Verbraucher widerruft Bestellung eines Treppenliftes - Keine Bezahlung von Vorbereitungshandlungen
OLG Düsseldorf v. 12.9.2025 - 22 U 194/24
Der Sachverhalt:
Der Beklagte hat am 24.4.2023 nach einem Beratungstermin vor Ort einen Treppenlift für 15.900 € bestellt. Er war zuvor über sein Widerrufsrecht belehrt worden. Zusätzlich gab der Beklagte in einem gesonderten Formular die Erklärung ab, dass die Klägerin mit den Leistungen noch während des Ablaufs der Widerrufsfrist beginnen solle. In dem Formular wurde er zudem darüber belehrt, dass er Wertersatz für die bis zur Widerrufserklärung erbrachten Leistungen zahlen müsse, wenn er während der Leistungserbringung einen Widerruf erkläre. Auch wurde er über das Erlöschen des Widerrufsrechts mit vollständiger Leistungserbringung belehrt.
Nach Widerruf des Beklagten stellte die Klägerin ihm am 4.5.2025 eine Rechnung über 9.540 € (60 % des Preises des Treppenlifts) unter Verweis auf ihre AGB. Die Klägerin wies darauf hin, dass der Lift im Zeitpunkt des Eingangs des Widerrufs bereits produziert gewesen sei. Der Beklagte verweigerte die Zahlung.
Das LG hat der auf Zahlung von 9.540 € gerichteten Klage stattgegeben. Auf die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten hat das OLG das Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen.
Die Gründe:
Die von der Klägerin angeführten Positionen in ihrer Aufstellung vom 4.5.2023 betrafen lediglich Vorbereitungshandlungen, für die ein Anspruch auf Wertersatz gem. § 357a BGB nicht begründet ist.
Das LG hat darauf abgestellt, dass die Klägerin die individuell angepasste Treppenliftanlage nicht ohne weiteres anderweitig verwerten könne. Das überzeugte jedoch nicht. Das Gesetz berücksichtigt das Interesse des Unternehmers bei individuell angepassten Gegenständen durch den Ausschluss des Widerrufsrechts in § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB. Diese Bestimmung ist auf Werkverträge nicht anwendbar (BGH, Urt. v. 20.10.2021 - I ZR 96/20). Auch bei individuell angefertigten Werken ist also der Widerruf nicht ausgeschlossen. Erfolgt der Widerruf nach Übergabe des individuell angefertigten Werkes, sind die empfangenen Leistungen zurückzugewähren. Der Unternehmer muss den Werklohn zurückzahlen, der Verbraucher das Werk zurückgeben. Ein Ausgleich dafür, dass der Unternehmer das individuell hergestellte Werk nur eingeschränkt anderweitig verwerten kann, ist nicht vorgesehen.
Dieser Wertung stand die Erwägung des LG in Widerspruch, dass die Anlage nicht ohne weiteres anderweitig nutzbar sei. Ohnehin kann die Klägerin die Treppenliftanlage zumindest teilweise nutzen, etwa den Stuhl, den Motor oder die Steuerung. Lediglich die Schienen müssten angepasst werden. Insofern war nicht ersichtlich, warum der Beklagte die Kosten für die Herstellung und Lieferung des Treppenliftes voll tragen soll, auch wenn die Klägerin zumindest Teile der Anlage anderweitig nutzen kann und sei es nur als Ersatzteile. Die Klägerin konnte auch nicht davon ausgehen, dass die erweiterte Widerrufsbelehrung in der Form einer Vereinbarung abgefasst war und sich hierin der Beklagte bereit erklärt hatte, "Wertersatz für die bis zur Widerrufserklärung erbrachten Leistungen zu bezahlen", wenn der Widerruf "während der Leistungserbringung" erfolgte. Nach § 361 Abs. 1 BGB bestehen nämlich über die Vorschriften des Untertitels 2 (§§ 355 bis 361 BGB) keine weiteren Ansprüche infolge des Widerrufs und kann gem. § 361 Abs. 2 BGB von den Vorschriften dieses Untertitels nicht abgewichen werden.
