07.01.2014

Zum Rechtsschutzbedürfnis im Aufgebotsverfahren bei unbekannten Erben

Das Rechtsschutzbedürfnis für ein Aufgebotsverfahren zum Ausschluss eines unbekannten Erben des eingetragenen Gläubigers eines Buchgrundpfandrechts fehlt nicht deshalb, weil für den unbekannten Erben ein Nachlasspfleger bestellt und von diesem die Bewilligung der Löschung des Grundpfandrechts verlangt werden könnte. § 1170 BGB enthält eine eindeutige gesetzliche Bestimmung der Voraussetzungen für das Aufgebotsverfahren, die die Gerichte aufgrund ihrer Bindung an Art. 20 Abs. 3 GG zu befolgen haben und nicht durch das Hinzufügen weiterer ungeschriebener Voraussetzungen teilweise außer Kraft setzen dürfen.

BGH 14.11.2013, V ZB 204/12
Der Sachverhalt:
Der Antragsteller ist Eigentümer zweier Grundstücke in Sachsen-Anhalt. Vorheriger Eigentümer war der 1922 geborene und in den USA lebende H. Dieser war aufgrund des Ersuchens des Amtes zur Regelung offener Vermögensfragen im Oktober 1992 als Eigentümer eingetragen worden. Infolgedessen wurden auch zwei Grundpfandrechte über 7.000 Goldmark Darlehen und 3.000 Reichsmark Darlehen für einen Meister He. in das Grundbuch eingetragen. Dabei handelte es sich um den 1944 verstorbenen Bruder des H.

Nach gesetzlicher Rechtsfolge war der Bruder von seinen Eltern beerbt worden, die wiederum von dem H. beerbt wurden. Dieser ist H. somit Berechtigter der Grundpfandrechte. Er bewilligte und beantragte deren Löschung im Grundbuch, nachdem er mit notariellem Vertrag im Januar 1994 den Grundbesitz für 50.000 DM an den Antragsteller verkauft hatte. Das Eigentum an dem Grundstück wurde im November 2002 auf den Antragsteller umgeschrieben. Die Löschung der Grundpfandrechte im Grundbuch scheiterte allerdings daran, dass ein Erbnachweis für den Veräußerer nach dem als Gläubiger eingetragenen H. nicht beigebracht wurde. Im Jahr 2007 brach der Kontakt des Antragstellers zu H. ab.

Im Juli 2010 beantragte der Antragsteller die Durchführung eines Aufgebotsverfahrens nach § 1170 BGB mit dem Ziel, die unbekannten Gläubiger der vorgenannten Grundpfandrechte mit ihren Rechten auszuschließen. AG und OLG wiesen den Antrag ab. Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers hob der BGH die Entscheidungen auf und wies die Sache an das AG zurück.

Gründe:
Der Antrag auf Einleitung eines Aufgebotsverfahrens hätte nicht mangels Rechtsschutzbedürfnisses zurückgewiesen werden dürfen.

Die Rechtsansicht des Beschwerdegerichts, ein auf § 1170 BGB gestützter Antrag des Grundstückseigentümers, ein Aufgebotsverfahren zum Ausschluss der unbekannten Erben des eingetragenen Gläubigers eines Buchgrundpfandrechts einzuleiten, sei mangels Rechtsschutzbedürfnisses zurückzuweisen, weil für die unbekannten Erben ein Nachlasspfleger bestellt werden könne, dem gegenüber Ansprüche auf Bewilligung der Löschung zu verfolgen seien, war rechtsfehlerhaft. Zwar wird diese Meinung im Schrifttum vertreten. Dies wird u.a. damit begründet, dass die Bestellung eines Nachlasspflegers einen das Aufgebotsverfahren ausschließenden einfacheren und schnelleren Weg zur Klärung der Rechtslage darstelle. Dieser Auffassung ist allerdings nicht beizutreten.

Ein Vorrang der klageweisen Durchsetzung von Ansprüchen auf Löschung gegen den unbekannten Gläubiger im Verhältnis zu seiner Ausschließung führenden Aufgebot wurde weder in den materiell-rechtlichen (§§ 1170, 1171 BGB) noch in den verfahrensrechtlichen Vorschriften (§§ 433 ff. u. §§ 447 ff. FamFG) angeordnet. Der Senat hat zu dem Verhältnis der zur Herbeiführung der Löschung der Grundpfandrechte unbekannter Gläubiger in Betracht kommenden Verfahren außerdem bereits entschieden, dass die Aufgebotsverfahren nach § 1170 und § 1171 BGB selbständig neben der klageweisen Durchsetzung von Ansprüchen auf Bewilligung der Löschung stehen (Beschl. v. 29.1.2009, Az.: V ZB 140/09).

Die für den Schutz des unbekannten Gläubigers angeführten Gründe für einen Vorrang der Verfolgung der Ansprüche auf Bewilligung der Löschung der Eintragung gegenüber einem zu bestellenden Nachlasspfleger widersprechen auch den der Vorschrift des § 1170 BGB zugrunde liegenden Entscheidungen des Gesetzgebers. Denn der danach von dem Grundstückseigentümer im Aufgebotsverfahren herbeizuführende Ausschließungsbeschluss durchbricht das Konsensprinzip, nach dem die Löschung eines im Grundbuch eingetragenen Rechts nur erfolgen kann, wenn sie von demjenigen, den das Grundbuch als den Berechtigten ausweist, bewilligt wird. § 1170 BGB enthält eine eindeutige gesetzliche Bestimmung der Voraussetzungen für das Aufgebotsverfahren, die die Gerichte auf Grund ihrer Bindung an das Gesetz (Art. 20 Abs. 3 GG) zu befolgen haben und nicht durch das Hinzufügen weiterer ungeschriebener Voraussetzungen teilweise außer Kraft setzen dürfen.

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