Verletzung des Rechts an der eigenen Stimme durch KI
LG Berlin II v. 20.8.2025 - 2 O 202/24
Der Sachverhalt:
Ein Youtuber (Beklagter) veröffentlichte auf seinem YouTube-Kanal, der damals 190.000 Abonnenten umfasste, zwei Videos. In diesen Videos wurde eine durch KI nachgeahmte Stimme des Schauspielers und Synchronsprechers Manfred Lehmann (Kläger) verwendet. Lehmann vertonte u.a. Bruce Willis, Gérard Depardieu, Dolph Lundgren, Kurt Russell und James Woods in Filmen wie "Die Klapperschlange", "Pulp Fiction", "Stirb langsam", "Sin City", "Asterix & Obelix" usw.
Der Youtuber setzte sich in seinen Videos satirisch und kritisch mit der Politik der Bundesregierung auseinander, wobei die KI‑generierte Stimme ohne Einwilligung von Lehmann verwendet wurde. Der Youtuber wurde auf Unterlassung in Anspruch genommen und gab seine Unterlassungserklärung ab. Nun verlangte Lehmann Schadenersatz i.H.v. 2.000 € pro Video-Clip.
Das LG verurteilte den Beklagten zur Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr von 4.000 €.
Die Gründe:
Der Beklagte hat in den vermögensrechtlichen Zuweisungsgehalt des Rechts an der eigenen Stimme des Klägers eingegriffen. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht umfasst auch das Recht an der eigenen Stimme, auch wenn es - anders als der Bildnisschutz gemäß §§ 22ff. KUG - spezialgesetzlich nicht geregelt ist.
In dieses Recht hat der Beklagte dadurch eingegriffen, dass er eine KI-erzeugte Stimme des Klägers genutzt hat, um von ihm hergestellte Videos zu vertonen und anschließend zu verbreiten. Natürlich handelte sich dabei nicht um "die" Stimme des Klägers, sondern einer von einer KI erzeugten Nachahmung dieser Stimme. Insofern ist die Frage eines Eingriffs aber nicht anders zu beurteilen, als wenn die Nachahmung durch einen Stimmenimitator erfolgt wäre. Jedenfalls ein nicht unerheblicher Teil des angesprochenen Publikums wird angesichts der Ähnlichkeit der in den Videos verwendeten Stimme mit der vom Kläger als Synchronstimme für den Schauspieler ... genutzten Stimme davon ausgehen, dass der Kläger als Synchronstimme von ... den Kommentar zu den Videos gesprochen hat. Das zeigt sich auch durch die von ihm vorgelegten Kommentare zu den Videos, in denen zum Teil sogar sein Name genannt wird.
Entscheidend ist die durch die gezielt herbeigeführte Ähnlichkeit der Stimmen hervorgerufene Zuordnungsverwirrung, aufgrund deren Betrachter denken können, der Synchronsprecher der deutschen Stimme von ... habe der Verwendung seiner Stimme für die Vertonung der Videos zugestimmt.
Der Eingriff erfolgte ohne Rechtsgrund. Er war nicht gerechtfertigt, auch nicht analog §§ 22, 23 KUG.
Der Eingriff wiegt auch deshalb schwer, weil neben der unberechtigten werblichen Nutzung der Stimme bei den Betrachtern der Videos der Eindruck entstehen kann, der Kläger identifiziere sich mit den Videos des Beklagten und seinen Waren und habe deshalb seine Stimme zur Verfügung gestellt. Das kann sich auf das Ansehen des Klägers bei Menschen, die nicht dem politisch angesichts der angebotenen Produkte wie "woke zero"-T-Shirts offenbar eher rechts einzuordnenden Beklagten nahestehen, negativ auswirken. Es fehlt zudem an einer Kennzeichnung, dass es sich um eine KI-generierte Stimme handelt.
