Unerbetene E-Mail bzw. Telefonwerbung: Ermittlung des Gegenstandswerts bei Klage auf Unterlassung
KG Berlin v. 17.1.2022 - 5 W 152/21Das KG hat im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens bzgl. einer Klage auf Unterlassung unerbetener Telefonwerbung und unerbetener Zusendung von E-Mails mit werblichem Inhalt Stellung genommen zur Ermittlung des Gegenstandswerts in diesen Verfahren.
Die Gründe:
Der für einen Anspruch auf Unterlassung unerbetener Werbe-E-Mails anzusetzende Gegenstandswert für die Hauptsache ist mit 3.000 € anzunehmen, wenn der Adressat des E-Mail-Schreibens hierdurch in seiner Privatsphäre betroffen ist und aufgrund der mit dem Empfang einer unerbetenen Werbe-E-Mail einhergehenden Belästigung in sein Allgemeines Persönlichkeitsrecht eingegriffen wird.
Ein Streitwert für die Hauptsache i.H.v. 3.000 € bildet regelmäßig auch das Interesse des Empfängers eines E-Mail-Schreibens an der Unterlassung weiterer Zusendungen von E-Mail-Werbung hinreichend ab, der hierdurch in seiner gewerblichen Tätigkeit oder Berufsausübung betroffen ist und einen Unterlassungsanspruch wegen eines Eingriffes in sein Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb geltend macht.
Bei Zusendungen mehrerer E-Mail-Schreiben ist der Streitwert angesichts des hiermit einhergehenden höheren Angriffsfaktors grundsätzlich für jedes weitere Schreiben um 1/3 zu erhöhen. Stehen mehrere E-Mail-Schreiben allerdings in einem engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang, ist eine Erhöhung um insgesamt 10 % ausreichend, um dem erhöhten Angriffsfaktor der erneuten Belästigung durch eine weitere Zusendung mit werblichem Inhalt Rechnung zu tragen.
Nimmt der Anspruchsteller neben dem werbenden Unternehmen auch dessen Geschäftsführer auf Unterlassung in Anspruch, ist ein weiterer Aufschlag auf den Streitwert i.H.v. - je Geschäftsführer - 1/5 vorzunehmen.
Für einen Anspruch auf Unterlassung unerbetener Werbeanrufe ist der Gegenstandswert für die Hauptsache mit Blick auf den im Vergleich zu einer E-Mail-Werbung erhöhten Lästigkeits- und damit auch Angriffsfaktor mit 4.000 € anzusetzen, wenn der Angerufene hierdurch in seiner Privatsphäre betroffen ist und aufgrund der hiermit einhergehenden Belästigung in sein Allgemeines Persönlichkeitsrecht eingegriffen wird. Nichts anderes kann für einen Werbeanruf im gewerblichen oder beruflichen Umfeld gelten.
Mehr zum Thema:
- KOMMENTIERUNG: § 3 Wertfestsetzung nach freiem Ermessen, Herget in Zöller, ZPO, 34. Aufl. 2022
- Beratermodul Zöller Zivilprozessrecht: Die perfekte Basisausstattung zum Zivilprozessrecht finden Praktiker in diesem neuen Modul. 4 Wochen gratis nutzen!