14.11.2013

Zur Kenntnis des Gläubigers von einer Benachteiligung der Gläubigergesamtheit durch eine Überweisung des Schuldners über ein Konto des Vaters

Bewirkt der Schuldner eine Überweisung, indem er eigene Mittel über das Konto seines Vaters einem Gläubiger zuwendet, so kann sich dieser als Anfechtungsgegner nicht der Möglichkeit verschließen, dass die Zahlung auf einer Rechtshandlung des Schuldners beruht. Vor diesem Hintergrund muss der Gläubiger auch von einer Benachteiligung der Gläubigergesamtheit ausgehen.

BGH 24.10.2013, IX ZR 104/13
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Verwalter in dem auf den Eigenantrag vom 23.11.2010 über das Vermögen des F (Schuldner) am 3.2.2011 eröffneten Insolvenzverfahren. Der Schuldner war seit Beginn des Jahres 2008 nicht in der Lage, seinen Steuerverbindlichkeiten gegenüber dem beklagten Freistaat nachzukommen. Nach wiederholten Mahnungen und Vollstreckungsankündigungen teilte der Schuldner am 28.1.2009 dem Beklagten mit, die ausstehende Forderung über 33.117,27 € nicht bezahlen zu können. Zugleich beantragte er die Gewährung einer Ratenzahlung von 250 € monatlich.

Vom Konto seines Vaters überwies der insoweit bevollmächtigte Schuldner am 6.8.2009 einen Betrag von 500 € sowie am 17.8. und 6.11.2009 Beträge von jeweils 250 € an den Beklagten. Die Überweisungen erfolgten aus Gutschriften, die dem Schuldner, der Forderungen gegen seine Drittschuldner im Einverständnis seines Vaters über das Konto eingezogen hatte, zustanden. Die tatsächlich bestehende Zahlungsunfähigkeit des Schuldners war diesem und dem Beklagten bei Vornahme der Überweisungen bekannt.

Das AG wies die unter dem Gesichtspunkt der Insolvenzanfechtung (§ 133 Abs. 1 InsO) auf Zahlung von 1.000 € zzgl. der Erstattung von Rechtsverfolgungskosten gerichtete Klage ab. Das OLG gab ihr statt. Die Revision des Beklagten hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Das OLG hat zutreffend angenommen, dass durch Rechtshandlungen des Schuldners eine Gläubigerbenachteiligung eingetreten ist (§ 129 Abs. 1 InsO).

Eine Rechtshandlung des Schuldners liegt in der jeweils an seinen Vater gerichteten Anweisung, zugunsten der Beklagten die einzelnen Überweisungen auszuführen. Der Schuldner hat die Rechtshandlungen auch mit einem von dem Beklagten erkannten Gläubigerbenachteiligungsvorsatz vorgenommen. Denn, wenn - wie im Streitfall - beide Teile über die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners unterrichtet sind, kann von einem Benachteiligungsvorsatz des Schuldners und dessen Kenntnis bei dem Gläubiger ausgegangen werden, da der Schuldner weiß, nicht sämtliche Gläubiger befriedigen zu können, und dem Gläubiger bekannt ist, dass infolge der ihm erbrachten Leistung die Befriedigungsmöglichkeit anderer Gläubiger vereitelt oder zumindest erschwert wird.

Da Gegenstand des Benachteiligungsvorsatzes des Schuldners die von ihm veranlasste gläubigerbenachteiligende Rechtshandlung bildet, muss der Anfechtungsgegner neben der Willensrichtung des Schuldners auch die von ihm ausgehende Rechtshandlung nebst der dadurch hervorgerufenen Gläubigerbenachteiligung erkannt haben. Den subjektiven Anforderungen ist vorliegend in der Person des Beklagten genügt. Dieser konnte sich nicht der Kenntnis verschließen, dass die an ihn mit Benachteiligungsvorsatz bewirkte Zahlung auf einer die Gläubigergesamtheit benachteiligenden Rechtshandlung des Schuldners beruhte.

Es entspricht allgemeiner Erfahrung im geschäftlichen Umgang mit insolventen Personen, dass diese mangels Zugriffs auf ein intaktes Konto ihren Zahlungsverkehr über die Kontoverbindung einer ihnen nahestehenden Person abwickeln. Hierfür sprachen im Streitfall der in den Überweisungen enthaltene Zahlungszweck der Tilgung der Steuerverbindlichkeiten des Schuldners wie auch die Höhe der entsprechend dem von dem Schuldner geäußerten Ratenzahlungswunsch geleisteten einzelnen Zahlungen. Den Schuldner begünstigende Drittleistungen eines Verwandten lagen auch mit Rücksicht auf die Höhe der zur Tilgung der gesamten Steuerschuld ungeeigneten Überweisungen fern. Vor diesem Hintergrund musste der Beklagte von einer gläubigerbenachteiligenden Rechtshandlung des Schuldners ausgehen.

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