Mehr zum Thema:
Link zum Volltext der Entscheidung
mit Anmerkung von Lars Howe / Moritz Nickel,
CR 2025, 678
Kurzbeitrag;
LG Berlin II: Verletzung des Rechts an der eigenen Stimme durch KI
David Wasilewski, CR 2025, R121
Beratermodul Computer und Recht - CR
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juris
Ein Youtuber (Beklagter) veröffentlichte auf seinem YouTube-Kanal, der damals 190.000 Abonnenten umfasste, zwei Videos. In diesen Videos wurde eine durch KI nachgeahmte Stimme des Schauspielers und Synchronsprechers Manfred Lehmann (Kläger) verwendet. Lehmann vertonte u.a. Bruce Willis, Gérard Depardieu, Dolph Lundgren, Kurt Russell und James Woods in Filmen wie "Die Klapperschlange", "Pulp Fiction", "Stirb langsam", "Sin City", "Asterix & Obelix" usw.
Der Youtuber setzte sich in seinen Videos satirisch und kritisch mit der Politik der Bundesregierung auseinander, wobei die KI‑generierte Stimme ohne Einwilligung von Lehmann verwendet wurde. Der Youtuber wurde auf Unterlassung in Anspruch genommen und gab seine Unterlassungserklärung ab. Nun verlangte Lehmann Schadenersatz i.H.v. 2.000 € pro Video-Clip.
Das LG verurteilte den Beklagten zur Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr von 4.000 €.
Die Gründe:
Der Beklagte hat in den vermögensrechtlichen Zuweisungsgehalt des Rechts an der eigenen Stimme des Klägers eingegriffen. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht umfasst auch das Recht an der eigenen Stimme, auch wenn es - anders als der Bildnisschutz gemäß §§ 22ff. KUG - spezialgesetzlich nicht geregelt ist.
In dieses Recht hat der Beklagte dadurch eingegriffen, dass er eine KI-erzeugte Stimme des Klägers genutzt hat, um von ihm hergestellte Videos zu vertonen und anschließend zu verbreiten. Natürlich handelte sich dabei nicht um "die" Stimme des Klägers, sondern einer von einer KI erzeugten Nachahmung dieser Stimme. Insofern ist die Frage eines Eingriffs aber nicht anders zu beurteilen, als wenn die Nachahmung durch einen Stimmenimitator erfolgt wäre. Jedenfalls ein nicht unerheblicher Teil des angesprochenen Publikums wird angesichts der Ähnlichkeit der in den Videos verwendeten Stimme mit der vom Kläger als Synchronstimme für den Schauspieler ... genutzten Stimme davon ausgehen, dass der Kläger als Synchronstimme von ... den Kommentar zu den Videos gesprochen hat. Das zeigt sich auch durch die von ihm vorgelegten Kommentare zu den Videos, in denen zum Teil sogar sein Name genannt wird.
Entscheidend ist die durch die gezielt herbeigeführte Ähnlichkeit der Stimmen hervorgerufene Zuordnungsverwirrung, aufgrund deren Betrachter denken können, der Synchronsprecher der deutschen Stimme von ... habe der Verwendung seiner Stimme für die Vertonung der Videos zugestimmt.
Der Eingriff erfolgte ohne Rechtsgrund. Er war nicht gerechtfertigt, auch nicht analog §§ 22, 23 KUG.
Der Eingriff wiegt auch deshalb schwer, weil neben der unberechtigten werblichen Nutzung der Stimme bei den Betrachtern der Videos der Eindruck entstehen kann, der Kläger identifiziere sich mit den Videos des Beklagten und seinen Waren und habe deshalb seine Stimme zur Verfügung gestellt. Das kann sich auf das Ansehen des Klägers bei Menschen, die nicht dem politisch angesichts der angebotenen Produkte wie "woke zero"-T-Shirts offenbar eher rechts einzuordnenden Beklagten nahestehen, negativ auswirken. Es fehlt zudem an einer Kennzeichnung, dass es sich um eine KI-generierte Stimme handelt.
Link zum Volltext der Entscheidung
mit Anmerkung von Lars Howe / Moritz Nickel,
CR 2025, 678
Kurzbeitrag;
LG Berlin II: Verletzung des Rechts an der eigenen Stimme durch KI
David Wasilewski, CR 2025, R121
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