Unwirksame Klausel in AGB einer Fluglinie hinsichtlich einer Nachkalkulation bei Abweichung von einer im Flugschein angegebenen Reihenfolge von Teilstrecken
BGH v. 28.10.2025 - X ZR 110/24
Der Sachverhalt:
Der Kläger wendet sich gegen eine Klausel in den AGB des beklagten Luftfahrtunternehmens. Die Beklagte bietet Verbrauchern die Möglichkeit, von ihr angebotene Flüge online über ihre Internet-Seiten zu buchen. Sie verwendet hierbei ihre Allgemeinen Beförderungsbedingungen für Fluggäste und Gepäck (ABB). Diese enthalten folgende Regelung:
"3.3.3 Sofern Sie sich für einen Tarif entschieden haben, der die Einhaltung einer festen Couponreihenfolge vorsieht, beachten Sie bitte, dass wenn Sie die Beförderung nicht auf allen oder nicht in der im Flugschein angegebenen Reihenfolge der einzelnen Teilstrecken bei ansonsten unveränderten Reisedaten antreten, wir den Flugpreis entsprechend Ihrer geänderten Streckenführung nachkalkulieren werden. Dabei wird der Flugpreis ermittelt, den Sie in Ihrer Preisgruppe am Tag Ihrer Buchung für Ihre tatsächliche Streckenführung zu entrichten gehabt hätten. Dieser kann höher oder niedriger sein als der ursprünglich bezahlte Flugpreis.
War die von Ihnen ursprünglich gebuchte Preisgruppe für die geänderte Streckenführung am Tag der Buchung nicht verfügbar, wird für die Nachkalkulation die günstigste verfügbar gewesene Preisgruppe für Ihre geänderte Streckenführung zugrunde gelegt.
Sofern am Tag der Buchung für Ihre geänderte Streckenführung ein höherer Flugpreis zu entrichten gewesen wäre, werden wir unter Anrechnung des bereits gezahlten Flugpreises die Differenz nacherheben. Bitte beachten Sie, dass wir die Beförderung davon abhängig machen können, dass Sie den Differenzbetrag gezahlt haben.
Sollten Sie über ein nach den Tarifbedingungen erstattbares Ticket verfügen und noch keine Teilstrecke abgeflogen haben, steht es Ihnen frei, sich den Ticketpreis gemäß den Tarifbestimmungen erstatten zu lassen. Sie verlieren damit Ihren Beförderungsanspruch.
Dieser Artikel 3.3.3 gilt nicht für Beförderungen von Verbrauchern mit Wohnsitz in Österreich."
Der Kläger macht geltend, die in den ersten drei Absätzen dieser Klausel vorgesehene Regelung sei überraschend und intransparent und führe zu einer unangemessenen Benachteiligung der Fluggäste. Der Kläger beantragte, der Beklagten zu verbieten, die beanstandete Bestimmung in Flugbeförderungsverträge mit Verbrauchern einzubeziehen und sich auf sie bei der Abwicklung derartiger Verträge zu berufen. Ferner begehrt er Erstattung von Abmahnkosten i.H.v. 260 € nebst Zinsen.
Das LG wies die Klage ab; das OLG gab ihr statt. Die Revision der Beklagten hatte vor dem BGH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Zu Recht hat das OLG angenommen, dass die beanstandete Bestimmung der Inhaltskontrolle gem. § 307 bis § 309 BGB unterliegt. Die beanstandete Bestimmung unterscheidet sich von Klauseln, die der BGH in zwei früheren Entscheidungen zu beurteilen hatte, dadurch, dass eine Abweichung von der im Flugschein angegebenen Reihenfolge nicht zum vollständigen Verlust des Beförderungsanspruchs führt, sondern zu einer Nachkalkulation und damit je nach Fallgestaltung zu einer Erhöhung des zu zahlenden Preises. Das OLG hat diesen Unterschied zutreffend erfasst. Entgegen der Auffassung der Revision hat das OLG nicht angenommen, dass die beanstandete Bestimmung den Beförderungsanspruch ausschließt. Es ist bei seiner Beurteilung vielmehr davon ausgegangen, dass die Regelung zur Folge haben kann, dass der Fluggast nur noch dann befördert wird, wenn er ein zusätzliches Entgelt zahlt. Dieses Verständnis ist zutreffend.
