24.01.2023

Verfahren auf Abänderung des Versorgungsausgleichs nach Tod des geschiedenen Ehegatten

Ist der geschiedene Ehegatte nach Durchführung des Versorgungsausgleichs verstorben, richtet sich das Verfahren auf Abänderung gegen die Erben, die als Antragsgegner hinzuzuziehen sind. Das Abänderungsverfahren nach §§ 31, 51 VersAusglG kann auch durch Hinterbliebene eines ausgleichspflichtigen Ehegatten beantragt werden.

BGH v. 14.12.2022 - XII ZB 318/22
Der Sachverhalt:
Die Antragstellerin begehrt als Hinterbliebene die Abänderung einer Entscheidung zum Versorgungsausgleich im Wege einer "Totalrevision" nach § 51 Abs. 1 VersAusglG. Die Antragstellerin war mit ihrem 1937 geborenen Ehemann bis zu dessen Versterben am 25.5.2017 in dessen zweiter Ehe verheiratet. Dessen erste Ehe wurde am 18.12.1960 mit der 1942 geborenen Frau P. G. geschlossen und auf den am 10.8.1978 zugestellten Scheidungsantrag mit Urteil des Familiengerichts vom 11.4.1980 unter Regelung des Versorgungsausgleichs nach dem bis 31.8.2009 geltenden Recht rechtskräftig geschieden. Am 17.10.2011 verstarb die geschiedene Ehefrau. Eine Hinterbliebenenversorgung wird aus ihrem Versorgungsanrecht nicht geleistet.

Während der Ehezeit (1.12.1960 bis 31.7.1978) hatten beide früheren Ehegatten Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben, der Ehemann i.H.v. mtl. rd. 475 DM und die Ehefrau i.H.v. mtl. rd. 200 DM. Das Familiengericht führte den Versorgungsausgleich im Wege des Splittings durch, indem es zulasten des Anrechts des Ehemanns ein Anrecht der Ehefrau in der gesetzlichen Rentenversicherung i.H.v. rd. 140 DM mtl., bezogen auf das Ende der Ehezeit, übertrug.

Die Antragstellerin bezieht seit dem 1.6.2017 eine große Witwenrente aus dem Versorgungsanrecht des Ehemanns. Mit ihrem am 19.3.2018 eingegangenen Antrag begehrt sie eine Abänderung der Entscheidung über den Versorgungsausgleich im Wege der sog. Totalrevision. Nach Auskunft des beteiligten Versorgungsträgers beläuft sich der durch die sog. Mütterrente erhöhte Ehezeitanteil des Anrechts der früheren Ehefrau rechnerisch inzwischen auf 11,4027 Entgeltpunkte, umgerechnet auf das Ehezeitende mtl. rd. 300 DM.

Das AG - Familiengericht - lehnte die Abänderung ab. Das OLG änderte den Ausspruch zum Versorgungsausgleich dahin ab, dass ab dem 1.4.2018 ein Versorgungsausgleich nicht stattfinde. Auf die Rechtsbeschwerde des beteiligten Versorgungsträgers hob der BGH den Beschluss des OLG auf und verwies die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung dorthin zurück.

Die Gründe:
Die Entscheidung des OLG ist insofern verfahrensfehlerhaft ergangen, als es die Erben der verstorbenen Ehefrau nicht als Antragsgegner zum Verfahren hinzugezogen hat.

