08.01.2021

Unterschreitung der vertraglich vereinbarten Fläche durch nachträglich erfolgte Umbauarbeiten am Mietobjekt

Die Unterschreitung der vertraglich vereinbarten durch die dem Mieter vom Vermieter tatsächlich überlassenen Fläche stellt auch dann einen Sachmangel der Mietsache dar, wenn die Flächendifferenz die Folge von nach Abschluss des Mietvertrags erfolgten Umbauarbeiten ist, durch die diese Fläche dem angrenzenden Mietobjekt zugeschlagen worden ist. Weist bei der Miete von Geschäftsräumen die Mietfläche eine Größe auf, die um weniger als 10 % unter der im Mietvertrag vereinbarten Fläche zurückbleibt, ist eine Mietminderung zwar nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Der Mieter hat in diesem Fall jedoch konkret darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass durch die Flächenabweichung der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache beeinträchtigt wird.

BGH v. 25.11.2021 - XII ZR 40/19
Der Sachverhalt:
Die Klägerin begehrt die Feststellung einer Minderung der Miete um 10 %, weil ihr das Mietobjekt nicht im vertraglich geschuldeten Umfang übergeben worden sei. Die Klägerin mietete im Juni 2015 von der Rechtsvorgängerin der Beklagten Räumlichkeiten zum Betrieb einer Ballettschule. Die vereinbarte Bruttomiete beträgt mtl. 4.900 €. Das Mietobjekt ist in § 1 des Mietvertrags (Mieträume) beschrieben, der auf einen als Anlage 1 bezeichneten Grundriss Bezug nimmt, in dem die vermieteten Flächen gekennzeichnet sind. Die Gesamtfläche des Mietobjekts beträgt danach rd. 300 qm.

Mit Schreiben vom 19.8.2016 teilte die ursprüngliche Vermieterin der Klägerin mit, dass nach durchgeführten Umbauarbeiten nicht die in der Anlage 1 zum Mietvertrag ausgewiesene Fläche, sondern eine um ca. 10 qm kleinere Fläche übergeben worden sei. Außerdem sei in dem ursprünglichen Mietvertrag versehentlich der Flur, der den einzigen Zugang zu der benachbarten Mieteinheit ermögliche, dem Mietobjekt der Klägerin zugeschlagen worden. Die ursprüngliche Vermieterin bat die Klägerin daher um Unterzeichnung eines entsprechenden Nachtrags, dem als Anlage 1 ein aktueller Grundrissplan beigefügt war. Diesen Nachtrag unterzeichnete die Klägerin nicht.

Im vorliegenden Rechtsstreit begehrt die Klägerin von der Beklagten, die mittlerweile Eigentümerin des Mietobjekts geworden war, die Feststellung, dass sie berechtigt ist, die mtl. Bruttomiete i.H.v. derzeit 4.900 € für die von ihr gemieteten Flächen um 10 % zu mindern.

LG und OLG wiesen die Klage ab. Die Revision der Klägerin hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Die Klägerin ist nicht zur Minderung der Miete berechtigt.

Nach § 536 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB ist der Mieter bei Vorliegen eines Mangels der Mietsache, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt oder mindert, von der Entrichtung der Miete befreit bzw. nur zur Entrichtung einer angemessen herabgesetzten Miete verpflichtet. Eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit bleibt dabei außer Betracht (§ 536 Abs. 1 Satz 3 BGB). Ein Mangel der Mietsache i.S.v. § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB ist die für den Mieter nachteilige Abweichung des tatsächlichen Zustands der Mietsache von dem vertraglich Vereinbarten. Welchen Soll-Zustand die vermietete Sache spätestens bei Überlassung an den Mieter aufweisen muss, bestimmen grundsätzlich die Vertragsparteien durch die Festlegung des dem Mieter jeweils geschuldeten vertragsgemäßen Gebrauchs.

Vorliegend wurden der Klägerin die gemieteten Räumlichkeiten vollständig zum vertragsgemäßen Gebrauch übergeben. Aufgrund der nach Abschluss des Mietvertrags vorgenommenen Umbauarbeiten hat sich lediglich die Grundfläche eines Übungsraums um ca. 10 qm verkleinert, weil diese Fläche dem angrenzenden Mietobjekt zugeschlagen worden ist. Damit liegt jedoch kein Fall der Doppelvermietung vor, der als Rechtsmangel angesehen wird. Die Vermieterin hat die fehlende Fläche nicht an zwei verschiedene Mieter vermietet, sondern nur aufgrund baulicher Maßnahmen die Flächengröße der gemieteten Räumlichkeiten nachträglich verändert.

Auch der BGH hat in der Vergangenheit bei der Miete von Räumen die Unterschreitung der vertraglich vereinbarten durch die dem Mieter vom Vermieter tatsächlich überlassene Fläche stets als Sachmangel i.S.v. § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB behandelt. Diese Rechtsprechung bezieht sich nicht nur auf Fälle, in denen die Mietflächenabweichung auf einer Falschberechnung der Fläche einer ansonsten vertragsgemäß und vollständig übergebenen Mietsache beruhte, sondern auch auf Sachverhalte, in denen die Unterschreitung der vertraglich vereinbarten Mietfläche wie hier durch Umbauarbeiten verursacht wurde, die nach Abschluss des Mietvertrags durchgeführt wurden.

Nach den getroffenen Feststellungen liegt aufgrund der Flächenabweichung auch ein Sachmangel i.S.v. § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB vor. Allerdings hat das OLG ebenfalls zu Recht angenommen, dass die Klägerin trotz des festgestellten Sachmangels nicht zur Minderung der Miete berechtigt ist. Weist bei der Miete von Geschäftsräumen die Mietfläche eine Größe auf, die um weniger als 10 % unter der im Mietvertrag vereinbarten Fläche zurückbleibt, ist eine Mietminderung zwar nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Der Mieter hat in diesem Fall jedoch konkret darzulegen und ggf. auch zu beweisen, dass durch die Flächenabweichung der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache beeinträchtigt wird. Hier hat die Klägerin nicht ausreichend dargelegt, durch die geringfügige Flächenabweichung in dem vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache beeinträchtigt zu sein.
BGH online
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