Vor diesem Hintergrund ist das OLG zu Recht davon ausgegangen, dass die beanstandete Bestimmung nicht nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der Inhaltskontrolle entzogen ist. Nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB unterfallen in AGB nur solche Bestimmungen der Inhaltskontrolle, die von Rechtsvorschriften abweichen oder diese ergänzen. Diese Voraussetzung ist im Streitfall erfüllt. Die von der Revision angeführte Möglichkeit, zwischen einem Tarif mit fester Flugscheinreihenfolge und einem Flex-Tarif mit voller Flexibilität zu wählen, macht die beanstandete Bestimmung nicht zu einer Individualabrede i.S.v. § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB. Ebenfalls zu Recht ist das OLG zu dem Ergebnis gelangt, dass die beanstandete Bestimmung den Vertragspartner entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt, weil sie von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung abweicht und nicht in jeder von ihr erfassten Konstellation durch hinreichende Interessen der Beklagten gerechtfertigt ist (§ 307 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 BGB).
Wie der BGH bereits entschieden hat, zählt die Regel, dass der Gläubiger grundsätzlich berechtigt ist, nur einen Teil der ihm vertraglich zustehenden teilbaren Gesamtleistung vom Schuldner zu fordern, sofern dem nicht der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) entgegensteht, zu den wesentlichen Grundgedanken des Schuldrechts. Eine Abweichung von diesem Grundsatz in AGB kann der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB nur insoweit standhalten, als sie durch hinreichende Interessen des Verwenders gerechtfertigt ist. Einem Luftfahrtunternehmen ist ein berechtigtes Interesse daran zuzubilligen, bestimmte Fernflüge im Verbund mit Zubringerflügen und bestimmte Hin- und Rückflüge billiger anbieten zu können als den jeweils vom Gesamtleistungsversprechen umfassten einzelnen Flug allein. Eine solche Tarifgestaltung würde ihr Ziel verfehlen, wenn das Luftfahrtunternehmen hinnehmen müsste, dass sich ein Fluggast etwa den niedrigeren Preis einer Umsteigeverbindung zu Nutze macht, um auf diese Weise einen Anspruch auf einen Direktflug zu erwerben, den das Luftfahrtunternehmen zwar auch anbietet, für den es aber einen höheren Preis verlangt und auf dem Markt durchsetzen kann. Das Bestreben des Luftfahrtunternehmens, seine Preise privatautonom zu gestalten, sich damit den jeweiligen Markterfordernissen anzupassen und so jeweils den für es besten auf dem Markt erzielbaren Preis fordern zu können, ist legitim und von der Klauselkontrolle grundsätzlich zu respektieren.
Diesen Interessen steht das Interesse der Fluggäste gegenüber, bei einer nachträglichen Änderung ihrer Planung oder bei Eintritt sonstiger Umstände, die sie an der Inanspruchnahme der ersten Teilleistung hindern oder ihr Interesse daran nachträglich entfallen lassen, nicht ihren gesamten Leistungsanspruch gegen die Beklagte zu verlieren. Sie möchten im Rahmen der gebuchten Beförderungsleistung die Freiheit haben, weiterhin die gebuchten Flugstrecken in Anspruch nehmen zu können, die für sie noch von Interesse sind. Für sie soll der gezahlte Flugpreis weiterhin zumindest den Gegenwert verkörpern, an dem sie auf Grund der eingetretenen Änderungen noch ein Interesse haben, so dass sie nicht gezwungen sind, diesen Teil neu - und ggf. zu einem höheren Preis - buchen zu müssen. Diesem Interesse wird nicht bereits dadurch hinreichend Rechnung getragen, dass das Luftfahrtunternehmen bei Änderungswünschen eine Umbuchung anbietet, sofern der Fluggast bereit ist, einen entsprechend der Änderung errechneten, tagesaktuell ermittelten höheren Flugpreis zu zahlen. Für die Wahrung der Interessen des Luftfahrtunternehmens an einer autonomen Gestaltung seiner Tarifstruktur genügt zur Vermeidung einer Umgehung dieser Struktur vielmehr eine Regelung, die den Fluggast gegebenenfalls zur Zahlung desjenigen (höheren) Entgelts verpflichtet, das zum Zeitpunkt der Buchung für die in Anspruch genommene Teilleistung verlangt worden ist.
