19.08.2014

Zum Ausgleich zwischen mehreren Störern i.S.d. Polizei- und Ordnungsrechts

Zwar lehnt der BGH einen allgemeinen Ausgleichsanspruch des in Anspruch genommenen Störers gegen andere Pflichtige entsprechend § 426 BGB ab. Etwas anderes gilt jedoch dort, wo das Polizei- und Ordnungsrecht Vorschriften über den Ausgleich unter mehreren Störern enthält (im vorliegenden Fall ging es um die Beseitigung einer Ölspur auf einer öffentlichen Straße).

BGH 10.7.2014, III ZR 441/13
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist der Haftpflichtversicherer einer Firma für Landmaschinen (Versicherungsnehmer). Die Beklagte ist Eigentümerin und Halterin eines Schleppers, den sie im Juli 2010 zur Reparatur einer Dieselleitung in die Werkstatt des Versicherungsnehmers gebracht hatte. Nach der Reparatur unternahm ein Mitarbeiter des Versicherungsnehmers eine Probefahrt auf öffentlichen Straßen. Dabei trat Schmieröl aus dem Fahrzeug aus und verunreinigte die Fahrbahn auf einer Länge von ca. 2,5 Kilometern.

Die Freiwillige Feuerwehr nahm zur Beseitigung von Gefahren für die Verkehrssicherheit das ausgetretene Öl mittels Bindemittel auf und entsorgte es. Mit bestandskräftigem Bescheid machte die Gemeinde für den Einsatz Gebühren i.H.v. rund 1.424 € gegenüber dem Versicherungsnehmer geltend. Dieser Betrag wurde von der Klägerin beglichen.

Später machte die Klägerin geltend, aufgrund des nach § 86 VVG übergegangenen Ausgleichsanspruchs des Versicherungsnehmers sei die Beklagte zur Erstattung sämtlicher Gebühren aus Anlass des Feuerwehreinsatzes verpflichtet. Das AG verurteilte die Beklagte zur Zahlung; das LG wies die Klage ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BGH das Urteil der Vorinstanz auf und wies die Berufung zurück.

Gründe:
Der BGH lehnt zwar einen allgemeinen Ausgleichsanspruch des in Anspruch genommenen Störers gegen andere Pflichtige entsprechend § 426 BGB ab. Daran ist auch festzuhalten. Denn die Rechtsbeziehungen mehrerer Störer zur Polizei- und Ordnungsbehörde sind mit einem Gesamtschuldverhältnis nicht vergleichbar. Etwas anderes gilt jedoch dort, wo das Polizei- und Ordnungsrecht Vorschriften über den Ausgleich unter mehreren Störern enthält.

Im vorliegenden Fall ergab sich die gesamtschuldnerische Haftung mehrerer Störer für die aus Anlass der Gefahrenbeseitigung angefallenen Gebühren aus § 26 Abs. 2, Abs. 4 Nr. 1 u. 2 NBrandSchG a.F. i.V.m. § 4 Abs. 3 FwKost/GebS. Damit hafteten der Versicherungsnehmer als Verhaltensstörer i.S.v. § 6 Abs. 1 NSOG und die Beklagte als Zustandsstörer i.S.v. § 7 Abs. 2 S. 1 NSOG im Außenverhältnis gegenüber der Gemeinde als Gesamtschuldner für die nach Maßgabe der gemeindlichen Satzung angefallenen Gebühren. Daran vermochte auch der Umstand nichts zu ändern, dass durch den Gebührenbescheid nur der Versicherungsnehmer in Anspruch genommen worden war. Denn die Haftung der Störer für die anfallenden Gebühren und damit die Gesamtschuld entstand nicht erst mit dem Erlass des Gebührenbescheids, sondern schon mit dem Ausrücken der Feuerwehr.

Steht nun aber - wie hier - fest, dass im Außenverhältnis zur Behörde mehrere Störer als Gesamtschuldner haften, dann muss im Innenverhältnis zwischen den Störern § 426 BGB gelten. Die öffentlich-rechtliche Natur des Anspruchs der Polizeibehörde gegenüber dem Störer steht dem nicht entgegen. § 426 BGB ist wegen der Selbständigkeit des Ausgleichsanspruchs auch anwendbar, wenn das Außenverhältnis zwischen dem Gläubiger und den Gesamtschuldnern öffentlich-rechtlich ausgestaltet ist. So haften etwa gemeinsam veranlagte Ehegatten gem. § 44 Abs. 1 AO gesamtverbindlich für die Steuern, der Innenausgleich hat jedoch gem. § 426 BGB stattzufinden.

§ 426 Abs. 1 S. 1 BGB bietet die Möglichkeit zum Innenausgleich unter mehreren Störern nach den zu § 254 BGB entwickelten Grundsätzen, soweit sich aus dem Innenverhältnis zwischen den Störern nichts Besonderes ergibt. Entscheidend ist daher im Regelfall in erster Linie das Maß der Verursachung. Auf ein etwaiges Verschulden kommt es erst in zweiter Linie an. Die vorzunehmende Abwägung kann zu einer Quotelung, aber auch zur alleinigen Belastung eines Ersatzpflichtigen führen. Im vorliegenden Fall folgte daraus, dass die Erwägungen des AG, mit denen es die Verantwortlichkeit für die Herbeiführung der Ölspur allein der Beklagten als Eigentümerin und Halterin des Schleppers zugewiesen hatte, von Rechts wegen nicht zu beanstanden waren.

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