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Justiz NRW
Der Beklagte hat am 24.4.2023 nach einem Beratungstermin vor Ort einen Treppenlift für 15.900 € bestellt. Er war zuvor über sein Widerrufsrecht belehrt worden. Zusätzlich gab der Beklagte in einem gesonderten Formular die Erklärung ab, dass die Klägerin mit den Leistungen noch während des Ablaufs der Widerrufsfrist beginnen solle. In dem Formular wurde er zudem darüber belehrt, dass er Wertersatz für die bis zur Widerrufserklärung erbrachten Leistungen zahlen müsse, wenn er während der Leistungserbringung einen Widerruf erkläre. Auch wurde er über das Erlöschen des Widerrufsrechts mit vollständiger Leistungserbringung belehrt.
Nach Widerruf des Beklagten stellte die Klägerin ihm am 4.5.2025 eine Rechnung über 9.540 € (60 % des Preises des Treppenlifts) unter Verweis auf ihre AGB. Die Klägerin wies darauf hin, dass der Lift im Zeitpunkt des Eingangs des Widerrufs bereits produziert gewesen sei. Der Beklagte verweigerte die Zahlung.
Das LG hat der auf Zahlung von 9.540 € gerichteten Klage stattgegeben. Auf die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten hat das OLG das Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen.
Die Gründe:
Die von der Klägerin angeführten Positionen in ihrer Aufstellung vom 4.5.2023 betrafen lediglich Vorbereitungshandlungen, für die ein Anspruch auf Wertersatz gem. § 357a BGB nicht begründet ist.
Das LG hat darauf abgestellt, dass die Klägerin die individuell angepasste Treppenliftanlage nicht ohne weiteres anderweitig verwerten könne. Das überzeugte jedoch nicht. Das Gesetz berücksichtigt das Interesse des Unternehmers bei individuell angepassten Gegenständen durch den Ausschluss des Widerrufsrechts in § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB. Diese Bestimmung ist auf Werkverträge nicht anwendbar (BGH, Urt. v. 20.10.2021 - I ZR 96/20). Auch bei individuell angefertigten Werken ist also der Widerruf nicht ausgeschlossen. Erfolgt der Widerruf nach Übergabe des individuell angefertigten Werkes, sind die empfangenen Leistungen zurückzugewähren. Der Unternehmer muss den Werklohn zurückzahlen, der Verbraucher das Werk zurückgeben. Ein Ausgleich dafür, dass der Unternehmer das individuell hergestellte Werk nur eingeschränkt anderweitig verwerten kann, ist nicht vorgesehen.
Dieser Wertung stand die Erwägung des LG in Widerspruch, dass die Anlage nicht ohne weiteres anderweitig nutzbar sei. Ohnehin kann die Klägerin die Treppenliftanlage zumindest teilweise nutzen, etwa den Stuhl, den Motor oder die Steuerung. Lediglich die Schienen müssten angepasst werden. Insofern war nicht ersichtlich, warum der Beklagte die Kosten für die Herstellung und Lieferung des Treppenliftes voll tragen soll, auch wenn die Klägerin zumindest Teile der Anlage anderweitig nutzen kann und sei es nur als Ersatzteile. Die Klägerin konnte auch nicht davon ausgehen, dass die erweiterte Widerrufsbelehrung in der Form einer Vereinbarung abgefasst war und sich hierin der Beklagte bereit erklärt hatte, "Wertersatz für die bis zur Widerrufserklärung erbrachten Leistungen zu bezahlen", wenn der Widerruf "während der Leistungserbringung" erfolgte. Nach § 361 Abs. 1 BGB bestehen nämlich über die Vorschriften des Untertitels 2 (§§ 355 bis 361 BGB) keine weiteren Ansprüche infolge des Widerrufs und kann gem. § 361 Abs. 2 BGB von den Vorschriften dieses Untertitels nicht abgewichen werden.
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