Der BGH brauchte im Zusammenhang mit Klauseln, nach denen der Flugschein seine Gültigkeit verliert, wenn die Teilleistungen nicht in der festgelegten Reihenfolge in Anspruch genommen werden, bisher nicht zu entscheiden, ob eine Regelung, wie sie nunmehr in Nr. 3.3.3 der Allgemeinen Beförderungsbedingungen der Beklagten vorgesehen ist, auch dann der Inhaltskontrolle standhält, wenn sie für Fluggäste gilt, die bei Vertragsschluss die Absicht hatten, die gesamte Leistung in Anspruch zu nehmen. Nunmehr entscheidet der BGH wie folgt: Eine Klausel in den AGB eines Luftfahrtunternehmens, die für den Fall, dass der Fluggast die Beförderung nicht auf allen oder nicht in der im Flugschein angegebenen Reihenfolge der einzelnen Teilstrecken bei ansonsten unveränderten Reisedaten antritt, eine Nachkalkulation des Flugpreises vorsieht, ist unwirksam, wenn sie auch für Fluggäste gilt, die bei Vertragsschluss die Absicht hatten, die Gesamtleistung in Anspruch zu nehmen, und ihre Planung aufgrund von nachträglich zutage getretenen Umständen geändert haben.
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Der Kläger wendet sich gegen eine Klausel in den AGB des beklagten Luftfahrtunternehmens. Die Beklagte bietet Verbrauchern die Möglichkeit, von ihr angebotene Flüge online über ihre Internet-Seiten zu buchen. Sie verwendet hierbei ihre Allgemeinen Beförderungsbedingungen für Fluggäste und Gepäck (ABB). Diese enthalten folgende Regelung:
"3.3.3 Sofern Sie sich für einen Tarif entschieden haben, der die Einhaltung einer festen Couponreihenfolge vorsieht, beachten Sie bitte, dass wenn Sie die Beförderung nicht auf allen oder nicht in der im Flugschein angegebenen Reihenfolge der einzelnen Teilstrecken bei ansonsten unveränderten Reisedaten antreten, wir den Flugpreis entsprechend Ihrer geänderten Streckenführung nachkalkulieren werden. Dabei wird der Flugpreis ermittelt, den Sie in Ihrer Preisgruppe am Tag Ihrer Buchung für Ihre tatsächliche Streckenführung zu entrichten gehabt hätten. Dieser kann höher oder niedriger sein als der ursprünglich bezahlte Flugpreis.
War die von Ihnen ursprünglich gebuchte Preisgruppe für die geänderte Streckenführung am Tag der Buchung nicht verfügbar, wird für die Nachkalkulation die günstigste verfügbar gewesene Preisgruppe für Ihre geänderte Streckenführung zugrunde gelegt.
Sofern am Tag der Buchung für Ihre geänderte Streckenführung ein höherer Flugpreis zu entrichten gewesen wäre, werden wir unter Anrechnung des bereits gezahlten Flugpreises die Differenz nacherheben. Bitte beachten Sie, dass wir die Beförderung davon abhängig machen können, dass Sie den Differenzbetrag gezahlt haben.
