20.06.2023

Vollstreckungsantrag in Justizbeitreibungssachen kann ohne besondere Formerfordernisse elektronisch eingereicht werden

Ein Vollstreckungsantrag in Justizbeitreibungssachen kann als elektronisches Dokument eingereicht werden und unterliegt keinen weiteren Anforderungen als andere elektronisch eingereichte Dokumente. Ausreichend ist entweder eine qualifizierte elektronische Signatur oder eine einfache elektronische Signatur bei Einreichung auf einem sicheren Übermittlungsweg.

BGH v. 6.4.2023 - I ZB 84/22
Der Sachverhalt:
Die Vollstreckungsbehörde betreibt für den Gläubiger, das Land Niedersachsen, gegen die Schuldnerin die Zwangsvollstreckung wegen Gerichtskostenforderungen. Sie beantragte die Abnahme der Vermögensauskunft und bei unentschuldigtem Fernbleiben der Schuldnerin den Erlass eines Haftbefehls. Der Antrag schließt mit dem Namen "C." und wurde über das besondere elektronische Behördenpostfach der Vollstreckungsbehörde an das elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach des Amtsgerichts zur Weiterleitung an den zuständigen Gerichtsvollzieher übermittelt. Der Gerichtsvollzieher lehnte die Durchführung der beantragten Zwangsvollstreckungsmaßnahme ab.

Das AG wies die hiergegen gerichtete Erinnerung des Gläubigers zurück. Die sofortige Beschwerde des Gläubigers hatte vor dem LG keinen Erfolg. Da eine unabhängige und neutrale Prüfung und Entscheidung über das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen für den begehrten Vollstreckungsakt nicht erfolge, müsse der Antrag jedenfalls einer konkreten Person zugeordnet werden können. Das grundsätzlich einen sicheren Übermittlungsweg darstellende besondere elektronische Behördenpostfach erlaube ohne qualifizierte Signatur keine solche Zuordnung zu einer Person.

Auf die Rechtsbeschwerde des Gläubigers hob der BGH den Beschluss auf und verwies die Sache an das LG zurück.

Die Gründe:
Der angefochtene Beschluss war bereits deshalb aufzuheben, weil rechtsfehlerhaft nicht der originär zuständige Einzelrichter die Sache wegen grundsätzlicher Bedeutung auf die Kammer übertragen hat, sondern die Kammer auf sich selbst.

Der Vollstreckungsantrag nach dem Justizbeitreibungsgesetz entspricht den im elektronischen Rechtsverkehr geltenden Formanforderungen, wenn er entweder von der ihn verantwortenden Person qualifiziert elektronisch signiert worden ist oder von der ihn verantwortenden Person (einfach) signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht worden ist (§ 753 Abs. 4 Satz 2, § 130a Abs. 3 Satz 1 ZPO, § 6 Abs. 1 Nr. 1, § 7 Satz 1 und 2 JBeitrG).

Damit hat der Gesetzgeber die formellen Anforderungen abschließend festgelegt. Die nach der Senatsrechtsprechung geltenden Anforderungen an einen in Papierform eingereichten Vollstreckungsantrag nach der Justizbeitreibungsordnung können auf einen elektronisch eingereichten Vollstreckungsantrag nach dem Justizbeitreibungsgesetz nicht übertragen werden. Insbesondere muss der Vollstreckungsantrag nicht zusätzlich in Papierform mit Unterschrift und Dienstsiegel eingereicht werden. Er ist auch nicht zwingend qualifiziert elektronisch zu signieren; vielmehr reicht bei Einreichung auf einem sicheren Übermittlungsweg die (einfache) Signatur. Die Anbringung eines aufgedruckten Dienstsiegels ist ebenfalls nicht erforderlich.

Mehr zum Thema:

Kommentierung | ZPO
§ 130a Elektronisches Dokument; Verordnungsermächtigung
Greger in Zöller, Zivilprozessordnung, 34. Aufl. 2022

Kommentierung | ZPO
§ 753 Vollstreckung durch Gerichtsvollzieher; Verordnungsermächtigung
Seibel in Zöller, Zivilprozessordnung, 34. Aufl. 2022

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BGH PM Nr. 97 vom 20.6.2023
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