13.12.2023

Vermieter kann bei drohendem Marderbefall geeignete Maßnahmen treffen

Marder können gerichtsbekannt sehr gut klettern und teilweise über zwei Meter weit springen. Bäume oder die Fallrohre von Regenrinnen nutzen sie zudem gern als Kletterhilfen und erklimmen so eine Hauswand und das Dach eines Hauses. Ein drohender Marderbefall kann eine Gefahr für ein vermietetes Haus darstellen, zu deren Abwehr der Vermieter geeignete Maßnahmen treffen darf.

AG Brandenburg v. 7.12.2023 - 34 C 67/21
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist seit August 2000 der Vermieter der Beklagten. Mietobjekt ist eine Doppelhaushälfte nebst zugehörigem Garten. Laut Mietvertrag dürfen die Beklagten unwesentliche Veränderungen am Mietobjekt, d.h. am Gebäude oder am Hausgarten, auch ohne Zustimmung des Vermieters vornehmen. Außerdem vereinbarten die Mietvertragsparteien individuell u.a.: "Die Gartenpflege wird vom Mieter kostenlos übernommen."

Am 23.7.2021 forderte der Kläger die Beklagten auf, drei Bäume (2 Obstbäume [Kirschbaum und Pflaumenbaum] sowie einen Nadelbaum [Thuja]) samt Regentonne bis zum 2.8.2021 zu entfernen, damit die Marder nicht auf das Dach des Hauses springen können. Die Marder würden sich Zugang zum Dach über die Bäume oder andere Gegenstände verschaffen, die am Haus stehen und als "Trittbrett" dienen können. Er - der Kläger - sei daher gehalten, zur weiteren Schadensabwehr geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um die Marder von einer weiteren Zerstörung der Dächer abzuhalten. Um Marderbeseitigungskosten im vier- bis fünfstelligen Bereich abzuwenden, könne er zur Gefahrenbeseitigung und Prävention die Entfernung der Bäume verlangen.

Die Beklagten trugen vor, dass sie grundsätzlich bereit wären, Marderabwehrmaßnahmen zu installieren; dies aber nur, wenn sowohl die Bäume als auch die Regentonne erhalten blieben, der Kläger also auf die geltend gemachten Beseitigungsansprüche verzichte. Die streitbefangenen Bäume hätten sie im Übrigen bereits zu Beginn des Mietverhältnisses gepflanzt.

Das AG hat der Klage teilweise stattgegeben.

Die Gründe:
Die Klage ist gem. § 242, § 535, § 541 und § 1004 BGB teilweise begründet.

Unstreitig besteht in ländlichen Wohngebiet - wie hier - die Gefahr eines Marder-Befalls von Immobilien. Ein drohender Marderbefall stellt in der Regel auch eine Gefahr für das Haus des Klägers/Vermieters dar, zu deren Abwehr er auch geeignete Maßnahmen treffen darf. Zudem würden die Geräusche von im Dachgeschoss hausenden Mardern den vertragsgemäßen Gebrauch der Wohnung der Beklagten/Mieter durch Beeinträchtigung der notwendigen Nachtruhe erheblich beeinträchtigen, was ggf. sogar eine Mietminderung rechtfertigen könnte. Marder können gerichtsbekannt sehr gut klettern und teilweise über zwei Meter weit springen. Bäume oder die Fallrohre von Regenrinnen nutzen sie zudem gern als Kletterhilfen und erklimmen so eine Hauswand und das Dach eines Hauses.

Obwohl an den Stämmen der beiden Obstbäume und der Thuja keinerlei Hinweise auf Marderbefall zu erkennen waren führte der Sachverständige aus, dass ein Beklettern und ein Sprung auf das Hausdach durch einen Marder zukünftig hier nicht auszuschließen sei. Die Regentonne habe im Übrigen dicht an der Hauswand gestanden. Der Deckel der Regentonne sei etwa 83 cm vom äußeren Rand der Regenrinne entfernt gewesen. Ein Absprung vom Tonnendeckel an die Regenrinne wäre somit nach Einschätzung des Sachverständigen für einen Marder hier möglich.

Aufgrund der hier somit konkret festgestellten Gefahrenlage kann der Kläger/Vermieter von den Beklagten/Mietern dann aber auch im konkreten Fall die vollständige Entfernung der nur ca. 0,50 m vom Haus befindlichen Thuja (Nadelbaum) verlangen. Darüber hinaus kann der Kläger von den Beklagten auch - als ein "Minus" gegenüber dem Klageantrag auf Entfernung dieser Obstbäume - zumindest den Rückschnitt der zwei Obstbäume (d.h. des Kirsch- und des Pflaumenbaumes) bis zu einer Entfernung der Äste dieser Obstbäume von mindestens 2,50 m zu der Dachrinne des Hauses verlangen. Diese vom Gericht erfolgte Einschränkung ist nämlich kein Verstoß gegen § 308 ZPO, sondern nur ein "Minus" bezüglich des vom Kläger insoweit begehrten Beseitigungsanspruchs.

Zudem kann der Kläger verlangen, dass die Beklagten zumindest durch geeignete Maßnahmen die Abschirmung der unmittelbar neben dem Regenfallrohr stehenden Regentonne als Aufstiegshilfe für einen Marder durch Entfernung des Deckels der Regentonne und/oder Anbringung von "Marderbürsten" und/oder "Marderabwehrgürteln" am horizontal verlaufenden Regenfallrohr über der Regentonne und/oder die Anbringung eines Vogelabwehrsystems ("Spikes") an der Regenrinne über der Regentonne (nach rechts bis zum Ende der Regenrinne und nach links etwa 1,50 m weit) sichern, wenn die Beklagten/Mieter weiterhin die Regentonne neben dem Regenfallrohr und der Hauswand stehen lassen wollen.

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