Sollten Sie über ein nach den Tarifbedingungen erstattbares Ticket verfügen und noch keine Teilstrecke abgeflogen haben, steht es Ihnen frei, sich den Ticketpreis gemäß den Tarifbestimmungen erstatten zu lassen. Sie verlieren damit Ihren Beförderungsanspruch.
Dieser Artikel 3.3.3 gilt nicht für Beförderungen von Verbrauchern mit Wohnsitz in Österreich."
Der Kläger macht geltend, die in den ersten drei Absätzen dieser Klausel vorgesehene Regelung sei überraschend und intransparent und führe zu einer unangemessenen Benachteiligung der Fluggäste. Der Kläger beantragte, der Beklagten zu verbieten, die beanstandete Bestimmung in Flugbeförderungsverträge mit Verbrauchern einzubeziehen und sich auf sie bei der Abwicklung derartiger Verträge zu berufen. Ferner begehrt er Erstattung von Abmahnkosten i.H.v. 260 € nebst Zinsen.
Das LG wies die Klage ab; das OLG gab ihr statt. Die Revision der Beklagten hatte vor dem BGH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Zu Recht hat das OLG angenommen, dass die beanstandete Bestimmung der Inhaltskontrolle gem. § 307 bis § 309 BGB unterliegt. Die beanstandete Bestimmung unterscheidet sich von Klauseln, die der BGH in zwei früheren Entscheidungen zu beurteilen hatte, dadurch, dass eine Abweichung von der im Flugschein angegebenen Reihenfolge nicht zum vollständigen Verlust des Beförderungsanspruchs führt, sondern zu einer Nachkalkulation und damit je nach Fallgestaltung zu einer Erhöhung des zu zahlenden Preises. Das OLG hat diesen Unterschied zutreffend erfasst. Entgegen der Auffassung der Revision hat das OLG nicht angenommen, dass die beanstandete Bestimmung den Beförderungsanspruch ausschließt. Es ist bei seiner Beurteilung vielmehr davon ausgegangen, dass die Regelung zur Folge haben kann, dass der Fluggast nur noch dann befördert wird, wenn er ein zusätzliches Entgelt zahlt. Dieses Verständnis ist zutreffend.
Vor diesem Hintergrund ist das OLG zu Recht davon ausgegangen, dass die beanstandete Bestimmung nicht nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der Inhaltskontrolle entzogen ist. Nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB unterfallen in AGB nur solche Bestimmungen der Inhaltskontrolle, die von Rechtsvorschriften abweichen oder diese ergänzen. Diese Voraussetzung ist im Streitfall erfüllt. Die von der Revision angeführte Möglichkeit, zwischen einem Tarif mit fester Flugscheinreihenfolge und einem Flex-Tarif mit voller Flexibilität zu wählen, macht die beanstandete Bestimmung nicht zu einer Individualabrede i.S.v. § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB. Ebenfalls zu Recht ist das OLG zu dem Ergebnis gelangt, dass die beanstandete Bestimmung den Vertragspartner entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt, weil sie von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung abweicht und nicht in jeder von ihr erfassten Konstellation durch hinreichende Interessen der Beklagten gerechtfertigt ist (§ 307 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 BGB).
