26.10.2021

Verkauf eines Sondereigentums steht der Schadensersatzpflicht entgegen

Fiktive Sachschäden sind nicht erstattungsfähig. Ein reiner Substanzschaden stellt keinen messbaren und erstattungsfähigen Schaden dar und eine Darlegung auf Gutachterbasis scheidet aus. Der Verkauf eines Sondereigentums steht der Schadensersatzpflicht entgegen, weil dies im Regelfall zu einem Verkaufsgewinn führt.

AG Halle (Saale) v. 27.5.2021 - 96 C 1358/19
Der Sachverhalt:
Die Kläger sind seit Juni 2015 Mieter einer 6,5 Zimmer-Wohnung. Die Wohngröße beträgt ca. 258 qm. Der Nettomietzins beträgt 1.935 €. Das Mietverhältnis endete am 31.12.2018. Es erfolgte eine Rückgabe der Wohnung am 20.12.2018. Dabei wurde ein Protokoll gefertigt, das die Kläger nicht unterzeichnet haben. Der Beklagte hat die Wohnung zwischenzeitlich verkauft.

Die R. Versicherung AG hatte für den Mietvertrag aus Juni 2015 eine selbstschuldnerische Bürgschaft i.H.v. 5.805 € abgegeben. Die Bürgin hat auf die Einrede der Aufrechenbarkeit für unbestrittene oder rechtskräftig festgestellte Gegenforderungen der Mieter verzichtet. Zudem wurde auf die Einrede der Anfechtbarkeit und die Einrede der Vorausklage verzichtet.

Die Kläger begehrten die Feststellung, dass ein Zahlungsanspruch des Beklagten i.H.v. 18.376 € nicht bestehe. Der Beklagte nimmt die Kläger in einem weiteren zwischen den Parteien geführten Verfahren auf Zahlung von Schadenersatz in Anspruch, die u.a. die oben benannten Ansprüche enthalten. Widerklagend beantragte der Beklagte im vorliegenden Verfahren, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn rund 14.916 € zu zahlen und festzustellen, dass sich die Widerklage insoweit erledigt hat, als er ursprünglich begehrt hatte, festzustellen, dass die Kläger als Gesamtschuldner für die weiteren über die in den vorgenannten Anträgen hinausgehenden und in der der Wohnung vorhandenen Substanzschäden einstandspflichtig sind.

Der Beklagte hat die behaupteten Beschädigungen an der Wohnung vor dem Verkauf nicht beseitigt.

Das AG hat die Widerklage mit Teilurteil abgewiesen.

Die Gründe:
Der Beklagte hat gegen die Kläger keinen Anspruch auf Zahlung von fiktiven Schadenersatz i.H.v. insgesamt 14.916 € gem. §§ 280, 823 Abs. 1 BGB i.V.m. dem zwischen den Parteien geschlossenen Mietvertrag.

Nach Überzeugung des Gerichts besteht kein fiktiver Schadenersatzanspruch des Beklagten. Als Rechtsfolge der Ansprüche aus §§ 280, 823 Abs. 1 BGB entsteht ein Schadenersatzanspruch aus § 249 BGB, der grundsätzlich durch Naturalrestitution auszugleichen ist. Ist Schadenersatz wegen der Beschädigung einer Sache zu leisten, kann der Geschädigte zwar statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen, § 249 Abs. 2 BGB. Voraussetzung eines Schadenersatzanspruchs ist jedoch, dass dem Geschädigten ein tatsächlicher Schaden entstanden ist, d.h. sein Vermögen durch die Beschädigung einer Sache eine Einbuße erlitten hat.

Einen derartigen Schaden im Vermögen hat der Beklagte nicht dargetan. Die - unterstellt - vorhandenen Beschädigungen an der Mietwohnung hatte er nicht beseitigt. Er hat daher keinen Vermögensverlust erlitten. Vielmehr hat er die Mietwohnung mit den Mängeln veräußert. Ob der Beklagte wegen der unterstellten Mängel einen Mindererlös erlitten hat, ist unerheblich, weil dieser nicht geltend gemacht wird. Es ist allerdings durchaus möglich, dass ein solcher Mindererlös überhaupt nicht eingetreten ist.

Es gibt eine Vielzahl von Überlegungen, die Umstände begründen könnten, die zu einer Bereicherung infolge des Schadensfalls führen könnten. Allerdings ist ein tragender Grundsatz im Schadenersatzrecht, dass eine Bereicherung des Geschädigten nicht stattzufinden hat. Der vorliegende Sachverhalt zeigt prägnant, dass eine Vermögenseinbuße nur zu erstatten ist, wenn sie tatsächlich eingetreten ist, was vorliegend allerdings nach dem Sachvortrag des Beklagten nicht der Fall ist.

Der Feststellungsantrag des Beklagten ist unbegründet. Die von ihm erhobene Widerklage war im Zeitpunkt ihrer Erhebung bereits gem. § 256 ZPO unzulässig, sodass nicht festzustellen war, dass sich der Rechtsstreit insoweit erledigt hat. Die Erhebung einer Feststellungsklage setzt als Zulässigkeitsvoraussetzung das Bestehen eines Feststellungsinteresses voraus. Der Beklagte hat keinen Sachvortrag erhoben, aus dem sich ergeben könnte, dass er die bei der Rückgabe am 20.12.2018 festgestellten Schäden an der Mietsache weder dem Grunde nach abschließend benennen noch der Höhe nach hätte beziffern können und die Gefahr eines weiteren Schadens bestehen könnte.
Landesrecht Sachsen-Anhalt
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