06.10.2025

Wiedereinsetzung? Kein Vertrauen auf Postzustellung bereits am nächsten Werktag

Nach Inkrafttreten von § 18 Abs. 1 PostG kann im Rahmen der Wahrung von Rechtsmittelfristen nicht mehr darauf vertraut werden, dass postalische Briefsendungen bereits vor den dort genannten Laufzeiten bei Gericht eingehen. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann daher nicht gewährt werden, wenn der Rechtsmittelführer erwartet hat, dass sein zur Post gegebenes Rechtsmittel bereits am nächsten Werktag beim Gericht eintrifft.

OLG Frankfurt a.M. v. 18.9.2025 - 6 UF 176/25
Der Sachverhalt:
Der Beteiligte zu 3) (Kindesvater) wendet sich mit Schreiben vom 12.8.2025, eingegangen beim AG am 19.8.2025 gegen den ihm am 18.7.2025 zugestellten Beschluss des AG - Familiengericht - Michelstadt vom 16.7.2025, mit dem das AG den Umgang des Kindesvaters mit seinem derzeit 11-jährigen Sohn geregelt hat.

Auf einen Hinweis des Senats vom 20.8.2025, dass die Beschwerde mangels Einhaltung der Beschwerdefrist unzulässig ist, beantragte der Kindesvater mit Schreiben vom 25.8.2025 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Er habe die Beschwerdefrist unverschuldet versäumt und sei guten Glaubens davon ausgegangen, dass die Beschwerde spätestens am Montag, dem 18.8.2025 beim AG eingehe. Unter Vorlage des Einlieferungsbeleges, auf den wegen der Einzelheiten verwiesen wird, trägt er vor, das Schreiben am Samstag, dem 16.8.2025 per Einwurfeinschreiben aufgegeben zu haben. Dass die Sendung erst am Dienstag eingehen würde, sei für ihn nicht vorhersehbar gewesen und habe außerhalb seines Einflusses gelegen.

Das OLG wies den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurück.

Die Gründe:
Die Beschwerde war gem. § 68 Abs. 2 Satz 2 FamFG als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht innerhalb der gesetzlichen Beschwerdefrist eingelegt wurde und die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht vorliegen.

Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach §§ 17, 18 FamFG sind nicht erfüllt. Über die Dauer der Beschwerdefrist wurde der Kindesvater in dem angefochtenen Beschluss belehrt, so dass ein fehlendes Verschulden nicht gem. § 17 Abs. 2 FamFG vermutet wird. Der Kindesvater hat auch nicht glaubhaft gemacht (§ 18 Abs. 3 Satz 2 FamFG), ohne sein Verschulden verhindert gewesen zu sein, die gesetzliche Frist einzuhalten. Ungeachtet der fehlenden Glaubhaftmachung durfte der Kindesvater auch nicht auf einen fristgemäßen Zugang der Beschwerde bis spätestens Montag, den 18.8.2025 vertrauen, wenn er sein Schreiben erst am späten Vormittag des 16.8.2025 - einem Samstag - bei der Deutschen Post zur Beförderung aufgibt.

Angesichts der mittlerweile üblichen Postlaufzeiten kann nicht erwartet werden, dass ein erst samstags aufgegebener Brief den Empfänger garantiert bereits montags erreicht. § 18 Abs. 1 PostG sieht im Vergleich zur vorherigen Regelung in § 2 PUDLV deutlich längere Beförderungszeiten vor. Auf eine früher übliche Postlaufzeit von einem oder zwei Werktagen kann nicht mehr vertraut werden. Es liegt schließlich allein im Verantwortungsbereich eines Beteiligten, der einen fristgebundenen Schriftsatz auf dem Postweg befördern lässt, das Schriftstück so rechtzeitig und ordnungsgemäß aufzugeben, dass es nach den organisatorischen und betrieblichen Vorkehrungen des Postdienstleisters den Empfänger fristgerecht erreichen kann.

Mehr zum Thema:

Aufsatz
Anwaltsblog 15/2025: Anforderungen an die anwaltliche Fristenkontrolle
Hans Christian Schwenker, Zivilrecht Blog 2025
ZRBLOG0003652

Aktionsmodul Zivilrecht
Otto Schmidt Answers optional dazu buchen und die KI 4 Wochen gratis nutzen! Die Answers-Lizenz gilt für alle Answers-fähigen Module, die Sie im Abo oder im Test nutzen. Topaktuelle Werke: Zöller ZPO mit Online-Aktualisierungen, Vorwerk Das Prozessformularbuch, Erman BGB uvm. Inklusive LAWLIFT Dokumentautomation Zivilprozessrecht, Beiträge zum Selbststudium nach § 15 FAO und Unterhaltsrechner. 4 Wochen gratis nutzen!
LaReDa Hessen