16.09.2022

Unfallversicherung: Keine Ansprüche wegen einer posttraumatischen Belastungsstörung

Nach den Allgemeinen Bedingungen der Unfallversicherung (AUB 2008) sind krankhafte Störungen in Folge psychischer Reaktionen vom Versicherungsschutz ausgenommen, auch wenn sie durch den Unfall verursacht wurden. Für diesen Leistungsausschluss ist es unerheblich, ob sich die psychischen Reaktionen als medizinisch nicht nachvollziehbare Fehlverarbeitung darstellen.

OLG Frankfurt a.M. v. 13.7.2022 - 7 U 88/21
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist bei der Beklagten mit einer Invaliditätsgrundsumme von 25.000 € unfallversichert. Einbezogen wurden die AUB 2008. Vom Versicherungsschutz ausgenommen sind "krankhafte Störungen in Folge psychischer Reaktionen, auch wenn diese durch den Unfall verursacht wurden". Der Kläger macht gegenüber der Beklagten Leistungen wegen unfallbedingter Invalidität geltend. Er beruft sich auf einen Unfall, bei dem er seinen rechten Ellenbogen an einem Heizkörper angestoßen habe mit einer anschließenden großflächigen Infektion des betroffenen Armes. Durch die Armverletzung sei es zu einer posttraumatischen Belastungsstörung gekommen. Die Beklagte verweist auf ihren Leistungsausschluss für psychische Reaktionen.

Das LG gab der Klage teilweise statt; es verurteilte die Beklagte wegen festgestellter Dauerfolgen am Arm zur Zahlung von 12.500 € und wies Ansprüche wegen krankhafter Veränderungen der Psyche zurück. Die Berufung des Klägers hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Die beim BGH anhängige Nichtzulassungsbeschwerde wird dort unter dem Az. IV ZR 302/22 geführt.

Die Gründe:
Dem Kläger steht wegen des vereinbarten Leistungsausschlusses für psychische Reaktionen keine weitere Invaliditätsleistung zu.

Auch nach den Behauptungen des Klägers hat nicht der Anstoß an den Heizkörper selbst oder die daraus resultierende Entzündungsreaktion unmittelbar zu einer Veränderung der Hirnstruktur geführt. Er beruft sich vielmehr selbst auf eine posttraumatische Belastungsstörung als Folge der Funktionseinschränkungen am Arm. Ob diese psychische Reaktion auf das körperliche Geschehen nachvollziehbar ist, kann offenbleiben.

Der Ausschlusstatbestand erfasst nicht nur "Fehlverarbeitungen". Es besteht vielmehr schon dann kein Versicherungsschutz, wenn die Störung des Körpers - wie hier - rein psychisch-reaktiver Natur ist. Der Ausschluss knüpft an objektiv fassbare Vorgänge an. Es ist mit dem Wortlaut der Klausel kaum vereinbar, auf das Kriterium der "medizinischen Nachvollziehbarkeit" abzustellen, da dieses auf eine Ursachenbetrachtung abzielt, ob der Unfall mehr oder weniger zwangsläufig bzw. regelmäßig und unvermeidbar psychische Beschwerden der aufgetretenen Art hervorrufen konnte. Nach der Klausel sind jedoch psychische Reaktionen auch dann ausgeschlossen, wenn diese durch einen Unfall verursacht wurden.

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OLG Frankfurt a.M. PM Nr. 74 vom 15.9.2022
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