbesserung der Mietsache selbst, auch für künftige Nutzungen, bewirkt werden sollte. Die als Gegenleistung zur Gebrauchsgewährung übernommenen Umbauarbeiten bezeichnen damit einen veränderten Zustand des Mietobjekts als bei dessen Rückgabe geschuldet, nämlich mit durchgeführter Isolierung, Wandverkleidung und Bodenversiegelung unter Berücksichtigung einer nachfolgenden, vertragsgemäßen Abnutzung.

Weil die Klage am 11.8.2018 und somit noch innerhalb von sechs Monaten nach Rückerhalt der Mietsache erhoben worden ist, steht die Verjährungseinrede dem geltend gemachten Ersatzanspruch nicht entgegen. Somit kommt es auch nicht darauf an, ob die in § 25 Nr. 6 des zuletzt geschlossenen Mietvertrags formularmäßig getroffene Vereinbarung, wonach die Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderung oder Verschlechterung der Mietsache in zwölf Monaten verjähren, wirksam. Übernimmt der gewerbliche Mieter eine Verpflichtung zur Umgestaltung der Mietsache als (teilweise) Gegenleistung für die Gebrauchsgewährung und bezieht sich die Umgestaltungspflicht auf den Zustand des Mietobjekts bei dessen Rückgabe, gilt für Ersatzansprüche wegen Nichterfüllung oder nicht vollständiger Erfüllung der Verpflichtung die kurze Verjährung nach § 548 Abs. 1 BGB.
BGH online
Zurück