07.03.2025

Werbung für medizinisches Cannabis untersagt

Betreiber eines Vermittlungsportals, auf dem Kunden ihr Interesse an einer ärztlichen Behandlung mit medizinischem Cannabis anmelden können, ist die sog. Laienwerbung für medizinisches Cannabis und die Durchführung eines Servicevertrages mit verdeckter Provision für die Vermittlung von Patienten untersagt.

OLG Frankfurt a.M. v. 6.3.2025 - 6 U 74/24
Der Sachverhalt:
Die Beklagte betreibt im Internet ein Vermittlungsportal, auf dem Kunden ihr Interesse an einer ärztlichen Behandlung mit medizinischem Cannabis anmelden können. Sie präsentiert dort den Kunden Ärzte, mit denen der einzelne Kunde einen Behandlungstermin vereinbaren kann. Die Serviceleistungen der Beklagten wurden von mindestens einem ihrer Kooperationsärzte entsprechend der von ihr vorgegebenen Vergütungsregelung mit einem zu hohen prozentualen Anteil des ärztlichen Honorars vergütet. Schon das LG ging daher von einer verdeckten Vermittlungsprovision aus. Der Kläger hält die Werbung und das Verhalten der Beklagten unter mehreren Aspekten für wettbewerbswidrig.

Das LG verurteilte die Beklagte (u.a.) es zu unterlassen, bestimmte Werbeaussagen im Zusammenhang mit der medizinischen Cannabis-Behandlung zu tätigen und den Ärzten konkrete Raumnutzungs- und Serviceverträge zur Verfügung zu stellen. Die hiergegen eingelegten wechselseitigen Berufungen der Parteien hatten teilweise Erfolg. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Die Revision zum BGH wurde hinsichtlich des Verstoßes gegen das Laienwerbeverbot zugelassen. Im Übrigen besteht ggf. die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde.

Die Gründe:
Das LG hat die Beklagte zu Recht verpflichtet, die Umsetzung von Raumnutzungs- und Serviceleistungsverträgen mit ihren Kooperationsärzten zu unterlassen, nach deren Vergütungsregelung ihr ein prozentualer Anteil am ärztlichen Honorar für die Behandlung jedes einzelnen Patienten zusteht. Da dieser Vergütungsanteil zumindest teilweise als Entgelt für die Zuweisung von Patienten zu den Ärzten über das Portal der Beklagten anzusehen ist, liegt ein von der Beklagten unterstützter Verstoß gegen ärztliches Berufsrecht vor.

Das LG hat der Beklagten auch zu Recht untersagt, für eine ärztliche Behandlung mit medizinischem Cannabis mit dem Slogan zu werben: "Ärztliches Erstgespräch vor Ort oder digital". Diese Werbung verstößt gegen das Werbeverbot für Fernbehandlungen (§ 9 Satz 1 HWG). Sie ist nicht ausnahmsweise zulässig. Ein erheblicher Teil des angesprochenen Verkehrs versteht die Werbung dahin, die Erstbehandlung mit medizinischem Cannabis könne alternativ bzw. gleichwertig digital erfolgen. Dies war zum Zeitpunkt der Werbung nach dem seinerzeit noch geltenden Betäubungsmittelrecht nicht zulässig. Die darlegungs- und beweisbelastete Beklagte hat nicht aufgezeigt, dass ein persönlicher ärztlicher Erstkontakt nach heutigen fachlichen Standards nicht mehr geboten ist.

Schließlich sind auch Teile der Werbung für eine Behandlung mit medizinischem Cannabis verboten. Zwar liegt seit Anfang April 2024 kein Verstoß mehr gegen das Betäubungsmittelgesetz vor. Teile der Werbung verstoßen aber gegen das sog. Laienwerbeverbot (§ 10 Abs. 1 HWG). "Werbung für Arzneimittel" stellen nämlich auch Maßnahmen dar, die die Verschreibung, die Abgabe, den Verkauf oder Verbrauch von unbestimmten Arzneimitteln fördern sollen. Die Werbung der Beklagten ist insoweit keine bloße Information zu Cannabis oder reine Unternehmenswerbung, sondern produktbezogene Werbung für verschreibungspflichtige Arzneimittel.

Dass die Beklagte medizinisches Cannabis dabei nicht selbst anbietet, ist unerheblich. Der Werbende muss kein unmittelbares Eigeninteresse am Vertrieb des beworbenen Arzneimittels haben. Die Beklagte hatte ersichtlich die Absicht, durch ihre Werbung (zumindest auch) die Verschreibung und den Absatz von medizinischem Cannabis zu fördern. Dass die Entscheidung, Cannabis zu verschreiben, ausschließlich bei den Kooperationsärzten der Beklagten liegt, steht der Annahme unzulässiger Arzneimittelwerbung nicht entgegen. Die Mitgliedstaaten der EU sind grundsätzlich kraft Richtlinie verpflichtet, Öffentlichkeitswerbung für verschreibungspflichtige Arzneimittel schlechthin zu verbieten. Außerdem zielt die streitgegenständliche Werbung gerade darauf ab, die Nachfrageentscheidung von Verbrauchern nach medizinischem Cannabis zu beeinflussen.

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Aufsatz
Das Gesetz zur Versorgung mit Cannabis zu medizinischen und medizinisch-wissenschaftlichen Zwecken (Medizinal-Cannabisgesetz - MedCanG)
Rudolf Ratzel, GesR 2025, 6
GESR0074465

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