Wie der BGH bereits entschieden hat, zählt die Regel, dass der Gläubiger grundsätzlich berechtigt ist, nur einen Teil der ihm vertraglich zustehenden teilbaren Gesamtleistung vom Schuldner zu fordern, sofern dem nicht der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) entgegensteht, zu den wesentlichen Grundgedanken des Schuldrechts. Eine Abweichung von diesem Grundsatz in AGB kann der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB nur insoweit standhalten, als sie durch hinreichende Interessen des Verwenders gerechtfertigt ist. Einem Luftfahrtunternehmen ist ein berechtigtes Interesse daran zuzubilligen, bestimmte Fernflüge im Verbund mit Zubringerflügen und bestimmte Hin- und Rückflüge billiger anbieten zu können als den jeweils vom Gesamtleistungsversprechen umfassten einzelnen Flug allein. Eine solche Tarifgestaltung würde ihr Ziel verfehlen, wenn das Luftfahrtunternehmen hinnehmen müsste, dass sich ein Fluggast etwa den niedrigeren Preis einer Umsteigeverbindung zu Nutze macht, um auf diese Weise einen Anspruch auf einen Direktflug zu erwerben, den das Luftfahrtunternehmen zwar auch anbietet, für den es aber einen höheren Preis verlangt und auf dem Markt durchsetzen kann. Das Bestreben des Luftfahrtunternehmens, seine Preise privatautonom zu gestalten, sich damit den jeweiligen Markterfordernissen anzupassen und so jeweils den für es besten auf dem Markt erzielbaren Preis fordern zu können, ist legitim und von der Klauselkontrolle grundsätzlich zu respektieren.
Diesen Interessen steht das Interesse der Fluggäste gegenüber, bei einer nachträglichen Änderung ihrer Planung oder bei Eintritt sonstiger Umstände, die sie an der Inanspruchnahme der ersten Teilleistung hindern oder ihr Interesse daran nachträglich entfallen lassen, nicht ihren gesamten Leistungsanspruch gegen die Beklagte zu verlieren. Sie möchten im Rahmen der gebuchten Beförderungsleistung die Freiheit haben, weiterhin die gebuchten Flugstrecken in Anspruch nehmen zu können, die für sie noch von Interesse sind. Für sie soll der gezahlte Flugpreis weiterhin zumindest den Gegenwert verkörpern, an dem sie auf Grund der eingetretenen Änderungen noch ein Interesse haben, so dass sie nicht gezwungen sind, diesen Teil neu - und ggf. zu einem höheren Preis - buchen zu müssen. Diesem Interesse wird nicht bereits dadurch hinreichend Rechnung getragen, dass das Luftfahrtunternehmen bei Änderungswünschen eine Umbuchung anbietet, sofern der Fluggast bereit ist, einen entsprechend der Änderung errechneten, tagesaktuell ermittelten höheren Flugpreis zu zahlen. Für die Wahrung der Interessen des Luftfahrtunternehmens an einer autonomen Gestaltung seiner Tarifstruktur genügt zur Vermeidung einer Umgehung dieser Struktur vielmehr eine Regelung, die den Fluggast gegebenenfalls zur Zahlung desjenigen (höheren) Entgelts verpflichtet, das zum Zeitpunkt der Buchung für die in Anspruch genommene Teilleistung verlangt worden ist.
Der BGH brauchte im Zusammenhang mit Klauseln, nach denen der Flugschein seine Gültigkeit verliert, wenn die Teilleistungen nicht in der festgelegten Reihenfolge in Anspruch genommen werden, bisher nicht zu entscheiden, ob eine Regelung, wie sie nunmehr in Nr. 3.3.3 der Allgemeinen Beförderungsbedingungen der Beklagten vorgesehen ist, auch dann der Inhaltskontrolle standhält, wenn sie für Fluggäste gilt, die bei Vertragsschluss die Absicht hatten, die gesamte Leistung in Anspruch zu nehmen. Nunmehr entscheidet der BGH wie folgt: Eine Klausel in den AGB eines Luftfahrtunternehmens, die für den Fall, dass der Fluggast die Beförderung nicht auf allen oder nicht in der im Flugschein angegebenen Reihenfolge der einzelnen Teilstrecken bei ansonsten unveränderten Reisedaten antritt, eine Nachkalkulation des Flugpreises vorsieht, ist unwirksam, wenn sie auch für Fluggäste gilt, die bei Vertragsschluss die Absicht hatten, die Gesamtleistung in Anspruch zu nehmen, und ihre Planung aufgrund von nachträglich zutage getretenen Umständen geändert haben.
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