13.06.2025

Zum Erfordernis der einfachen Signatur bei Übersendung eines Schriftsatzes auf einem sicheren Übermittlungsweg

Die einfache Signatur besteht aus der Wiedergabe des Namens am Ende des Textes, etwa der maschinenschriftliche Namenszug unter dem Schriftsatz oder eine eingescannte Unterschrift. Die Anfügung der Bezeichnung "Rechtsanwältin" unter dem Schriftsatz stellt keine Signatur dar (im Anschluss an BGH v. 7.9.2022 - XII ZB 215/22 - FamRZ 2022, 1865).

BGH v. 9.4.2025 - XII ZB 599/23
Der Sachverhalt:
Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Mietzahlungen an eine GbR in Anspruch. Das LG gab der Klage teilweise statt und verurteilte die Beklagte zur Zahlung von 8.110 € nebst Zinsen.

Das Urteil wurde der Prozessbevollmächtigten der Beklagten, einer Einzelanwältin, am 4.8.2023 zugestellt. Mit Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten vom 4.9.2023 wurde für die Beklagte auf einem sicheren Übermittlungsweg aus einem besonderen elektronischen Anwaltspostfach (beA) am selben Tag Berufung eingelegt. In gleicher Form wurde die Berufung durch Schriftsatz vom 22.9.2023 begründet. Die Schriftsätze enden jeweils mit der Bezeichnung "Rechtsanwältin", ohne dass sich darüber ein Name oder eine Unterschrift befindet. In den Transfervermerken findet sich in dem Feld "Qualifiziert elektronisch signiert" die Angabe "nein". 

Das OLG wies nach Hinweis auf Bedenken gegen die Formwirksamkeit von Einlegung und Begründung der Berufung den von der Beklagten gestellten Wiedereinsetzungsantrag hinsichtlich der Berufungseinlegungsfrist zurück und verwarf die Berufung. Die Rechtsbeschwerde der Beklagten hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Das OLG ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Berufungseinlegung nicht formgerecht erfolgt ist, weil es an der nach § 130 a Abs. 3 Satz 1 ZPO erforderlichen einfachen Signatur fehlt.

Nach der Rechtsprechung des BGH und anderer oberster Gerichtshöfe des Bundes besteht die einfache Signatur aus der Wiedergabe des Namens am Ende des Textes. Dies kann z.B. der maschinenschriftliche Namenszug unter dem Schriftsatz oder eine eingescannte Unterschrift sein. Die einfache Signatur soll (wie Unterschrift oder qualifizierte elektronische Signatur) die Identifizierung des Urhebers der schriftlichen Verfahrenshandlung ermöglichen und dessen unbedingten Willen zum Ausdruck bringen, die volle Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes zu übernehmen und diesen bei Gericht einzureichen. Fehlt es hieran, ist das Dokument nicht ordnungsgemäß eingereicht. Die einfache Signatur soll sicherstellen, dass die von dem Übermittlungsweg beA ausgewiesene Person mit der Person identisch ist, welche mit der wiedergegebenen Unterschrift die inhaltliche Verantwortung für das Dokument übernimmt (vgl. BGH v. 7.9.2022 - XII ZB 215/22 - FamRZ 2022, 1865 Rn. 10 f. mwN).

Dem genügen die von der Prozessbevollmächtigten der Beklagten eingereichten Schriftsätze nicht. Die Anfügung der Bezeichnung "Rechtsanwältin" stellt keine Signatur dar. Damit sind die zwingenden Formerfordernisse nicht erfüllt. Das Erfordernis der einfachen Signatur kann auch nicht deshalb als entbehrlich angesehen werden, weil die mit ihm verbundenen Zwecke auf anderem Weg erfüllt wären. Zwar spricht die gewählte Übermittlung auf einem sicheren Übermittlungsweg nach § 130 a Abs. 4 ZPO für die Identifizierbarkeit des Urhebers. Dennoch bietet der Briefbogen einer Anwaltskanzlei keine Gewähr für eine vollständige Aufzählung der in einer Kanzlei tätigen Rechtsanwälte und ist daher kein rechtssicherer Bezugspunkt für die Zuordnung der Verantwortlichkeit für einen Schriftsatz zu einem bestimmten Berufsträger. Der Briefbogen hat lediglich die gesetzlichen Mindestangaben nach § 10 BORA zu enthalten, so dass etwa angestellte Rechtsanwälte nicht aufgelistet werden müssen. Dass im Briefbogen der Kanzlei nur ein Rechtsanwalt genannt ist, schließt daher nicht aus, dass ein dort nicht aufgeführter Rechtsanwalt die Verantwortung für den Schriftsatz übernommen hat.

Im Übrigen erschöpft sich darin aber der Zweck des Formerfordernisses nicht. Vielmehr wird durch die (einfache) Signatur zudem sichergestellt, dass der Absender die inhaltliche Verantwortung für das Dokument übernimmt. Bei fehlender (einfacher) Signatur ist daher ähnlich wie bei fehlender Unterschrift nach dem früheren Unterschriftserfordernis nicht ausgeschlossen, dass es sich bei dem übersandten Dokument lediglich um einen bloßen - etwa versehentlich übersandten - Entwurf handelt.

Mehr zum Thema:

Kommentierung | ZPO
§ 130a Elektronisches Dokument; Verordnungsermächtigung
Greger in Zöller, Zivilprozessordnung, 35. Aufl. 2024
07/2024

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Rechtsprechung (siehe Leitsätze)
§ 130a III, IV ZPO: Einfache Signatur erfordert Namensangabe
BGH vom 07.09.2022 - XII ZB 215/22
FamRZ 2022, 1865

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