Antragsberechtigt für ein Abänderungsverfahren nach § 51 VersAusglG sind gem. § 52 Abs. 1 VersAusglG i.V.m. § 226 Abs. 1 FamFG die Ehegatten, ihre Hinterbliebenen und die von der Abänderung betroffenen Versorgungsträger. Das Antragsrecht des Hinterbliebenen ist nicht von dem verstorbenen Ehegatten abgeleitet, sondern ermöglicht die Einleitung eines eigenständigen Verfahrens. Mit dem verfahrensrechtlich normierten Antragsrecht stellt das Gesetz zugleich klar, dass einem Hinterbliebenen nach Durchführung des Versorgungsausgleichs auch ein materielles Recht auf Abänderung zustehen kann. Denn der materielle Rechtsanspruch auf Abänderung ist mit den verfahrensrechtlichen Bestimmungen verknüpft. Der Abänderungsanspruch ergibt sich für einen nach dem Versorgungsausgleichsgesetz durchgeführten Wertausgleich nach den einzelnen Voraussetzungen des § 225 Abs. 2 bis 5 FamFG. Diese Vorschriften sind, nach näherer Maßgabe des § 51 VersAusglG, auch auf die Abänderung eines nach dem bis 31.8.2009 geltenden Recht durchgeführten Versorgungsausgleichs anzuwenden.

Ein Antrag auf Abänderung kann auch dann noch geltend gemacht werden, wenn der andere Ehegatte bereits verstorben ist. Das folgt bereits aus § 226 Abs. 5 Satz 3 FamFG, wonach, wenn das Verfahren zunächst gegen einen noch lebenden Ehegatten eingeleitet worden ist und dieser vor Rechtskraft der Endentscheidung stirbt, das Verfahren gegen dessen Erben fortgesetzt wird. Indem sich das Verfahren mit dem Tod des Abänderungsgegners anders als in den Fällen des § 226 Abs. 5 Satz 2 FamFG nicht erledigt, stellt die Vorschrift zugleich klar, dass die Erben auch materiellrechtlich in die Rechtsstellung des verstorbenen Ehegatten einrücken. Wenn aber die Erben im Falle eines Versterbens des Ehegatten während des laufenden Abänderungsverfahrens in dessen Rechtsstellung eintreten, kann nichts Anderes gelten für den Fall, dass der Abänderungsgegner bereits vor der Einleitung des Abänderungsverfahrens verstirbt. Der Antrag auf Abänderung ist dann von vornherein gegen die Erben als Antragsgegner zu richten. Die Rechtsstellung der Erben als Abänderungsgegner gleicht insgesamt der Stellung, die sie auch in einem Ausgangsverfahren zum Versorgungsausgleich einnehmen, wenn ein Ehegatte bereits verstorben ist.

Das Abänderungsverfahren nach §§ 31, 51 VersAusglG kann auch durch Hinterbliebene eines ausgleichspflichtigen Ehegatten beantragt werden. Liegen die vorgenannten Abänderungsvoraussetzungen insgesamt vor, führt der Abänderungsantrag des Hinterbliebenen des insgesamt ausgleichspflichtigen Ehegatten unter Anwendung der §§ 51, 31 VersAusglG dazu, dass der verstorbene Ehegatte sein während der Ehezeit erworbenes Anrecht ab dem Zeitpunkt der Antragstellung ungeteilt fiktiv zurückerhält und sich die Hinterbliebenenversorgung fortan daraus ableitet. Die Anwendung des § 31 VersAusglG scheitert auch nicht am Wortlaut der Vorschrift, soweit dieser Rechte des "überlebenden Ehegatten" anspricht. Denn in dessen Rechtsstellung tritt der Hinterbliebene bei Antragstellung nach § 226 Abs. 1 FamFG ein. Aus dem Wortlaut und aus der gesamten Systematik des § 31 VersAusglG lässt sich lediglich ableiten, dass auch der andere Ehegatte, gegen den sich das Abänderungsbegehren gerichtet hätte, bereits verstorben sein muss. Mit dem Begriff "Tod eines Ehegatten" ist der Tod des Gegners des Versorgungsausgleichsverfahrens gemeint, an den die Vorschrift anknüpft. Damit erübrigt sich aber zugleich das Bedenken der Rechtsbeschwerde, zu seinen Lasten könnte in nach Art. 14 GG geschützte Positionen eingegriffen werden.

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Aufsatz:
Rechtsprechungsübersicht zum Versorgungsausgleich
Elke Bührer, FamRZ 2022, 917

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