13.06.2025

Verpasster Flug: Reiseveranstalter ist kein Rundum-Sicher-Informationsdienst

Verpasst ein Fluggast seinen Hinflug, weil dieser von einem anderen Gate startete als auf der Bordkarte angezeigt, liegt insoweit weder ein Mangel der Reise selbst vor, noch sind andere Pflichtverletzungen des Reiseveranstalters erkennbar. Insbesondere ist es nicht die Aufgabe einer Reiseveranstalterin, die Reisenden auf solche Umstände hinzuweisen, auf die sie üblicherweise durch andere hingewiesen werden.

LG Köln v. 20.3.2025 - 2 O 242/24
Der Sachverhalt:
Die Beklagte ist eine große deutsche Reiseveranstalterin mit Sitz in Köln. Die Klägerin hatte bei ihr über ein Vergleichsportal eine Reise nach Kenia gebucht, bestehend aus Hin- und Rückflug sowie Hotel-Unterbringung nebst Verpflegung. Die Reise sollte vom 24.6.2024 bis zum 9.7.2024 stattfinden. Am Abflugtag waren die Kläger am Flughafen Frankfurt angetroffen und hatten direkt für ihren Flug eingecheckt. Auf ihren Bordkarten war vermerkt: "Gate A24, Boarding Time 1600, Kurzfristig Änderung des Flugsteigs möglich". Anschließend verpassten sie ihren Flug aus im Einzelnen zwischen den Parteien streitigen Gründen.

Die Kläger behaupteten, sie seien pünktlich am Flughafen erschienen und hätten sich zum richtigen Gate, nämlich A24, begeben. Sie hätten das Gate um 15:30 Uhr erreicht. Erst kurz vor dem Boarding hätten sie auf eigene Nachfrage erfahren, dass der Abflug nicht dort, sondern von Gate A9 stattfinden würde. Als sie dies bemerkt hatten, hätten sie sich zum Gate A9 begeben, dieses jedoch nicht mehr rechtzeitig erreicht. Der Wechsel auf Gate A9 sei weder über die Monitore im Flughafen angezeigt worden, noch habe es eine Durchsage gegeben. Sie würden immer auf Lautsprecherdurchsagen achten. Auf Monitore hätten sie allerdings nicht geachtet, denn sie hätten seitlich gesessen, und von dort aus habe man keinen Monitor sehen können. Die Fluggesellschaft habe die Beklagte zudem rechtzeitig per E-Mail über die Änderung des Gates informiert.

Die Beklagte hielt dagegen, dass die Änderung eines Gates stets am Flughaften auf den Anzeigetafeln angezeigt werde und es erfolgten auch mehrere Durchsagen. Passagiere, die den Security Check passiert hätten, würden zudem namentlich aufgerufen, wenn sie nicht rechtzeitig am richtigen Gate erschienen. Die Anzeigetafeln unmittelbar am Gate zeigten zudem sehr deutlich an, welcher Flug als nächstes geboardet werde.

Das LG hat die Klage auf Entschädigung abgewiesen.

Die Gründe:
Es waren keine Ansprüche aus reiserechtlicher Gewährleistung erkennbar. Ein Mangel der Reise lag nicht vor, denn die gebuchte Anreise (Flug ab Frankfurt) hatte am vereinbarten Tag zur vereinbarten Zeit stattgefunden. Unerheblich war insofern, an welchem Gate das Boarding stattgefunden hatte und ob es diesbezüglich eine kurzfristige Änderung gegeben hatte. Schließlich ist ein bestimmtes Gate nicht Inhalt des Reisevertrage. Es sei für die Reiseleistung völlig unerheblich.

Die Kläger hatten zudem nicht ausreichend nachvollziehbar (sog. "schlüssig") vorgetragen, dass die Beklagte eine vertragliche Nebenpflicht verletzt hätte, indem sie die Kläger nicht aktiv über das geänderte Gate informiert habe. Zwar stand der Gate-Wechsel als solcher nach dem Vortrag beider Parteien fest. Es war jedoch nicht Aufgabe der Beklagten als Reiseveranstalterin, die Reisenden auf solche Umstände hinzuweisen, auf die sie üblicherweise durch andere hingewiesen werden. Solch ein Fall liegt jedoch bei einem Gate-Wechsel vor, der regelmäßig am Flughafen angezeigt wird. Eine zusätzliche Information durch den Reiseveranstalter ist als überflüssig angesehen werden und ist daher nicht geschuldet.

Zwar könnte die Beklagte grundsätzlich auch für mögliche Pflichtverletzungen der Fluggesellschaft haften. Jedoch haben die Kläger nicht ausreichend nachvollziehbar ausgeführt, dass die Fluggesellschaft es versäumt hatte, rechtzeitig über die Gate-Änderung zu informieren. Insoweit genügte es nicht zu behaupten, es habe keinerlei dahingehende Durchsagen oder Anzeigen auf den Monitoren gegeben. Die Kläger konnten aus eigenem Wissen nämlich nur bekunden, dass sie jedenfalls von solchen Mitteilungen nichts mitbekommen hatten, was aber nicht ausschließen konnte, dass es sie gegeben hatte.

Hinsichtlich der Monitore haben die Kläger eingeräumt, diese von ihrem Sitzplatz im Wartebereich aus gar nicht im Blick gehabt zu haben. Soweit sie behaupteten, sie hätten auf Lautsprecherdurchsagen geachtet, weil sie dies stets täten, konnte dies nicht ausschließen, dass die Kläger - zumindest zeitweise - abgelenkt gewesen waren. Wenn der Vortrag der Kläger zugetroffen hätte, dass die Fluggesellschaft über den Wechsel überhaupt nicht informiert habe, dann hätte es eine Vielzahl von Betroffenen gegeben, die allesamt vergeblich an Gate A24 gewartet und das Boarding an Gate A9 dadurch verpasst hätten. Dazu haben die Kläger aber nichts vorgetragen. Vielmehr gab es nur eine Dame mit Kind, die an Gate A9 nicht mehr eingelassen worden waren.

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Aufsatz:
Die Entwicklungen des Pauschalreiserechts in den Jahren 2023/24
Charlotte Achilles-Pujol, MDR 2024, 1157

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