30.10.2023

Verletzung durch Hundeleine: Hundehalter muss nicht für jede Verletzung haften

Das LG Frankenthal (Pfalz) hat sich zu den Voraussetzungen der Tierhalterhaftung geäußert und die Klage eines Mannes gegen eine Hundehalterin abgewiesen. Dem Mann, der sich durch eine von ihm festgehaltene Hundeleine schwer an der Hand verletzt hat, stehen damit keine Schadensersatzansprüche zu. Auch wenn der Unfall im Hinblick auf die vermeintlich notwendige Rettung des Hundes geschehen sei, habe sich hierbei nicht die sog. "spezifische Tiergefahr", realisiert.

LG Frankenthal (Pfalz) v. 13.7.2023 - 7 O 4/23
Der Sachverhalt:
Zu dem Unfall kam es, als der Mann aus dem Kreis Alzey-Worms Möbel zur Wohnung einer Hundebesitzerin im Rhein-Pfalz-Kreis lieferte. Nach einer Besprechung in der im 2. Obergeschoss gelegenen Wohnung begaben sich der Mann und die Hundebesitzerin gemeinsam in den Aufzug. Als sich die Aufzugstüren schlossen, befand sich jedoch der angeleinte Hund der Frau noch außerhalb des Aufzuges. Der Mann nahm der Hundebesitzerin die Leine aus der Hand und löste die noch eingestellte Ausziehsperre. Die Frau, die sofort den Knopf für das 1. Obergeschoss gedrückt hatte, stieg dort aus, begab sich zurück in das 2. Obergeschoss und nahm dem Hund die Leine ab. Der Aufzug setzte sich wieder in Bewegung, als die Frau plötzlich einen Schrei vernahm. Der Mann hatte die dünne Nylon-Leine weiter in der Hand gehalten und versucht, diese so durch die Aufzugstür zu lenken, dass es nicht zu einer Stockung kommen würde, bis der Hund befreit wäre. Als das Ende der Leine erreicht war, wurden ihm die vorderen Glieder dreier Finger abgetrennt. Zwei davon konnten operativ wieder rekonstruiert werden, bei einem Fingerglied war dies leider nicht möglich. Der Mann ist seither arbeitsunfähig. Nach seiner Auffassung ist die Frau als Hundebesitzerin für seine Verletzungen verantwortlich. Schließlich habe er die Verletzungen bei seinen instinktiven Rettungsbemühungen erlitten.

Dies sah die Kammer anders. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Es wurde Berufung zum OLG eingelegt.

Die Gründe:
Nicht jede Beteiligung oder Anwesenheit eines Tieres bei einem Schadensgeschehen führt auch zur Einstandspflicht des Tierhalters. Letztlich ist der Schaden nicht durch das Tier, sondern durch den Aufzug und dessen fortgesetzte Fahrt entstanden. Der Hund ist lediglich angeleint gewesen und hat keinen Beitrag zum Eintritt der Verletzung geleistet. Darüber hinaus ist er im Zeitpunkt der Verletzung bereits abgeleint gewesen. Die Tierhalterin haftet auch nicht aus anderen Gründen für die eingetretenen Verletzungen, insbesondere hat sie den Unfall nicht verschuldet. Dass es zu diesen Verletzungen kommen würde, hat sie in keinem Fall vorhersehen können.

Mehr zum Thema:

Kurzbeitrag:
OLG Frankfurt: Tierhalterhaftung erfasst auch erst durch helfendes Eingreifen des Menschen verursachte Schäden
VersR 2023, R3

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LG Frankenthal (Pfalz) PM vom 26.9.2023
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