07.08.2014

Zur Streitverkündung im Erbbaurecht

Ein Urteil, das dem Erbbaurechtsbesteller einen Anspruch auf Zahlung eines erhöhten Erbbauzinses gegen den Erbbauberechtigten zuspricht, entfaltet keine Rechtskraft gegenüber dem Erwerber des Erbbaurechts, der vor Klageerhebung als dessen Inhaber im Grundbuch eingetragen war. Sollte Letzterer dem Rechtsstreit aufgrund einer Streitverkündung beigetreten sein, ist er nicht als streitgenössischer Nebenintervenient anzusehen.

BGH 5.6.2014, V ZB 160/13
Der Sachverhalt:
Die Rechtsvorgängerin der Kläger hatte der Beklagten mit notariellem Vertrag im Jahr 1959 ein Erbbaurecht an mehreren Grundstücken eingeräumt. In das Erbbaugrundbuch wurde deshalb eine Erbbauzinsreallast eingetragen. Die Beklagte übertrug das Erbbaurecht an die M-AG, die es ihrerseits auf die C-KG. Letztere ist im Erbbaugrundbuch als Eigentümerin des Erbbaurechts eingetragen; die Streithelferin behauptete, deren Rechtsnachfolgerin zu sein.

Mit ihrer Klage verlangten die Kläger von der Beklagten über den bislang vierteljährlich geschuldeten Erbbauzins von 2.9262 € hinaus Zahlung von weiteren 19.648,28 € vierteljährlich ab Oktober 2011 bis zum Ende des Erbbaurechts im Februar 2062. Die Streithelferin trat dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten bei. Das LG gab der Klage am 24.4.2013 vollen Umfangs statt; das Urteil wurde der Beklagten am 8.5.2013, der Streithelferin am 13.5.2013 zugestellt. Am 21.5.2013 ging die Berufung der Streithelferin beim OLG ein. Am 12.6.2013 beantragte die Streithelferin, die Frist zur Berufungsbegründung zu verlängern. Das OLG verwarf allerdings die Berufung als unzulässig. Auch die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde der Streithelferin vor dem BGH blieb erfolglos.

Gründe:
Das Berufungsgericht war zu Rechts davon ausgegangen, dass die Streithelferin die Berufungsbegründungsfrist versäumt habe, da diese am 8.6.2013 abgelaufen war.

Die Streithelferin war keine streitgenössische Nebenintervenientin. Eine solche setzt gem. § 69 ZPO voraus, dass nach den Vorschriften des BGB (bzw. ZPO) die Rechtskraft der in dem Hauptprozess erlassenen Entscheidung gerade für ein Rechtsverhältnis zwischen dem Nebenintervenienten und dem Prozessgegner von Bedeutung ist. Diese Voraussetzungen lagen hier aber nicht vor. Die Annahme des Berufungsgerichts, der Zahlungsanspruch der Kläger gegen die Beklagte ergebe sich aus einem schuldrechtlichen Anpassungsanspruch, ließ keinerlei Fehler erkennen.

Zwar war davon auszugehen, dass der ursprüngliche Erbbauzins nicht auf rein schuldrechtlicher Grundlage vereinbart, sondern infolge der eingetragenen Erbbauzinsreallast mit dinglicher Wirkung ausgestattet wurde. Das änderte aber nichts daran, dass sich ein Anspruch auf Erhöhung des Erbbauzinses - vorbehaltlich einer Regelung nach § 1105 Abs. 1 Satz 2 BGB - nur aus dem schuldrechtlichen Bestellungsvertrag ergeben kann. Er richtet sich auch nach der Veräußerung des Erbbaurechts weiterhin gegen den ursprünglichen Erbbauberechtigten, sofern der Erwerber nicht mit schuldbefreiender Wirkung in den schuld-rechtlichen Bestellungsvertrag eingetreten ist. Nur wenn sich aus den schuldrechtlichen Beziehungen ein Erhöhungsanspruch ergibt, kann dem Erbbaurechtsverpflichteten zugleich ein Anspruch auf Eintragung der Erhöhung in das Grundbuch zuzubilligen sein; dies setzt voraus, dass der Inhaber des Erbbaurechts an dem Schuldverhältnis beteiligt ist.

Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde hatte das gegen die Beklagte ergangene Urteil keine Bindungswirkung in dem für die Annahme einer streitgenössischen Nebenintervention maßgeblichen Verhältnis zwischen den Klägern und der Streithelferin; eine Rechtskrafterstreckung sieht das materielle Recht oder das Prozessrecht unter keinem denkbaren Gesichtspunkt vor. Sollte die Streithelferin mit schuldbefreiender Wirkung in den Bestellungsvertrag eingetreten sein, entfaltete das Urteil keine Wirkung gegen sie, weil es gegen die falsche Partei - nämlich die Beklagte - gerichtet wäre. Sofern ein Schuldbeitritt erfolgt sein sollte, haftete die Streithelferin neben der Beklagten als Gesamtschuldnerin; eine Rechtskrafterstreckung wäre gem. § 425 Abs. 2 BGB ausdrücklich ausgeschlossen. Eine Bindungswirkung entfaltete das Urteil auch dann nicht, wenn zwischen den Klägern und der Streithelferin nur dingliche Rechtsbeziehungen bestehen sollten.

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